Christian Wulff Foto: dpa

Kanzlerin Merkel geht mit Christian Wulff ganz auf Nummer sicher, sagt Norbert Wallet.

Berlin - In der Not erinnert sich Angela Merkel gerne des christdemokratischen Übervaters Konrad Adenauer. Mit dem Slogan "Keine Experimente" war dieser 1957 höchst erfolgreich in die Bundestagswahl gezogen. Keine Experimente - das war nun auch Merkels Motto bei der Kür ihres Kandidaten für die Köhler-Nachfolge im höchsten Staatsamt. Die Entscheidung zugunsten des Niedersachsens Christian Wulff folgt nüchternem Machtkalkül und pragmatischem Zweckdenken. Wulff, da kann Merkel sicher sein, wird das Amt routiniert und sicher ausfüllen, auf diplomatischem Parkett keine Fehler machen. Und dass er sich als Chefkritiker der Regierung aufspielen wird, dürfte bei ihm auch ausgeschlossen sein.

Allerdings kann man durchaus diskutieren, ob Merkel bei ihrer Festlegung den richtigen Maßstab angelegt hat. Ihre Leitfrage war offenkundig, was für sie und ihre Partei verträglicher, risikoloser ist. Wulff ist ein grundsolider Bürgerlicher, mit dem alle Strömungen in der Partei leben können. Das ist der Unterschied zu Ursula von der Leyen, die für manchen Konservativen, warum auch immer, eine Provokation darstellt. Zudem wird Wulff in Niedersachsen wohl durch David MacAllister, einen bekennenden Konservativen, ersetzt. Das ist gut für die innerparteiliche Balance.

Dennoch zahlt die CDU-Vorsitzende für diese risikofreie Variante auch einen Preis. Nach Roland Koch räumt nun der zweite CDU-Vize seinen Posten. Rechnet man Jürgen Rüttgers - vielleicht vorschnell - dazu, verliert die Union in schneller Folge drei profilierte Köpfe. Der Partei kommt ausgerechnet in einer nach Orientierung lechzenden Zeit viel Sachverstand abhanden.

Zum anderen fällt auf, dass Merkel offenbar nicht gerade auf die Aspekte der Amtsführung eines Bundespräsidenten Wert legt, die man bei Horst Köhler als unterentwickelt kritisiert hatte. Dass Wulff bislang durch die Macht des Wortes aufgefallen wäre, wird man kaum behaupten können. Dass seine Politik oder auch nur seine Debattenbeiträge den Hauch des Visionären trügen, ist auch zu hoch gegriffen. Fürs Visionäre hat die Naturwissenschaftlerin im Kanzleramt keinen Sinn. In Krisenzeiten gilt es, Probleme zu lösen: nüchtern, pragmatisch, ohne Ideologie. So sieht sie es. Er wird es nicht glänzend, aber sicher auch nicht schlecht machen.

Dass die Oppositionsparteien nun mit Joachim Gauck wieder einen sehr respektablen Kandidaten in ein strapaziöses und chancenloses Rennen schicken, ist legitim - besonders glücklich muss man es nicht finden.