Im Bauhauptgewerbe hat sich die Zahl voll ausgelasteter Betriebe im Vorjahresvergleich halbiert. Foto: © MIND AND I – stock.adobe.com

Die Stimmung im regionalen Handwerk hat sich abgekühlt. Rund ein Drittel der Unternehmen erwartet, dass sich die Geschäftslage in den ersten drei Monaten des Jahres verschlechtern wird. Besonders pessimistisch fällt der Ausblick im Bauhauptgewerbe aus.

„Die einzelnen Branchen bewerten ihre Lage uneinheitlich. Im Bausektor hat sich die Situation verschärft. Die Krise im Wohnungsbau ist in den Unternehmen angekommen. Die Zahl der Betriebe, die Auftragsrückgänge verzeichnen, hat sich innerhalb eines Jahres verdoppelt“, fasst Harald Herrmann, Präsident der Handwerkskammer Reutlingen, die Ergebnisse der Konjunkturumfrage von Ende Januar zusammen.

 

Der Mitteilung der Kammer zufolge rechnen 44 Prozent der Befragten im Bauhauptgewerbe mit einer schlechteren Geschäftslage, einen weiteren Auftragsrückgang erwarten sogar 56 Prozent.

„Die für dieses Jahr erwartete Zinswende wäre ein wichtiger Baustein, um die Finanzierungskosten zu verringern“, so Herrmann weiter. „Eine nachhaltige Trendumkehr wird es aber nur geben, wenn private Haushalte mit staatlichen Programmen unterstützt werden und, wie seit Jahren angekündigt, massiv in den sozialen Wohnungsbau investiert wird.“

Dünnere Auftragspolster

Mit dem Jahresabschluss 2023 waren die Betriebe mehrheitlich zufrieden, wenngleich der Vorjahreswert nicht erreicht wurde. 60 Prozent der Befragten in den Landkreisen Freudenstadt, Reutlingen, Sigmaringen, Tübingen und Zollernalb beurteilten die Geschäftslage im vierten Quartal als „gut“. Ein Jahr zuvor waren es noch 71 Prozent. Deutlich zugenommen hat aber der Anteil der Betriebe, die sich unzufrieden äußerten, heißt es weiter. Er stieg im Vergleichszeitraum von sechs auf nun zwölf Prozent.

35 Prozent der Befragten verzeichneten im vergangenen Quartal weniger Bestellungen. Zwölf Monate zuvor betrug dieser Wert noch 27 Prozent. Die fehlenden Neuaufträge wirken sich auf die Betriebsauslastung aus. Konnten vor einem Jahr noch 50 Prozent der Betriebe ihre Kapazitäten mindestens vollständig auslasten, waren es zuletzt nur 34 Prozent.

Drastisch fällt der Rückgang bei den Bau- und Ausbaubetrieben aus, so die Kammer. Im Bauhauptgewerbe halbierte sich die Zahl voll ausgelasteter Betriebe von 70 auf 35 Prozent, im Ausbau ging der Anteil von 67 auf 49 Prozent zurück. Einen ähnlich starken Rückgang melden die Dienstleistungsbetriebe. Über alle Branchen hinweg hat sich die Zahl der Betriebe, die nur zur Hälfte ausgelastet sind, in einem Jahr von fünf auf 19 Prozent fast vervierfacht.

Prognosen pessimistischer

Deutliche Unterschiede im Vergleich zum Vorjahr gibt es laut der Mitteilung bei den Umsätzen. Steigerten 36 Prozent der Befragten im vierten Quartal 2022 ihre Einnahmen, gelang dies im vergangenen Quartal nur noch 25 Prozent. Genauso viele verzeichneten zuletzt Einbußen. Für die Mehrheit der Betriebe, 48 Prozent, blieben die Umsätze stabil. Dies entspricht dem Vorjahreswert.

Der Preisauftrieb dürfte sich zunächst wenig abschwächen. 64 Prozent rechnen mit stabilen Verkaufspreisen, 30 Prozent gehen von einer Erhöhung aus, sechs Prozent rechnen mit einem Rückgang. Mit einem wachsenden Preisdruck sehen sich Bau- und Ausbaubetriebe, gewerbliche Zulieferer und das Kfz-Handwerk konfrontiert.

Trotz des soliden Vorquartals fallen die Prognosen in fast allen Branchen schlechter aus als vor zwölf Monaten. Allein die Gesundheitshandwerker sind etwas optimistischer. Unter dem Kammerdurchschnitt von minus 18,5 Punkten liegen Nahrungsmittelbetriebe (minus 38,6 Punkte), das Bauhauptgewerbe (minus 38,2) und die Metall- und Elektrobetriebe der Zulieferbranche (minus 21,6). Jeder dritte Betrieb (30 Prozent; Vorjahr: 19 Prozent) stellt sich auf schlechtere Geschäfte ein. Luft nach oben sehen aktuell zwölf Prozent der Betriebe (Vorjahr: 14 Prozent).