In den Gemeinderat darf man nur einziehen, wenn kein Hinderungsgrund vorliegt. Das alte Gremium stellte den für Raphael Koch nicht fest. Foto: Felix Biermayer

Das Gremium sieht durch Kochs Tätigkeit als Betriebsleiter des Kurhauses keinen Hinderungsgrund für sein Mandat. Die Entscheidung war denkbar knapp - und ist wohl noch nicht endgültig.

Der Sitzungssaal war voll am Dienstagabend. Viele Bürger wollten live dabei sein, als der Gemeinderat über Raphael Kochs (ZBL) mögliche Zukunft im Gremium entschied. Die Abstimmung im alten Gemeinderat war nötig geworden, weil die Verwaltung für Koch einen Hinderungsgrund sah. Sein Job als Betriebsleiter des Kurhauses bei der städtischen FTBL (Freizeit und Tourismus Bad Liebenzell GmbH) untersage laut Gemeindeordnung eine Tätigkeit im Gremium, heißt es in der Vorlage.

 

Bürgermeister Roberto Chiari präzisierte das am Dienstag. Die Verwaltung sehe in Koch einen leitenden Angestellten eines städtischen Unternehmens. Er sei für die Erstellung von Wirtschaftsplänen verantwortlich, habe Personal- und Budgetverantwortung. Die Gemeindeordnung sehe darin eine Interessenskollision. Es gehe um Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber und die Schweigepflicht über Geschäftsinhalte. Chiari stellte klar, dass er Koch das nicht unterstellen wolle, diese Punkte zu verletzen. Allerdings sei es möglich.

Ob ein Hinderungsgrund vorliege, müsse der alte Gemeinderat nun entscheiden, erklärte Hauptamtsleiterin Silvia Schuler. Sollte das Gremium den nicht sehen, Koch im Gemeinderat sitzen, und der Hinderungsgrund auf andere Weise doch festgestellt werden, seien alle Entscheidungen des neuen Gremiums ungültig, sagte sie. Ob das auch für den umgekehrten Fall gilt, erklärte sie nicht. Also wenn Koch ausgeschlossen wird, sich hinterher aber rausstellt, dass das zu unrecht geschehen ist. Kommunalaufsicht und Gemeindetag teilten die Auffassung der Verwaltung, dass bei Koch Hinderungsgründe vorliegen, so Schuler.

Welche Aufgaben hat Koch?

Ekkehard Häberle (CDU), der ebenfalls für die ZBL ins neue Gremium gewählt wurde, sah in Koch (ZBL) keinen leitenden Angestellten. Dieser habe nie an Aufsichtsratssitzungen der FTBL teilgenommen. Auch habe Koch sich für ein zweites Lichterfest eingesetzt, was nun nicht stattfinde. So groß könne Kochs Einfluss also nicht sein. Das Kurhaus sei lediglich eine Abteilung der FTBL. Er sehe deshalb keinen Hinderungsgrund für Koch.

„Die Bürger verstehen es nicht“, meinte Martin Hirschberger (CDU). Koch gehöre sicher nicht zur „zweiten Führungsebene“ der FTBL. Koch räume im Kurhaus Gläser ab und werde bezahlt wie ein „guter Lkw-Fahrer“. Dass passe nicht zu einer Position in der zweiten Führungsebene. Es brauche eine rechtliche Klärung. Deshalb solle die Entscheidung vertagt werden.

Den Antrag auf Vertagung stellte dann Maik Volz (CDU). Volz forderte zudem, die Wahlprüfung abzuwarten. Auch er sprach bei Koch von „bescheidenen Zuständigkeitsbereichen“. Ein Ausschluss Kochs aus dem neuen Gremium sei nicht rechtssicher. Schuler erklärte, dass man die Wahlprüfung nicht abwarten müsse. Durch eine Vertagung verzögere sich der Arbeitsbeginn des neuen Gremiums. Sie verwies nochmals auf die Einschätzung des Gemeindetags und der Kommunalaufsicht.

„Es ist nicht eindeutig“, fand Fritz Steiniger (UL). Einerseits sehe er den direkten Einfluss Kochs in der FTBL nicht. Koch könne bei Gemeinderatsabstimmungen bezüglich des Kurhauses aber befangen sein. Joachim Eppel (UL) sah bei Koch ebenfalls eine geringe Verantwortung in der FTBL. Außerdem erinnerte er an Günter Weise. Der frühere Kurdirektor saß bis 1994 20 Jahre im Gemeinderat. „Die gesetzlichen Grundlagen haben sich geändert“, stellte Chiari klar.

Katrin Heeskens (UL) sah ein „schwieriges Thema“. Sie erklärte aber, dass der Gemeinderat eine Aufgabenkritik der Stadt vornehmen werde, um Geld zu sparen. Das betreffe auch das Kurhaus. Und Koch müsse wegen seines Berufs immer für das Kurhaus sein, nannte sie ein Beispiel für die Interessenskollision. Thomas Eisinger (CDU) verlangte eine detaillierte Begründung durch die Kommunalaufsicht - und deshalb die Vertagung der Entscheidung über Koch. Die Vertagung lehnte der Gemeinderat knapp ab.

Knappe Abstimmung

Bei der Abstimmung über den Hinderungsgrund bezüglich Koch enthielt sich Thomas Eisinger (CDU). Der Rest der CDU sowie Eppel und Steiniger (beide UL) sahen keinen Hinderungsgrund für Koch, der Rest der UL und der Grünen hingegen schon. Weil Lucas Wehner (CDU), Erich Grießhaber und Dietmar Lehmann-Schaufelberger (beide Grüne) in der Sitzung fehlten, kam es zu einem Patt: sieben Ja- gegen sieben Nein-Stimmen. Bei Stimmengleichheit werden Anträge abgelehnt. Damit darf Koch also in den neuen Gemeinderat - zumindest vorerst.

Wie geht es jetzt weiter?

Chiari kann gegen die Entscheidung des Gremiums ein Veto einlegen. Dann würde der Gemeinderat am 9. Juli erneut in der Sache abstimmen. Es führt aber letztlich wohl kein Weg an einer rechtlichen Prüfung vorbei. Denn die Stadt muss sicher gehen, dass der neue Gemeinderat gültige Entscheidungen treffen kann. Und sollte der Gemeinderat in einem zweiten Votum und bei voller Anwesenheit den Hinderungsgrund doch noch feststellen, wird Koch gegen diese Entscheidung wohl rechtlich vorgehen. Das kündigte er bereits am Dienstag in unserer Zeitung an.

So oder so: Die konstituierende Sitzung des neuen Gemeinderats dürfte sich verzögern. Für diese Zeit bleibt das alte Gremium im Amt.