Auszählung in Afghanistan Foto:  

Die Taliban hatten eine Welle von Anschlägen bei der Präsidentenwahl angekündigt. Millionen Afghanen ließen sich von der Terrordrohung nicht beeindrucken. Damit steht nun die erste demokratische Machtübergabe in dem Land bevor.

Stuttgart - Afghanistan hat gewählt. Das sagt sich so einfach. Am Hindukusch aber ist nichts einfach. Schon gar nicht der Versuch, freie Wahlen zu organisieren. Daher ist die Abstimmung über die Nachfolge des scheidenden Präsidenten Karsai auch nicht mit westlichen Maßstäben zu messen. Etliche Wahllokale blieben aus Furcht vor Anschlägen geschlossen. Es gab Versuche, Stimmzettel zu manipulieren. Und nur unter massiven Sicherheitsvorkehrungen war die Abstimmung überhaupt möglich.

Dennoch war dies eine ganz besondere, eine historische Wahl, denn die Afghanen haben tatsächlich gewählt – in großer Zahl und allen Terrordrohungen zum Trotz. Sie gaben nicht einfach ihre Stimme ab. Sie erhoben ihre Stimme – allein dadurch, dass sie sich an die Wahlurnen trauten. In dieser Abstimmung mit den Füßen drückt sich der elementare Wunsch nach einem Neuanfang aus.

So kann man, während die Auszählung der Stimmzettel noch läuft, bereits Wahlsieger küren: Gewonnen haben die mutigen Menschen in Afghanistan. Verlierer sind die Taliban.

j.sellner@stn.zgs.de