Die Ausgaben für die Krankenhäuser, etwa der Neubau in Calw, belasten den Kreishaushalt immens. Foto: Fritsch

Einfach hat’s Landrat Helmut Riegger im Moment wahrlich nicht: Erst der drohende Corona-Kollaps an den Kreiskliniken, dann ging es im Verwaltungs- und Wirtschaftsausschuss (VWA) des Calwer Kreistags um den Haushalt 2022. Der einen unerwartet heftigen Schlagabtausch auslöste.Einfach hat’s Landrat Helmut Riegger im Moment wahrlich nicht: Erst der drohende Corona-Kollaps an den Kreiskliniken, dann ging es im Verwaltungs- und Wirtschaftsausschuss (VWA) des Calwer Kreistags um den Haushalt 2022. Der einen unerwartet heftigen Schlagabtausch auslöste.

Kreis Calw - Und das bei einem altbekannten Thema: Der Höhe der künftigen Kreisumlage, die auf 30,6 Prozent steigen soll (2021: 30 Prozent). Und auch die Fronten verliefen wie üblich: Auf der einen Seite die Verwaltung und die Fraktionen der Grünen und der SPD, auf der anderen die – von Bürgermeistern aus dem Kreis angeführten – Mehrheitsfraktionen von CDU und Freien Wählern. Wobei sich letztere ziemlich unversöhnlich zeigten im VWA. Und am Ende der von allen Seiten leidenschaftlich geführten Diskussion konsequenterweise auch die Zustimmung für einen Empfehlungsbeschluss für dem Haushalt 2022 an den Kreistag verweigerten.

Nicht wahllos Projekte aus dem Haushalt streichen

Stattdessen, so etwa Nagolds Oberbürgermeister Jürgen Großmann als CDU-Fraktionssprecher mit einer schon auch süffisanten Tonalität, solle der Landrat bis zur kommenden finalen Abstimmung um den Haushalt auf der nächsten Kreistagssitzung noch einmal "ganz nüchtern rechnen", ob er nicht doch die von den Bürgermeistern geforderten "2,6 bis 2,7 Millionen Euro" zugunsten der Kreis-Kommunen aus seinem Haushaltsentwurf herausrechnen könnte, die "locker zu finanzieren" seien – wenn der Landrat nur wollte. Volker Schuler als Bürgermeister-Kollege aus Ebhausen und Freie Wähler-Fraktions-Chef ergänzte: Es gehe dabei nicht darum, einfach wahllos Projekte "aus dem Haushalt zu streichen", sondern solche Kostenstellen aus der Planung herauszunehmen, die "sich eh 2022 nicht realisieren" lassen würden. Beispiel: Der mit 800000 Euro taxierte Grundstückskauf für eine neue Straßenmeisterei in Nagold. Denn ein Vorschlag für ein solches Grundstück gäb’s ja noch gar nicht.

Allerdings: Bereits bei der Einführung seiner Zahlen im VWA hatte Landrat Riegger ausführlich und mehrfach darauf hingewiesen, dass der Haushaltsentwurf 2022 für den Kreis Calw ein Zahlenwerk mit extrem vielen Unbekannten und vor allem Risiken sei. Beispiel: die Mehrkosten aus der Corona-Krise, mit der man nun – mit der vierten Welle – auch in 2022 in unbekannter Höhe rechnen muss. Rund 2,4 Millionen Euro mehr hat man dafür im laufenden Jahr ausgeben müssen als geplant – allein die Reaktivierung von Impfzentren werde nun auch im kommenden Jahr den Kreis belasten. Wie hoch, könne er nicht sagen, "weil ich es nicht weiß". Anderes Beispiel: Die neuen Lasten aus dem Bundesteilhabegesetz. Allein hier werden "enorme Aufwendungen" von bis zu vier Millionen Euro für den Kreishaushalt erwartet – wie hoch tatsächlich? Ebenfalls noch nicht bezifferbar. Gleiches gilt für die Versorgung der wieder anziehenden Flüchtlingszahlen.

Nicht den Begehrlichkeiten der Kommunen im Kreis opfern

Weshalb Riegger und sein Kämmerer Michael Hopf dafür warben, die im Moment im Haushaltsplan steckende "freie Liquidität" der Landkreises nicht den Begehrlichkeiten der Kommunen im Kreis zu opfern. Wofür sie Unterstützung unter anderem bei Johannes Schwarz (Grünen-Fraktionssprecher) fanden, der sich vehement dafür aussprach, die bis Ende 2022 hier vom Kreis avisierten 15 Millionen Euro "nicht auszukehren", sondern zum Beispiel für die zusätzliche Tilgung von Kreis-Schulden zu nutzen. Denn die würden vor dem Hintergrund der Investitionen in die Kreiskliniken in 2022 um netto 48 Millionen Euro steigen, insgesamt in den kommenden Jahren von aktuell 60 Millionen auf dann 160 Millionen Euro. Aus seiner Sicht müsste daher die Tilgung "um fünf Millionen Euro im Jahr" angehoben werden, um diesen Schuldenberg auch in 30 Jahren abtragen zu können.

Außerdem verwies Schwarz – unterstützt durch Ursula Utters als SPD-Fraktionssprecherin – darauf, dass eine Reduzierung der Kreisumlage im kommende Jahr wahrscheinlich letztlich nur "für eine kurzzeitige Delle" sorgen würde, weil man dann in den Folgejahren die Umlage umso höher veranschlagen müsste – wie es schon mal in der Vergangenheit der Fall gewesen sei. Wobei Ursula Utters (SPD) ergänzend darauf hinwies, dass alle Kreistags-Fraktionen – auch CDU und Freie Wähler – noch im Sommer in der Haushaltsstrukturkommission des Kreistags daran mitgearbeitet hätten, genau diese Diskussion um die Höhe der Kreisumlage zu vermeiden – als man dafür damals bereits insgesamt drei Millionen Euro aus den Haushaltsansätzen herausgestrichen habe.

"Ich kann Ihnen kein Entgegenkommen signalisieren"

Doch all diese "Engelszungen" nützten nichts – Großmann und Schuler, in der Video-Schalte auch noch von Altensteigs Bürgermeister Gerhard Feeß (CDU) unterstützt, blieben hart in ihrer Forderung nach einer Reduzierung des geplanten Kreisumlage. Der unmissverständliche Auftrag, den sie an Landrat Riegger und seinen Kämmerer erteilten: Bis zur anstehenden Kreistagssitzung eine ’2’ in der zweiten Stelle vor dem Komma hinzubekommen, die den 2,7 Millionen Euro mehr für die Kreis-Kommunen entspräche. Landrat Rieggers ziemlich resignierend klingende finale Erwiderung: "Ich kann Ihnen kein Entgegenkommen signalisieren", dafür steckten einfach "zu viele ungedeckte Schecks" – sprich: unkalkulierbare Kostenrisiken – in der Haushaltsplanung für 2022. "Daher kann ich Ihnen nicht mehr als 30,6 Prozent anbieten!"