Flüchtlinge ziehen im Juni 1994 durch das Ngara-Gebiet in der Region Kagera in Tansania. Foto: dpa

Der Bundestag hat am Freitag der Opfer des Völkermords in Ruanda gedacht. Zugleich stellte sich die Frage nach dem Umgang mit aktuellen Konflikten.

Stuttgart - Es sind immer die gleichen Bilder von Flüchtlingslagern, zerstörten Dörfern und ausgemergelten Menschen, die um ihr Leben fürchten. Heute erreichen sie uns aus dem Südsudan, Mali, Kongo oder der zentralafrikanischen Republik, vor zwanzig Jahren aus Ruanda. Die Bilder ähneln sich, nur die handelnden Personen wechseln. Und das Verhalten der Politik?

Die Lehre aus dem Völkermord von Ruanda müsse sein, die Verantwortung eines „Niemals wieder“ wirklich ernst zu nehmen, forderte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) in der Gedenkstunde des Bundestags für die Opfer des Genozids. Doch davon ist in der Praxis noch immer wenig zu erkennen. Wieder blendet die Welt das unendliche Leid in den fernen Wüsten Afrikas aus – und ebnet damit den Weg für neue Formen eines Genozids, angetrieben durch soziale, ethnische und religiöse Konflikte. Das ist eine tödliche Ignoranz.

Auch Deutschland täte gut daran, seine Zurückhaltung abzulegen, sich stärker bei den Vereinten Nationen und in der EU einzubringen und offensiv eine Vermittlerrolle in den Krisenstaaten zu suchen. Gute Gründe für ein stärkeres Engagement gibt es genug, nicht nur, wenn geopolitische Interessen auf dem Spiel stehen. Schließlich treibt Afrikas Elend den Strom der Flüchtlinge nach Europa. Entscheidend ist es deshalb, nicht erst über eine Krise zu sprechen, wenn sie bereits eskaliert ist.

In Ruanda hat die Weltgemeinschaft viel zu spät eingriffen. Das darf nicht noch einmal passieren.

s.rometsch@stn.zgs.de