Tsipras setzt auf schnelle Neuwahlen in Griechenland. Foto: dpa

Griechenland soll zum zweiten Mal in diesem Jahr ein Parlament wählen – und wenn es nach Premier Alexis Tsipras geht, möglichst bald. Foto: dpa

Stuttgart - Kann das gutgehen? Im Eiltempo will Alexis Tsipras, Griechenlands oberster regierender Glücksspieler, seine Landsleute schon wieder ein Parlament wählen lassen. Wenn es nach ihm geht, bereits am 20. September. Gerade mal sieben Monate nach seinem triumphalen Sieg im Februar. Das heißt: Er wird im Parlament keine Vertrauensfrage stellen, es wird zuvor – wie von ihm selbst vorgeschlagen – keinen klärenden Syriza-Parteikongress geben, vor allem aber: Das Parlament wird in den kommenden vier Wochen bis zur Wahl in der Sommerpause bleiben und nicht mehr tagen. Was konkret heißt: Die Reform- und Sparauflagen, die mit dem dritten 86 Milliarden Euro schweren Hilfspaket verbunden sind, kommen nur äußerst langsam voran. Wenn überhaupt.

Wieder grassiert das Wahlfieber in Athen. Nach der vorgezogenen Parlamentswahl im Februar und der aufgeheizten Volksbefragung Anfang Juli drückt Tsipras jetzt wieder aufs Tempo, damit die Griechen noch über seinen Euro-Kurs abstimmen können, ehe sie die harten Folgen der neuen Sparpakete am eigenen Leib zu spüren bekommen. Die linke Wählertäuschung, noch Anfang des Jahres ein sicherer Erfolgsgarant, geht damit, unberechenbar, weiter. Denn welchen Wahlkampf will Tsipras führen? Zieht man seine überzogenen und aberwitzigen Versprechen von früher heran, tritt der Premier mit ziemlich leeren Händen vor sein Volk. Wie er den Spagat zwischen der Zustimmung zu den von ihm politisch aggressiv bekämpften Spar- und Reformforderungen des dritten Hilfspakets auf der einen und der Bitte um ein weiteres Mandat zum fortgesetzten hartnäckigen Widerstand gegen die selben auf der anderen Seite schaffen will, dürfte in den kommenden Wochen spannend werden. Zumal Tsipras die Neuwahlen mit der Anklage verkündete, klares Ziel der Euro-Partner sei es gewesen, Griechenland zu zerstören.

Gefährdet neue linke Abweichler-Partei Tsipras’Wahlsieg?

Für Griechenland – und damit für die Euro-Gruppe insgesamt – bedeutet das nichts Gutes. Denn von jetzt an wird in Athen wieder taktiert und getrickst. Und irgendwie Stimmung gegen Europa gemacht. Als ob die Katastrophe schon überstanden sei. Die oppositionelle Nea Dimokratia versucht den Wahltermin hinauszuzögern, um Syriza-Linksradikalen doch noch Gelegenheit zur offiziellen Spaltung zu geben, in dem sie den aussichtslosen Auftrag von Staatspräsident Prokopis Pavlopoulos angenommen hat, eine Regierung zu bilden. Zeit schinden, nennt man das. Denn sollten die unversöhnlichen Tsipras-Kritiker doch noch die nötige Zeit bekommen, eine weitere Linkspartei gründen, stünden die Chancen für Nea-Demokratia-Chef Evangelos Meimarakis nicht so schlecht, dass Tsipras hinter ihm ins Ziel kommt. Schließlich beschert das Wahlrecht dem Sieger 50 zusätzliche Mandate.

Den ersten Schritt hat die linke Syriza-Plattform bereits getan. Am Freitag traten 25 Syriza-Abweichler unter der Führung des geschassten Umwelt- und Energieministers Panagiotis Lafazanis aus der bisher 149 Abgeordnete starken Tsipras-Fraktion aus, um eine unabhängige Fraktion und eine neue Partei mit dem Namen Laiki Enotita (Einheit des Volkes) zu gründen. Ob sie Tsipras Wiederwahl gefährden können – das wird richtungsweisend in den kommenden Wochen sein. Und die Euro-Partner? Müssen sie, in Geduld geübt, wieder nur zuschauen, was Griechenland zu tun und zu lassen gedenkt? Oder sollten sie – zu Recht misstrauisch – die Hilfszahlungen stoppen, bis feststeht, dass Athen tatsächlich auf den Reformweg zurückfindet?

In Athen geht das Durcheinander also weiter. Das kostet Zeit, die das Land nicht hat. Einzige Konstante ist die Erkenntnis, dass Griechenland mit Tsipras kein verlässlicher Partner ist.

w.molitor@stn.zgs.de