Die Verwaltung sieht wegen seines Jobs als Betriebsleiter der Kurhauses einen Hinderungsgrund für Raphael Koch. Er selbst widerspricht dem. Nun muss der alte Gemeinderat entscheiden.
1654 Stimmen hat Raphael Koch von der Liste „Zukunft Bad Liebenzell“ (ZBL) bei der Gemeinderatswahl geholt. Das reicht für einen Sitz im Gremium - eigentlich. Denn in der Sitzung am 25. Juni beschäftigt sich der alte Gemeinderat mit Koch. Das alte Gremium muss nämlich entscheiden, ob es bei den neuen Gemeinderäten Hinderungsgründe gibt. Und einen solchen sieht die Verwaltung bei Koch möglicherweise.
Ist Koch ein leitender Angestellter?
„Herr Raphael Koch ist Betriebsleiter der Freizeit und Tourismus Bad Liebenzell (FBTL) GmbH“, heißt es in der Sitzungsvorlage. Die FTBL sei eine hundertprozentige Tochterfirma der Stadt. Und Koch stehe in der FTBL-Hierarchie als Betriebsleiter des Kurhauses direkt unter der Geschäftsführung. Er sei für die Erstellung von Wirtschaftsplänen verantwortlich, habe Personal- und Budgetverantwortung.
„Er nimmt eigenverantwortliche Leitungsfunktionen wahr, die geeignet sind, zu Interessenkollisionen mit der Mandatswahrnehmung zu führen“, steht in der Vorlage weiter. Die Verwaltung sehe in ihm einen leitenden Angestellten eines städtischen Unternehmens. Und Paragraph 29 der Gemeindeordnung sehe darin einen Hinderungsgrund - eben um genau solche Interessenskonflikte zu vermeiden. Dieser Hinderungsgrund müsse vom alten Gemeinderat festgestellt werden. Für alle anderen neu gewählten Gemeinderäte sieht die Verwaltung keine Hinderungsgründe.
Hätte sich Koch dann überhaupt aufstellen lassen dürfen? Hätte die Verwaltung den Hinderungsgrund nicht schon vor der Wahl feststellen können? „Zur Wahl zugelassen wird erstmal jeder“, erklärt Bürgermeister Roberto Chiari auf Nachfrage. Etwaige Hinderungsgründe würden erst im Nachgang geprüft. Und den sehe die Verwaltung bei Koch nun eben. So sei die korrekte Vorgehensweise. Sollte der Gemeinderat den Hinderungsgrund für Koch feststellen, dann würde der erste Nachrücker von ZBL zum Zuge kommen. Das wäre Daniel Mattmüller. Er bekam 1319 Stimmen bei der Wahl.
Koch sieht kein Problem
„Generell finde ich den Beschlussvorschlag sehr einseitig formuliert“, äußert sich Koch auf Nachfrage. Ob er nun nach erfolgreicher Wahl Mitglied im Gemeinderat werden könne, solle seiner Meinung nach nicht das alte Gremium entscheiden, sondern das Recht. Er werde die Entscheidung des Gemeinderats abwarten und gegebenenfalls „weitere Schritte einleiten“.
„Ich möchte nur, dass das Recht gewinnt“, meint er. Wenn es ihm rechtlich erlaubt sei, Mitglied des Gemeinderats zu sein, dann werde er dies „durchsetzen müssen“. „Das bin ich den Wählerinnen und Wählern und meiner Heimatstadt schuldig“, so Koch.
Er habe sich vor der Wahl beraten lassen und unter anderem bei der Kommunalaufsicht nachgefragt. Die habe sich „neutral gehalten“. Koch findet zudem, dass er als Betriebsleiter des Kurhause „relativ geringe Entscheidungsbefugnisse und Kompetenzen habe“. Auch er bezieht sich auf Paragraph 29 der Gemeindeordnung. „Es muss sich dabei um Leitungsfunktionen mit einer herausgehobenen Stellung handeln, in denen die betreffenden Personen einen wesentlichen Einfluss auf die Entscheidungen und Planungen des Unternehmens haben und maßgeblich bei der Bestimmung der Grundlinien der Unternehmenspolitik und der Geschäftspraxis mitwirken“, so Koch. Es gehe um Personen im Aufsichtsrat, der Geschäftsführung, mit Prokura oder jemanden, der das Unternehmen nach außen vertritt.
„Als Leiter des Kurhauses verfüge ich nicht über diese Befugnisse“, findet Koch. Er habe auch noch nie an einer Aufsichtsratssitzung der FTBL teilgenommen. „So wichtig kann ich wohl nicht sein“, meint er. Er leite lediglich eine Gastronomie und ein Veranstaltungshaus. Er habe keinen Einfluss auf die generelle Entwicklung der FTBL. „Ich leite ‚nur‘ das Kurhaus, nicht mehr und nicht weniger“, so Koch.
Vorher mit Chiari ausgetauscht
Vor der Wahl habe er mit Bürgermeister Chiari ein Gespräch geführt. „In diesem Gespräch hat er mich unter anderem auf einen möglichen Hinderungsgrund hingewiesen, welchen man aber natürlich nach der Wahl zunächst prüfen muss“, erzählt Koch. Er sei sich selbst aber - wegen der Beratung - sicher gewesen, dass er rechtlich gesehen Gemeinderat werden kann. Sonst hätte er nicht kandidiert, erklärt Koch. Er bedankt sich zudem bei den Wählern für die vielen Stimmen. Es zeige, dass die Bürger den Wunsch hätten, dass „junge, engagierte Liebenzeller“ im Gemeinderat mitwirkten.
Ob er da wirklich mitwirken darf, entscheidet der Gemeinderat am Dienstagabend. Die Sitzung beginnt um 18 Uhr. Das Thema rund um Raphael Kochs Mandat wird unter Tagesordnungspunkt 8 diskutiert.