Die Kripo Rottweil lässt auch 26 Jahre nach dem Mord an der Studentin Eva Götz nicht locker. Nach der Vorstellung des Falls am Mittwochabend bei Aktenzeichen XY sind mehr als 100 Hinweise eingegangen, die neue Ermittlungsansätze liefern können.
Kreis Rottweil - Die vor knapp eineinhalb Jahren gegründete Abteilung "Cold Cases" der Kriminalpolizei in Rottweil hat den Fall wieder aufgerollt. Und Kriminalhauptkommissar Andreas Reichert, der die Ermittlungen leitet, hatte bei Aktenzeichen XY am Mittwochabend im ZDF vor einem Millionenpublikum Gelegenheit, alle Fakten vorzustellen und um Hinweise zu bitten, die die Polizei entscheidend weiterbringen könnten.
Glückliches Leben in Studenten-WG
Doch zunächst wurde der Fall gleich als erster in der Sendung von Schauspielern eindringlich nacherzählt. Das schreckliche Geschehen geht unter die Haut. Die Zuschauer tauchen ein in die Welt der 26-jährigen Studentin Eva Götz im Januar 1997. Sie studiert Biologie, will noch in diesem Jahr in Studium abschließen, lebt in einer netten WG in Freiburg und besucht übers Wochenende ihre Familie in der Pfalz. Als sie am 26. Januar abends mit dem Zug zurück fährt, plaudert sie noch mit einem Mitreisenden. Er ist der letzte, der mit ihr spricht.
Auf dem Nachhauseweg von Bahnhof wird sie, so wird vermutet, in der Stefan-Meier-Straße in Freiburg in einen hellen Kastenwagen gezerrt. Anwohner hören Schreie, der Mann geht sogar vor die Tür, sieht den Kastenwagen und eine dunkel gekleidete Person, kann aber nichts weiter Verdächtiges feststellen.
Über Stunden gequält und dann erstickt
Am nächsten Tag wird die Leiche von Eva Götz an einem Feldweg bei Leipferdingen im Kreis Tuttlingen entdeckt. Die junge Frau, so ergeben die weiteren Ermittlungen, wurde wohl über Stunden gequält und dann erstickt.
Täter hat wohl gezielt nach einer Frau gesucht
Im Gespräch mit Moderator Rudi Cerne ordnet Kriminalhauptkommissar Andreas Reichert das Geschehen und die bisherigen Erkenntnisse ein. Man schließe eine Beziehungstat aus, es habe sich eher um eine Zufallsbegegnung gehandelt. Und: "Der Täter dürfte gezielt nach einer jungen Frau gesucht haben. Er hat hierbei sexuell motiviert gehandelt."
Polizei hat seine DNA
Alles deute zudem darauf hin, dass er sich gut auf die Tat vorbereitet hat. "Er verfügte über ein geeignetes Fahrzeug, benutzte Fesslungsmittel und verwendete Chloroform", so Reichert. Ganz wichtig: Er habe DNA-Spuren hinterlassen, mit denen er nach entsprechenden Hinweisen klar identifiziert werden könnte.
Ein Fokus liegt auf dem verwendeten Fahrzeug, das mehrere Zeugen gesehen haben. Der helle Kastenwagen – Reichert betont ausdrücklich, dass es kein Wohnmobil war – war heruntergekommen und ähnelte einem Peugeot J7. Es könne aber auch eine andere Marke sein.
Auch im Bereich des Fundorts war der helle, auffällig eckige Kastenwagen aufgefallen. Reichert erwähnt außerdem, dass im benachbarten Leipferdingen an jenem Wochenende ein Narrentreffen stattfand. Da das gesuchte Fahrzeug ein schwarzes Nummernschild mit weißer Schrift hatte, könnte die Spur auch nach Frankreich oder Polen führen.
Der Rottweiler Kriminalhauptkommissar stellt außerdem die Gegenstände vor, die seither aus dem Besitz der jungen Frau fehlen: Ein blau-weiß gestreifter Leinenrucksack, eine Geldbörse, ein rotes Immunologie-Buch und ihre Brille.
Hat sich der Täter jemandem anvertraut?
Reichert bittet nicht nur Zeugen um Hinweise, die vielleicht an diesem Wochenende des 26./27. Januar 1997 etwas gesehen haben, sondern wendet sich auch an jene, denen sich der Täter womöglich nach der Tat vor 26 Jahren anvertraut haben könnte. Die Polizei geht davon aus, dass der Mann auch vorher schon Frauen belästigt hat. Wer hierzu Hinweise eben kann, wird ebenfalls gebeten, sich zu melden.
Knapp über 100 Hinweise
Und tatsächlich gehen die Hinweise während und nach der Sendung zahlreich ein. Knapp über 100 sind es bislang, wie Dieter Popp von der Pressestelle des Polizeipräsidiums Konstanz auf Nachfrage unserer Redaktion am Donnerstag erklärt. Diese beziehen sich vorwiegend auf das gesuchte Fahrzeug, es gebe jedoch auch den ein oder anderen Hinweis bezüglich anderer angesprochener Frauen. Insgesamt sei man angesichts der Vielzahl der eingegangenen Hinweise positiv eingestellt, was den weiteren Fortgang der Ermittlungen betrifft.
Aktuell liegen in der Abteilung "Cold Cases" 23 Fälle vor
In der Abteilung "Cold Cases" der Kriminalpolizei Rottweil liegen laut Pressesprecher Popp aktuell 23 ungelöste Fälle vor, darunter Tötungsdelikte, Vermisstenfälle – vorwiegend Kapitalverbrechen. Beim der kompletten Aufarbeitung einer Alte würde nach neuen Blickwinkeln gesucht, nach Aspekten, die vielleicht bislang nicht berücksichtigt wurden. Bei der Öffentlichkeitsfahndung im Fall Eva Götz habe man auch Polen und Frankreich ins Boot geholt.
Auch XY-Moderator Rudi Cerne hofft, dass der entsetzliche Fall nun aufgeklärt werden soll. "Bleiben sie bitte dran", gibt er dem Kriminalhauptkommissar aus Rottweil mit auf den Weg.
Hinweise zu dem Fall nimmt die Kriminalpolizei Rottweil weiterhin unter der Nummer 0741/477-1111 entgegen.