Der Dax erreicht 2013 Rekordwert Foto: dpa

Die Konjunktur in Deutschland läuft gut. Das ist aber für Politik und Wirtschaft kein Grund zu Leichtsinn, mein Klaus Köster.

Die deutsche Wirtschaft geht in Sektlaune in das Jahr 2014. Die Stimmung in den Chefetagen ist gut, weil bei den Verbrauchern der Geldbeutel lockerer sitzt. Und bei den Verbrauchern sitzt das Geld lockerer, weil sich wegen der Konjunktur viele derzeit keine Sorgen um ihren Arbeitsplatz machen. Es ist, als gäbe es dieses Mal einen umgekehrten Teufelskreis – die positiven Einschätzungen von Firmen und Verbraucher verstärken sich gegenseitig. Das klingt sehr verheißungsvoll für das Jahr 2014.

Wirtschaft ist zur Hälfte Psychologie heißt es. Das bedeutet zugleich, dass sie zur Hälfte aus anderen Faktoren besteht. Auch diese Faktoren verdienen Beachtung, denn Stimmung und Fakten können sich vielleicht vorübergehend voneinander abkoppeln – letztlich aber sind sie miteinander verbunden. Eine Politik, die nur auf die Stimmung setzt, wäre ebenso erfolglos wie eine Politik, die die psychologischen Auswirkungen ihres Tuns unberücksichtigt lässt.

Zu den Faktoren, die die Konsumlaune derzeit maßgeblich befeuern, gehören die niedrigen Zinsen. In einer Zeit, in der es kaum noch möglich ist, durch Geldanlage die Kaufkraft des Vermögens auch nur zu erhalten, entscheiden sich viele Menschen fürs Geldausgeben. Das befeuert die Konjunktur, sichert Arbeitsplätze und gute Erträge – doch die Basis dieses Booms ist instabil, denn es ist klar, dass es so nicht lange weitergehen kann. Weltweit pumpen Notenbanken Geld in Billionenhöhe in den Wirtschaftskreislauf, ohne dass dem auch nur annähernd eine entsprechende Steigerung der Güterproduktion oder der Kapazitäten gegenüberstünde. Ziel ist es, maroden Staaten und maroden Banken, die sich gegenseitig in die Tiefe zu ziehen drohen, das Überleben zu erleichtern.

Das Risiko jedoch, dass durch die niedrigen Zinsen weltweit Fehlinvestitionen begünstigt werden, ist hoch – und die stark anziehenden Immobilienpreise und Aktienkurse in vielen Teilen der Welt sind auch dem vielen Geld geschuldet, das nach Anlagemöglichkeiten sucht. Überhitzte Märkte aber erhöhen das Risiko des Zusammenbruchs. Der Einsatz in Billionenhöhe ist kaum noch steigerbar – und die zaghaften Versuche der amerikanischen Notenbank, die Geldschwemme zumindest einzudämmen, zeigen, wie schwierig es inzwischen ist, die Wirtschaft von der hoch dosierten Droge Geld herunter zu bekommen.

Auch Deutschland tut derzeit wenig, um zu einer Stabilisierung der Lage beizutragen. Eine künstlich befeuerte Sonderkonjunktur zum Ausgangspunkt für großherzige, teure Versprechungen zu machen, zeugt nicht gerade von Weitsicht. Genau dieser Versuchung aber ist die große Koalition auf breiter Front erlegen. Auch die Energiewende erweist sich als Konstrukt, das einst hastig zusammengeschustert wurde und heute zu immensen Belastungen führt, ohne dass dem auch halbwegs entsprechende Wirkungen für das Weltklima gegenüberstünden. Deswegen wird kaum ein Unternehmen seine Fabriken abreißen – doch viele überlegen sich längst, in welchen Ländern sie neue Fabriken bauen, wenn diese Entscheidungen anstehen. Schon heute bauen deutsche Autokonzerne ein ausländisches Werk nach dem anderen – in Deutschland dagegen ist schon seit vielen Jahren keines mehr entstanden. Die Energiewende kann diesen Exodus, der nur bis zu einem gewissen Grade gesund ist, noch befeuern.

„Die Stimmung ist besser als die Lage“, sagt Hans-Eberhard Koch, Präsident des Landesverbands der Südwest-Industrie, und warnt angesichts der guten Zahlen vor Selbstgefälligkeit. Wer aufhört, besser zu werden, fällt zurück. Das gilt für die Wirtschaft – und auch für die Politik.

k.koester@stn.zgs.de