Verena Becker vor dem Gericht Foto: dpa

Die ehemalige RAF-Terroristin Verena Becker muss nicht in Haft. Der Strafsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart entschied, den noch nicht verbüßten Rest ihrer Freiheitsstrafe für vier Jahre zur Bewährung auszusetzen.

Stuttgart - Verena Becker muss nicht noch einmal ins Gefängnis. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart, die verbliebene Reststrafe der ehemaligen Terroristin der Roten Armee Fraktion zur Bewährung auszusetzen ist richtig und wichtig – die Richter beweisen Augenmaß.

 

Es spielt dabei keine Rolle, ob es sich um ein besonders schweres Delikt wie Mord handelt und deshalb eine Strafe zu verbüßen ist. Ebenso wenig fällt der Sühnegedanke ins Gewicht. Man darf der Verurteilten nicht vorwerfen, dass sie sich nicht inhaltlich geäußert und zur Aufklärung der Tat beigetragen hat. Diese Umstände hat das Gericht bereits bei seinem Urteil und der Festlegung der Höhe der Freiheitsstrafe gewichtet und berücksichtigt.

Für die Bewährung ist einzig und allein die Sozialprognose entscheidend. Und die ist aus Sicht des Senats günstig. Die Tat liegt mehr als 36 Jahre zurück. Verena Becker hat seither – mit Ausnahme von zwei Ladendiebstählen – keine Straftaten mehr begangen. Sie ist zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Sie saß zwölf Jahre im Gefängnis. Sie hat sich intensiv mit ihrer Vergangenheit auseinandergesetzt und sich in ihrem Gnadengesuch von früheren Überzeugungen losgesagt.

Ein Täter, auch ein Terrorist, muss nach einer verbüßten Strafe das Recht haben, ein Stück weit wieder in der Gesellschaft anzukommen. Die Frage, wer bei dem Attentat 1977 welche Rolle einnahm, bleibt weiter offen. Für Aufklärung könnten hier nicht nur die ehemaligen Terroristen sorgen. Sondern auch die Geheimdienste, das Bundeskriminalamt und der Verfassungsschutz. Das ist der eigentliche Skandal.