Auch die mittelständischen Gemüter sollen sich künftig nach dem Willen von Fraunhofer um Industrie 4.0 bewegen. Foto: dpa

Der Mittelstand und das Handwerk haben Nachholbedarf wenn es um die digital vernetzte Zukunft geht. Im Stuttgarter Kompetenzzentrum erwartet sie eine Art Fitnessprogramm, das individuell auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten werden soll.

Stuttgart - Mittelständische Unternehmen sowie Handwerksbetriebe im Südwesten sollen fit gemacht werden für die digital vernetzte Zukunft. In Stuttgart und Karlsruhe wurden deshalb zwei Mittelstand-4.0-Kompetenzzentren eröffnet, die vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert werden. Ziel dabei ist, dem Mittelstand praxisnahe Unterstützungsangebote zu unterbreiten – angefangen von der Identifikation unternehmenseigener Innovationspotenziale bis hin zur Begleitung bei der konkreten Umsetzung. Wenn es um die digitale Vernetzung der Industrie geht, steht Baden-Württemberg sowohl im Bundes- als auch im EU-Vergleich durchaus gut da, glauben Experten. Technologisch führend sind dabei allerdings vor allem Konzerne wie Bosch, Daimler, Festo und Pilz. Nachholbedarf habe dagegen der Mittelstand.

Forschungsbudgets fehlen

„Gerade kleine und mittlere Unternehmen sowie Handwerksbetriebe verfügen nur selten über eigene Forschungsbudgets, um die Entwicklung und Umsetzung digitaler Lösungsansätze gezielt vorantreiben zu können“, sagte Oskar Vogel, Hauptgeschäftsführer des Baden-Württembergischen Handwerkstags, am Dienstag zur Eröffnung des Kompetenzzentrums in Stuttgart. So hat eine Befragung von Fraunhofer aus dem Jahr 2015 ergeben, dass gerade mal 20 Prozent der Unternehmen im Südwesten gut aufgestellt sind, wenn es um die Digitalisierung geht. Die Mittelständler benötigten „aktive Unterstützung“, erläuterte Vogel. Dazu könne das neue Kompetenzzentrum einen Beitrag leisten.

„Anhand von praxisnahen Schulungskonzepten und konkreten Handlungshilfen zeigen wir, was Industrie 4.0 speziell für den Mittelstand bedeutet und wie Unternehmen die Potenziale neuer Technologien nutzen können“, sagte Anette Weisbecker, die stellvertretende Leiterin des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) bei der Kick-Off-Veranstaltung vor 150 geladenen Gästen in Stuttgart-Vaihingen. Es gehe sowohl um die Entwicklung neuer Produkte als auch um die Digitalisierungsstrategien im Ganzen, fügte sie hinzu.

Individuell zugeschnittene Schulungen

„Dieses Zentrum ist deshalb enorm wichtig, weil insbesondere kleine Unternehmen bei der Einführung von Industrie 4.0 noch immer zurückhaltend sind“, erläuterte Thomas Bauernhansl, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung (Ipa). Bauernhansl hofft, mit den individuell zugeschnittenen Schulungen und Workshops den Unternehmen zu helfen, um bestehende Hürden zu überwinden und sie somit zu unterstützen, die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

Nicht nur in Stuttgart und Karlsruhe sind solche Zentren errichtet worden, deutschlandweit gibt es derzeit elf – unter anderem in Augsburg, Berlin, Chemnitz, Darmstadt, Hamburg, Hannover und Kaiserslautern. In Stuttgart stehen dabei smarte Lösungen für Montage und Automation sowie für Mobilität, Gesundheit und vernetztes Wohnen im Vordergrund.

Federführend für das Projekt, das bis Ende November 2019 terminiert ist, ist das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation. Darüber hinaus engagieren sich auch weitere Fraunhofer-Institute, das FZI – Forschungszentrum Informatik, das Steinbeis-Institut, der Landesverband der Maschinenbauer (VDMA) sowie der Handwerkstag im Südwesten.