Die Euphorie schwappt bei der EM von den Rängen auf das Team über. Foto: dpa/Andreas Gora

Die deutsche Handball-Nationalmannschaft hat mit dem Erreichen der Hauptrunde ihr erstes EM-Etappenziel erreicht. Unser Reporter Jürgen Frey schildert seine bisherigen Eindrücke.

Es läuft bisher alles nach Plan bei dieser Handball-EM. Auch wir haben bis jetzt alles ganz gut überstanden – auch gesundheitlich. Was nach dem Härtetest fürs Immunsystem im Fußballstadion in Düsseldorf nicht selbstverständlich war. Oben auf den Medienplätzen unterm Dach herrschten Sauna-Temperaturen, unten in den Katakomben Kühlhaus-Verhältnisse. Okay, es war ja auch nur ein Einmal-Event vor der Weltrekordkulisse von 53 586 Zuschauern. Der Zauber dieser Zahl tut im Kampf um öffentliche Aufmerksamkeit gut. Alles verständlich, alles kein Problem.

 

Längst sind wir im 600 Kilometer entfernten Berlin gelandet, besser gesagt mit dem Dienstwagen eingeparkt in der Nähe der denkmalgeschützten Reste der Hinterlandmauer East Side Gallery am Ostbahnhof. Ein historischer Ort.

Geschichte ist nun auch das XXL-Format vom Auftaktmatch. Das Fassungsvermögen im aktuellen Spielort ist auf ein Viertel geschrumpft, beim Schnuppern der bekannten Hallenluft in der schmucken Mercedes-Benz-Arena stellt sich ein gewisser Wohlfühlfaktor ein. Alles ist wieder ein bisschen kleiner, ein bisschen enger, ein bisschen mehr Porsche-Arena in Stuttgart.

Aber garantiert nicht leiser. Die anfängliche Begeisterung ist auf einem guten Weg, zu einer ausgewachsenen Euphorie zu werden. Die Welle schwappt von Donnerstag an nach Köln – und der Handball surft munter drauf herum, fair und friedlich. Aus den Lautsprechern dröhnt dann auch in der Lanxess-Arena „sold out“ – ausverkauft.

Grandiose Färöer-Fans

Deshalb richtet der DHB diese Turniere ja aus. Doch noch mehr als die Einnahmen braucht die Sportart die Strahlkraft. Dass diese bis zu den Färöer-Inseln reicht, zeigen die grandios-sympathischen Fans des Turnierneulings auf beeindruckende Weise.

Die EM könnte zum Wintermärchen werden. Doch das steht und fällt mit dem Abschneiden des Heimteams. Die von schwarz-rot-goldenen Partyfeierlichkeiten begleiteten Auftaktsiege ändern nichts daran, dass die sportliche Fallhöhe groß ist, die dicken Brocken kommen erst noch, das Erreichen des Halbfinales wird ein hartes Stück Arbeit.

Aber schon jetzt lässt sich sagen, dass dieser freche, hungrige und nahbare Haufen um den hochbegabten Juri Knorr in der Beliebtheitsskala des Publikums gute Chancen hat, weit nach oben zu klettern. Wir werden es weiter begleiten und sind irgendwie froh, dass es nicht mehr ins Fußballstadion geht. Nicht nur der Gesundheit wegen.