Einen Klavierabend der eigenen, besonderen Art hat Wolfgang Brandner dem Publikum im Kräuterkasten beschert. Die Zuhörer saßen dicht an dicht – schließlich sind die Gastspiele des Ausnahme-Pianisten, der bis vor wenigen Jahren in Laufen wohnte, selten – viel zu selten.
Jazz ist angesagt in all seinen Variationen. Jazz, entstanden in Amerika, gespielt von einer Gruppe. Er wird auch in anderen Ländern übernommen, die Vorgaben für Rhythmus, Klang ändern sich.Solisten kommen dazu.
Wolfgang Brandner ist allein und hat nur zwei Hände und ein Klavier, aber damit übernimmt er alles, Thema, Verzierung, Improvisation, ist Solist, Begleitung. Wenn er spielt, hat man den Eindruck, als komme ihm alles gerade jetzt in den Sinn, was er da musikalisch ausdrückt. Grundlage sind bekannte Stücke und Komponisten, Chick Corea, Pat Metheney, aber auch die Beatles kommen zu Ton sowie Georg Friedrich Händel und Frédéric Chopin als Vertreter der sogenannten ernsten Musik.
Seine Improvisationskunst fasziniert
Vor dem Spielen gibt Brandner immer eine launige Einführung. Es ist faszinierend, wie er improvisiert. „But Beautiful” beginnt eher besinnlich, Triller umschmeicheln die Melodie, die eingebettet ist zwischen rhythmischem Bass und Akkorden oben, Molltöne sorgen für das typische Flair. „I’ll remember April” regt die Vorstellung an. Die Finger rennen wie viele, eilige Leute über die Tasten, verharren dann in einem Dialog. Ganz anders „April Joy”. Die Melodie klingt zunächst fast eintönig, dann einzelne Läufe, ein Klopfen, der Bass greift ein. Jede Stimme entwickelt ein Eigenleben, dann endet alles in dumpfem Grollen. Die Hommage an die Beatles ist sicher ein Höhepunkt für jene im Publikum, die nicht mehr ganz jung sind. Wenn etwa der „Fool On The Hill” anklingt, sieht man die Gruppe förmlich vor sich, möchte mitsummen, staunt, wie der Interpret rhythmisch und klanglich abändert und trotzdem die Melodie klar erkennbar macht.
Jede Stimme erhält einmal die Oberhand
So auch bei „Toujours”: Das Thema klingt in der Mitte, dann erhebt sich eine Stimme, die sich ständig wiederholt, als habe sie etwas ganz Wichtiges zu sagen. Bei „Black Orpheus” dominiert nicht der Bass als Fundament. Jede Stimme erhält einmal die Oberhand, so wie ja auch in einer Gruppe die Solisten wechseln.
Der Ausflug in die ernste Musik beginnt mit Georg Friedrich Händel. Die „Sarabande” ist zunächst völlig authentisch, schreitet feierlich daher. Dann wird es lebhaft, im Bass dröhnen Schläge, ganz oben dagegen fallen leise Töne wie Tropfen, ein tiefes Grollen ertönt, und zum Schluss ertönt wieder die echte Sarabande.
Eine Melodie wie ein Traumgebilde: Chopin wird durch Brandner noch viel besser
Wie variabel Frédéric Chopin ist, zeigt sich in der Improvisation über „Valldemossa-Fantasy”: Akkorde, Molltöne, eine Melodie wie ein Traumgebilde, eine Stimme, die sich anhört, als schlendere jemand friedlich vor sich hin und summe dabei.
Eine der Zugaben ist „Summertime”, damit geht der Jazz sozusagen wieder zurück zu seinen Anfängen in Amerika. Das Klavier wurde beim Jazz als Instrument erst sehr spät eingesetzt. Das Publikum im voll besetzten Kräuterkasten ist aber sehr dankbar dafür, dass dieses Instrument jetzt mitspielen darf, konnte es so doch, obwohl es nicht mehr Summertime sondern November ist, einen leuchtenden Abend genießen.