Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder hält selbst in schweren Zeiten zu seinem Freund, dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Und freut sich mit ihm Geburtstag feiern zu dürfen. Foto: dpa

Der Ex-Kanzler Gerhard Schröder feiert trotz Krise in der Ukraine und gefangener deutscher OSZE-Beobachter mit Wladimir Putin Geburtstag. Eine peinliche Party, findet Wolfgang Molitor.

Ein Freund, ein guter Freund, das ist das Schönste, was es gibt auf der Welt. Deutschland weiß das spätestens seit 1930, als Willy Fritsch, Oskar Karlweis und Heinz Rühmann in der Filmoperette „Die Drei von der Tankstelle“ eifrig um die Liebe von Lilian Harvey buhlten. Sonnige Welt, wonnige Welt, hast uns für immer zusammengestellt. So sieht es wohl auch Gerhard Schröder, der beim Großen Zapfenstreich zu den Klängen von Frank Sinatras „My Way“ sentimental ein paar Tränen zum Abschied seiner Kanzlerschaft hatte kullern lassen. Schröders Freund heißt Wladimir Putin, und das trifft sich besonders gut – weil der russische Staatspräsident dem früheren SPD-Chef mit dem Aufsichtsratsvorsitz der Nord Stream AG, die zu 51 Prozent der russischen Gazprom gehört, obendrein den politischen Ruhestand vergoldet.

70 ist er geworden, der Gerd. Gut gehalten hat er sich. Zumindest äußerlich. Und deshalb hat er gefeiert, zunächst mit seinen Genossen in Deutschland, jetzt mit seinem lupenreinen Männerfreund in Russland. Was ist schon dabei? Eine Hand schüttelt die andere. Alles Privatsache. Kein Grund zur Aufregung also. „Auf Brüder! Sauft Brüder! Rauft Brüder! Immer wieder! Lasst noch Wodka holen, ho, ho, ho, ho, ho, denn wir sind Mongolen, ha, ha, ha, ha, ha, und der Teufel kriegt uns früh genug!“ Dschingis Khan hieß die Truppe, die das gesungen hat. Man erinnert sich?

Man könnte also drüber wegsehen, wenn sich ein bezahlter Freund an die russische Präsidentenbrust wirft. Hobby und Lobby: Jeder blamiert sich, so gut er kann. Doch man muss weder Antialkoholiker noch Veganer sein, um doch die politische Anstandsfrage zu stellen. Um sich zu wundern, was sich Schröder so selbstverliebt wie unsensibel gedacht haben dürfte, um sich – seinem Bedeutungsrest sich selbst vergewissernd – zu einem Zeitpunkt an Putins Tafel zu setzen, wo in der Ostukraine deutsche OSZE-Militärbeobachter von prorussischen Freischärlern zum Spielball ihrer separatistischen Träume gemacht werden.

Der Polit-Rentner Schröder trifft auf einen Mann, der bisher nichts zu tun scheint, die eskalierende Ukraine-Krise (für die er, zugegeben, nicht allein verantwortlich ist) einzudämmen und die Lage zu entschärfen. „Unsere Jungs leiden bei Wasser und Brot im Verlies, Schröder feiert mit Schampus und Kaviar im Festsaal“: Man muss Schröders Peinlichkeit nichtpathetisch überfrachten wie CDU-Generalsekretär Andreas Scheuer, Fakt aber ist, dass der Altkanzler offensichtlich den Blick für die Realität verloren hat. Menschenrechte und Völkerrecht – all das scheint Schröder lässig unter der Rubrik „Gedöns“ abzulegen.

Heute ist sein Parteifreund Frank-Walter Steinmeier Außenminister. Der muss sich gegen den Vorwurf wehren, ein „Russland-Versteher“ zu sein, weil er mäßigend auf all jene einzuwirken versucht, die einen härteren Kurs fordern. Schröder scheint Steinmeiers besonnenen, wenngleich wenig entschlossen wirkenden Kurs zu ignorieren. Oder doch nicht? Der Russland-Beauftragte der Bundesregierung, der SPD-Politiker Gernot Erler, jedenfalls will glauben machen, Schröder habe mit Putin sicher auch über die Ukraine gesprochen, „was nicht nachteilig für die weitere Entwicklung“ sein müsse. Politik also durch Kungeln und Anbiedern? Als ob der Kreml-Herr dem Westen aus alter Freundschaft zu seinem deutschen Spezi ein Einlenken zusagen würde, das ihm bisher nicht mal der US-Präsident abringen konnte.

„Ein Freund bleibt immer Freund, auch wenn die ganze Welt zusammenbricht“, heißt es in dem Tankstellen-Schlager. Schröder sollte wenigstens darüber einmal ernsthaft nachdenken.

w.molitor@stn.zgs.de