Mittlerweile gewohntes Bild: Freiburger Jubel! Hier freuen sich Torschütze Philipp Lienhart (Zweiter von rechts), Vincenzo Grifo (von links), Christian Günter und Lukas Kübler über das 1:0. Foto: Stache

Der SC Freiburg rockt die Bundesliga. Das ist kein Zufall, sondern Ergebnis harter und zielorientierter Arbeit. Acht Gründe, warum der SC im Moment auf einem Champions-League-Platz steht.

Eine typische Szene für den SC Freiburg: Nach dem 2:1-Sieg in Berlin, dem siebten Spiel der laufenden Saison ohne Niederlage, dem vierten Sieg, dem Sprung auf den dritten Platz, kommt Kulttrainer Christian Streich zur Pressekonferenz, nimmt seine Maske ab und sagt: "Es war nicht einfach." Keine Euphorie über den Höhenflug seiner Jungs, kein Adrenalin, das die Stimme überschlagen lässt, keine Träumerei von höheren Zielen, sondern nüchtern-sachliche Analyse, was da in den 90 Minuten zuvor auf dem Platz passiert ist – das ist Freiburg. Und das ist der Schlüssel für den Erfolg, der sich in dieser Saison wieder einmal einstellt.

Angesichts des sportlichen Höhenflugs – weniger wegen des völlig anderen Spielstils – werden Erinnerungen wach an die "Breisgau-Brasilianer" der 90er-Jahre, als die Herren Rodolfo Esteban Cardoso, Altin Rrakli, Andy Zeyer, Jens Todt oder Keeper Jörg Schmadtke 93/94 den großen FC Bayern durch drei Uwe-Wassmer-Tore 3:1 schlugen, wovon noch heute die Fans von damals ihren Kindern und Enkeln erzählen. Verbunden ist dieser wundersame Aufstieg der damaligen südbadischen Fußballprovinz mit Trainer Volker Finke, der den Auftrag bei seiner Verpflichtung im Juli 1991 nicht erfüllte. Präsident Achim Stocker hatte ihm nämlich mit auf den Weg gegeben: "Aber aufsteigen dürfen Sie nicht!"

Heute könnten in Ermangelung eines aktuellen Präsidenten die Vorstände Oliver Leki und Jochen Saier den neuen Freiburg-Brasilianern, die eher durch strenge Disziplin und Laufbereitschaft begeistern denn durch wirbelnde Mittelfeld-Antreiber à la Cardoso, mit auf den Weg geben: "Aber in die Champions League dürft ihr nicht!" Einen der Plätze, die genau dahin führen, belegen die Freiburger derzeit. Und das hat Gründe.

1. SC Freiburg zeigt pure Motivation

Für Hertha war es beim Spiel gegen den SC vor allem deshalb extrem schwer, "weil wir vorne gelaufen sind wie die Salzmänner" (O-Ton Streich). Die Lauf- und Einsatzbereitschaft ist bei den Freiburgern stark ausgeprägt, das Anlaufen und Lauern auf Fehler schon bei den Stürmern lässt den Gegnern keinen Raum. An den ersten sieben Spieltagen hat der SC schon 798,23 Kilometer abgespult, nur Hoffenheim, Gladbach, Fürth und Köln mehr.

2. SC Freiburg cool statt hektisch

Wenn es wie in Berlin mal acht Minuten nicht so gut läuft, bricht bei den Freiburgern nicht gleich alles zusammen. "Ein paar Szenen waren gut, ein paar Szenen waren nicht so gut", fasst es Streich zusammen. Aber dann kommen eben wieder ein paar (sehr) gute Szenen.

3. SC Freiburg agiert klug und clever

So nennt Streich das kluge Agieren und Verschieben, das in Berlin allerdings zweimal nicht optimal war, einmal mit Folgen, einmal fast beim Streifen der Latte kurz nach dem 1:1. Aber davor und danach ließ die Streich-Truppe nichts anbrennen.

4. SC Freiburg: Ein Rädchen greift ins andere

Viele Spieler sind schon lange im Breisgau, manche seit der Jugend. "Viele sind bei uns, die nicht nach ein oder zwei Jahren woanders hinrennen, weil sie mal ein paar gute Spiele gemacht haben", sagt Streich und meint: So kann er dem Team seinen Spielplan einimpfen, so sind die Abläufe aufeinander abgestimmt, so greift ein Rädchen ins andere.

5. SC Freiburg: Elf Freunde müsst ihr sein...

Streich nennt es die "Sozialkompetenz", die ihm wichtig ist. Ersatzspieler mucken nicht auf, auch wenn sie mal auf der Tribüne sitzen, Siege werden zusammen gefeiert, Spiele, die nicht gut laufen zusammen analysiert. "Da kann ich nur meinen Hut ziehen, was passiert in dieser Mannschaft", sagt Streich. Dieser verschworene Haufen wird noch für viele Bundesliga-Konkurrenten zum Problem werden.

6. Starke Verwurzelung mit der Region und Freiburg

Vor allem für Christian Streich, aber auch für viele der Freiburger Urgesteine wie den Tennenbronner Nationalspieler Christian Günter, der seit 2007 im Verein ist, war das letzte Wochenende mit dem Abschied aus dem Dreisamstadion sehr emotional. "Da habe ich Hunderte Spiele und Trainings gemacht. Ich ebe ja seit Jahrzehnten in dieser Stadt", sagt Streich. Die Bindungen bilden auch auf der Gefühlsebene ein starkes Band, das bis auf den Platz reicht. Die Akteure zerreißen sich für den SC.

7. Sachlichkeit und Kontinuität beim SC Freiburg

Typisch Streich: "Jetzt läuft‘s uns grad gut, und ich bereite mich drauf vor, wenn‘s wieder nicht so gut läuft." In Freiburg hebt keiner ab, wenn die Momentaufnahme "Tabellenspitze" zeigt. Und genauso wird keiner panisch, wenn es mal zwischendurch "Abstiegsplatz" heißt. Dadurch wird im Breisgau kontinuierlich gearbeitet. Und erfolgreicher als bei Vereinen, die gerne "Big City Club" wären, aber nur hinten rumkrebsen. Und gegen den SC verlieren …

8. Freiburg und Fortuna

Was wäre, wenn Herthas Jurgen Ekkelenkamp in der 74. Minute das Tor statt die Latte getroffen hätte? Das hätte sicherlich den Spielverlauf auf den Kopf gestellt, aber möglich wäre es gewesen. Stattdessen markiert Edeljoker Nils Petersen zwei Minuten nach seiner Einwechslung den Siegtreffer – sein 30. Jokertor im 250. Bundesligaspiel. Das gehört zum Erfolg dazu: Fortuna. Oder wie Streich es ausdrückt: "Wir haben gute Spielverläufe." Bei guten Saisonverläufen winken am Ende aussichtsreiche Europareiseverläufe ...