Arbeitspapiere in Ordnung? Zollbeamte überprüfen einen Chauffeur. Foto: Leif Piechowski

90 Prozent Sünderquote bei Taxis, Bussen und anderen Chauffeursbetrieben werden bei Kontrollen am Flughafen Stuttgart entdeckt.

90 Prozent Sünderquote bei Taxis, Bussen und anderen Chauffeursbetrieben werden bei Kontrollen am Flughafen Stuttgart entdeckt.

Stuttgart - Dieser Shuttle-Service muss leider ausfallen. Der Fahrer des VW-Transporters, der vom Flughafen zu einem Parkplatz nach Echterdingen will, ist am Montag in die Fänge von Polizei, Zoll und Verkehrsbehörde geraten – und hat keine Konzession dabei. Angeblich liegt die im Büro. Der VW-Transporter sei gemietet, weil das eigentliche Firmenauto derzeit in der Werkstatt stehe, sagt der Chef am Handy. Aber: kein Papier, kein Versicherungsnachweis – keine Weiterfahrt. Vier Reisende müssen sich mit ihren Koffern einen anderen Weg zu ihrem Auto in Echterdingen suchen.

Taxis, private Chauffeursunternehmen und Busse sind am Montag vor dem Stuttgarter Flughafen unter die Lupe genommen worden. 20 Beamte von Polizei, Zoll und Landratsamt stellen fest, dass Personenbeförderung offenbar ein recht freihändig betriebenes Gewerbe ist. Die Kontrollstelle am Ende des Abflug-Terminals 3 steht voll mit bunten Transportern: „Die Trefferquote hier liegt bei fast hundert Prozent“, sagt Einsatzleiter Karsten Bolz, Chef der Esslinger Verkehrspolizei. Am Ende sind es 90 Prozent. Kein Wunder in einer Branche, bei der selbst das konzessionierte Taxigewerbe ein einziger Mängelbericht ist. 45 Prozent der Stuttgarter und Esslinger Flotte, so ergab jüngst ein Gutachten, „arbeiten jenseits der betriebswirtschaftlichen Plausibilität“.

Am Wagen tropft der Bremszylinder

Der Zoll wird auf die rote Flotte eines privaten Chauffeursdienstes aufmerksam. Ein Fahrer bezieht Arbeitslosengeld II, der Nebenerwerb ist offenbar nicht angemeldet. Ein anderer Fahrer, der Arbeitslosengeld I bezieht, fährt angeblich für fünf Euro die Stunde und 40 Stunden die Woche. Die Fluggäste, die er abholen will, müssen auf ihn verzichten. An seinem Wagen tropft der Bremszylinder – das Auto wird zum Fall für den Gutachter.

„Es ist sicher interessant, die Unterlagen der Firma zu sichten“, sagt Thomas Seemann, Sprecher des Hauptzollamts. Überhaupt gebe es bei der Personenbeförderung kaum Nachweise. „Auf dem Bau werden wenigstens Stundenzettel geführt“, sagt Seemann, „wenn hier aber ein Fahrer behauptet, heute erst angefangen zu haben, kann man das kaum überprüfen.“ Der Zoll fordert daher, in der Konzession eine Pflicht zur Stundenaufzeichnung festzuschreiben. Gespannt blickt Seemann auf die Koalitionsverhandlungen in Berlin: „So ein Mindestlohn von 8,50 Euro dürfte im Transportgewerbe für einigen Wirbel sorgen.“

Die Bilanz der Großkontrolle: bei Busfahrern fünf Verstöße gegen Lenk- und Ruhezeiten, bei einem Bus der Linie 122 (Flughafen–Esslingen) eine mangelhafte Manschette im Gelenkbereich. Zwölf Fahrern muss wegen fehlender Genehmigungen oder technischer Mängel am Fahrzeug die Rote Karte gezeigt werden. Darunter ein Stuttgarter Taxifahrer. „Der konnte nichts vorlegen“, sagt Einsatzleiter Bolz, „keine Genehmigung, keine Personenbeförderungsberechtigung – nicht mal die vorgeschriebene Warnweste.“