Szene aus einem Koi-Video, mit dem ein Journalist bei Youtube auf Leserfang geht Foto: Decksmann

Die Ansprüche, die an Journalisten gestellt werden, wachsen immer mehr. Menschen mit Katzenhaar-Allergie, meint StN-Karriereplaner Tom Hörner, haben in dem Beruf kaum noch eine Chance.

Stuttgart - Schön, meine Damen und Herren, dass Sie hierhergefunden haben. Ist ja heutzutage keine Selbstverständlichkeit mehr, dass man als schreibender Zeitgenosse noch sein Publikum findet. Wobei ich natürlich nicht weiß, wie Sie zu mir gelangt sind, über Twitter, Facebook, Google. Oder ob Sie noch zu jener womöglich aussterbenden Spezies gehören, die dem Papier den Vortritt gibt.

Ich persönlich halte es mit dem Papier. Wie wertvoll dieses Material ist, habe ich erst diese Woche wieder festgestellt, als ich auf dem Redaktionsklo saß und kein Papier mehr da war. Da hätte ich mir gewünscht, dass einer dieser Kerle reingekommen wäre, der ständig für ein papierloses Büro plädiert. Aber das steht auf einem anderen Blatt.

Selbstverständlich folge auch ich dem Credo des modernen Journalismus’: Wenn Du was weißt, schieße aus der Hüfte. Und zwar auf möglichst vielen Kanälen. Neulich habe ich auf einem Seminar erfahren, dass junge Leute, wenn Sie im Netz etwas suchen, gar nicht mehr erst zu Google gehen, sondern zur Videoplattform Youtube. Dort finden sie auf anschauliche Weise die Lösung ihres Problems.

Katzenvideos gehen immer und überall

Seit ein Kollege das mitbekommen hat, dreht er mit seinem Handy ständig Filmchen. Sein bevorzugtes Objekt sind die Fische seines Aquariums, vermutlich, weil er in dieser Jahreszeit nicht gern vor die Haustüre geht. Wenn er erst als Aquariumfilmer eine Marke ist, sagt er, werde er sein Netz weiter auswerfen und auf Youtube seine Artikel vorlesen.

Ich fürchte, der Kollege setzt aufs falsche Tier. Wer wirklich multimedial beachtet werden will, muss Katzenvideos drehen. Katzenvideos gehen immer und überall. Und das schon seit Jahren. Ich hätte das längst getan, leider bin ich Katzenhaar-Allergiker. Früher hätte einen das als Journalisten kaum gejuckt, abgesehen davon, dass man für Artikel über die örtliche Katzenhilfe eher ungeeignet war. Inzwischen muss ich mir eingestehen: Die ganz große publizistische Karriere ist mir als Katzenhaar-Allergiker verbaut.