Sollte Guido Wolf die CDU zum Junior-Partner der Grünen machen wollen, wird er an der Basis viel Überzeugungsarbeit leisten müssen. Foto: dpa

Eine Deutschland-Koalition mit der SPD und der FDP wird es nicht geben. Bleibt eigentlich nur noch Grün-Schwarz. Doch die CDU-Basis zeigt sich bei der Frage nach einer Regierungsbeteiligung als Junior-Partner der Grünen gespalten.

Stuttgart - Die Möglichkeit einer grün-schwarzen Koalition spaltet die Basis der CDU. Ihre Kritiker halten die Gemeinsamkeiten mit den Grünen für zu gering und die Gefahr, „kleinregiert“ zu werden, für zu groß. Die Befürworter verweisen auf gemeinsame Werte der Christdemokraten und der vom konservativen Grünen Winfried Kretschmann angeführten Ökopartei, wie eine Umfrage unter den 41 Kreisverbänden der Südwest-CDU ergab.

Nach der Landtagswahl am vergangenen Sonntag ringen im Südwesten die Parteien um den Weg zu einer handlungsfähigen Regierung. Möglich sind unter anderem eine Deutschland-Koalition aus CDU, SPD und FDP und ein grün-schwarzes Bündnis.

In letzterem als „Steigbügelhalter“ der Grünen zu dienen, geht manchem Christdemokraten gegen den Strich. Der Böblinger Kreisverbandschef Matthias Kauffmann meint: „In einer Koalition ist es für beide Seiten schwer, den Markenkern zu erhalten.“ Sein Kollege vom Kreisverband Alb-Donau/Ulm, Paul Glökler, warnt: „Um jeden Preis dürfen wir es nicht machen.“ Der Biberacher Kreisschatzmeister Reinhold Besenfelder ist überzeugt, als Juniorpartner der CDU lasse sich der von der Union angestrebte Politikwechsel nicht realisieren.

„Geringste Schnittmenge mit den Grünen“

Nach Ansicht des Stuttgarter Kreisgeschäftsführers Bastian Atzger hat die CDU mit den Grünen ohnehin die geringste Schnittmenge von allen demokratischen Parteien. Unüberbrückbar seien die Unterschiede in der Kultus- und Verkehrspolitik, die Grün-Rot ideologisch ausgerichtet habe. Daniel Caspary vom Kreisverband Karlsruhe-Land pflichtet bei: „Bei vielen grünen Funktionären sehe ich eher Ideologie und Stillstand als Lust auf Zukunft.“ Atzger resümiert: „Bevor man sich komplett selbst aufgibt, sind Neuwahlen das kleinere Übel.“

Andere sind offener für eine „Kiwi-Koalition“. Dafür müsse die Landtagsfraktion über „ihren schwarzen Schatten springen“ und zu Kompromissen bereit sein, meint Roderich Kiesewetter, Kreisvorsitzender Ostalb. Mit Blick auf das miese CDU-Wahlergebnis von 27 Prozent fügt er hinzu: „Die CDU muss demütiger werden.“ Auch für den Kreisverband Lörrach ist Grün-Schwarz reizvoll. „Die CDU könnte besser als in der Opposition zeigen, dass sie bereits heute eine breit aufgestellte Volkspartei mit einem sozial-ökologischen Wirtschaftsprofil ist“, meint Geschäftsführer Richard Renz.

Der Rottweiler Kreischef Stefan Teufel, Neffe des ehemaligen Ministerpräsidenten Erwin Teufel (CDU), und sein Konstanzer Kollege Willi Stächele halten Grün-Schwarz ebenfalls für denkbar. Der ehemalige Finanzminister Stächele meint: „Die beiden Parteien scheinen sich in vielen Punkten näher zu stehen, als es das Bild nach außen vermittelt.“ So gebe es etwa den Willen, verstärkt Umweltthemen anzugehen. Auch Brigitte Hauser, Kreisgeschäftsführerin Breisgau-Hochschwarzwald, hält viel von Grün-Schwarz. „Die Widerstände, denen Günther Oettinger nach der Wahl 2006 bei seiner Annäherung an die Grünen begegnete, gibt es nicht mehr.“

Deutschland-Koalition bei der Basis beliebter

Die Kritiker von Grün-Schwarz tendieren zur Deutschland-Koalition. Besenfelder präferiert diese, sieht aber Hürden bei der gebeutelten SPD, in ein solches Bündnis einzutreten. Würde es nicht den Willen der Wähler ignorieren, statt des beliebten Kretschmann Guido Wolf als Regierungschef zu inthronisieren? Das verneint Kauffmann. „Vor fünf Jahren hatte die CDU auch die meisten Stimmen, stellte aber nicht den Ministerpräsidenten.“ Diese Frage treibt auch Kiesewetter um. Er hat eine überraschende Antwort parat: Die Ministerpräsidenten sollten nach zwei oder drei Jahren ausgewechselt werden. Für Hauser ist die Deutschland-Koalition jedoch ein Unding. Die Politikverdrossenheit werde zunehmen, wenn die CDU nach ihrem Absturz einen Machtanspruch aufrecht erhalte: „Da kann man nicht mit aufgeblasenen Backen rumtanzen.“

Und wie beurteilt die Basis ihren Frontmann zur Landtagswahl Wolf? Stächele sieht wie andere Parteifreunde ein gewisse Schuld Wolfs am Absturz der CDU: Sein Abrücken vom Flüchtlingskurs der Kanzlerin habe negative Auswirkungen gehabt. Hauser ist enttäuscht, dass die Fraktion mit der Bestätigung Wolfs als Chef zur Tagesordnung zurückgekehrt sei, ohne die Gründe des desaströsen Wahlergebnisses zu analysieren - und ohne eine Alternative zu ihm. Nach Kauffmanns Meinung hingegen darf Wolf nicht zum Sündenbock abgestempelt werden. „Das haben wir gemeinsam zu verantworten.“

Die CDU steht vor schwierigen Entscheidungen: Wer sie letztendlich fällt - auch daran scheiden sich die Geister. Kauffmann und der Mannheimer Kreischef Nikolas Löbel finden, die Mitglieder müssten die Wahl des Koalitionspartners absegnen. Für Hauser reicht hingegen der Beschluss eines mitgliederoffenen Parteitags. Für den Rastatter Kreisverbandschef Alexander Becker sind Mitgliederbefragungen in der Regel nichts anderes als eine Flucht vor Verantwortung. Auch Glökler hält die Mitgliederbefragung für verzichtbar: „Die Verhandlungen sind ja nicht vergnügungssteuerpflichtig. Da hat man dann irgendeinen Minimalkonsens, den man schlucken muss - da kann man nicht rumfragen, ob es jedem schmeckt.“