Spoken-Word-Performance: Danyal Bayaz rezitiert Rapper Torch. Foto: dpa/Nico Pointner

Von Danyal Bayaz bis Marco Buschmann: Unser Kolumnist sagt, warum Politiker nicht rappen und auch keinen Techno produzieren sollten.

Vor wenigen Jahren bezeichnete ein CSU-Politiker in einer Talkshow Roberto Blanco als „wunderbaren N. . .“. Der Aufschrei war groß, und selbst Stammtisch-Schwätzer sollten inzwischen kapiert haben, dass das N-Wort ein rassistischer Mistbegriff ist. Darüber hinaus sagt der Vorfall aber auch etwas aus über die musikalischen Vorlieben der Christdemokraten.

 

Ein bisschen Spaß muss sein! Ob in der CDU/CSU heute ein besserer Musikgeschmack herrscht, ist umstritten. Bei den Grünen ging dagegen schon früh der sogenannte Punk ab. Jürgen Trittin konnte man unter seinem Pseudonym DJ Dosenpfand auf jede Party buchen. Und die ehemalige Managerin der Band Ton Steine Scherben, Claudia Roth, ist heute Kulturstaatsministerin.

Ist das schon kulturelle Aneignung?

Durch Popkultur sozialisierte Staatsvertreter bringen ihren privaten Musikgeschmack in die Politik mit. Pop und Punk können daher heute nicht mehr so leicht gegen den Staat rebellieren, weil sie von dessen Vertretern ohne Rücksicht auf Verluste umarmt werden. Das ist schade.

Vor allem für Hip-Hop. Denn viele Grüne fühlen sich bemüßigt, bei jeder Gelegenheit ihre Nähe zum Rap zu betonen. Wenn der grüne Bundesvorsitzende Omid Nouripour bei einer Parteiparty „Jump around“ von House of Pain auflegt, dann ist das drollig und wird maximal mit lebenslangen Einladungen auf Ü-40-Partys bestraft. Bei Finanzminister Danyal Bayaz kippt die Überbetonung seiner Hip-Hop-Liebe aber langsam in Richtung kultureller Aneignung, ohne dieses Fass aufmachen zu wollen, aus dem sofort ein Winnetou mit Dreadlocks herausspringt.

Kein Rap, sondern Spoken Word

Da vermisst man Winfried Kretschmann schon jetzt, dessen staatstragende Betonung von Hip-Hop auf der zweiten Silbe seinen Bezug zu dieser Musikrichtung ganz gut auf den Punkt bringt. Bei Bayaz wirkt es dagegen so, als wolle er den Jungwählern zeigen: Schaut einmal, der lustige Onkel hat einen Flow, der wirklich fly ist. Leider ist das ganz arg cringe. Das zeigte sich kürzlich, als Bayaz einen Song der Heidelberger Rap-Legende Torch in einer Art Spoken-Word-Performance zum Besten gab, mit der man höchstens Germanistikstudierende beim Poetry-Slam in Osnabrück beeindruckt.

Dabei wäre deutscher Hip-Hop doch eigentlich ein Fall für die FDP: Es wird gerappt über Leistung („ordentlich was vertickt auf der Straße“) und die Lieblingsautos von Christian Lindner. Leider hat die FDP aber eine Schwäche für elektronische Musik – Bundesjustizminister Marco Buschmann produziert unter dem Pseudonym MB Sounds Techno, der klingt, als hätte man schlechte Pillen und verklebte Gummibärchen zum Sound der Love-Parade von 1995 gemixt. Das schreit nach musikalischen Koalitionsverhandlungen zwischen Bayaz und Buschmann. Titel des ersten gemeinsamen Albums: Nepper, Rapper, Bauernfänger.