Eine Erfindung aus Japan könnte die Gourmet-Szene elektrisieren. Gleichzeitig eröffnen sich damit ganz neue Möglichkeiten der Krankheitsprävention. Das könnte auch den Bundesgesundheitsminister interessieren.
Wer als Gesundheitspolitiker die Bürger zu einer gesunden Lebensweise animieren will, sollte mit gutem Beispiel vorangehen. Karl Lauterbach verhält sich in dieser Hinsicht mustergültig. Weil er um die gesundheitlichen Risiken eines hohen Salzkonsums weiß, isst der Gesundheitsminister schon seit Jahrzehnten keine gesalzenen Speisen. Wie zu hören ist, gibt es bei Buffets im politischen Berlin immer einen eigens für den Minister reservierten Bereich.
Die Gefahr, dass andere sich an Lauterbachs Katzentischchen bedienen, dürfte sich indes in Grenzen halten. Wer will schon komplett auf Salz verzichten? Und der Körper braucht ja auch etwas Natrium – die Angaben schwanken zwischen 500 und 1500 Milligramm am Tag, was gut einem bis knapp vier Gramm Kochsalz entspricht. Die WHO empfiehlt eine maximale tägliche Salzaufnahme von fünf Gramm. Der weltweite Durchschnittskonsum ist mit 10,8 Gramm jedoch mehr als doppelt so hoch. Das erhöhe etwa das Risiko von Bluthochdruck und Nierenerkrankungen, warnt die Organisation.
Es dürfte allerdings schwer werden, relevante Teile der Bevölkerung von der Lauterbach-Diät zu überzeugen, zumal den Mann nicht gerade die Aura eines Genussmenschen umweht. Eine mögliche Lösung für das Dilemma zwischen Genuss und Gesundheit haben Wissenschaftler aus Japan in Zusammenarbeit mit dem Getränkekonzern Kirin Holdings entwickelt: Essbesteck, durch das elektrischer Strom fließt. Anfangs arbeiteten die Forscher an elektrischen Essstäbchen, später kamen ein ebensolcher Löffel und eine E-Suppenschüssel dazu.
50 Prozent mehr Salzgeschmack
Testesser hätten die Wirksamkeit belegt, heißt es in einer Mitteilung. Die Entwickler hatten einer Gruppe von Versuchspersonen eine etwas fade Suppe serviert, die ein Drittel weniger Salz enthielt als üblich. Nachdem der Strom eingeschaltet worden war, berichteten fast alle Probanden, dass die Suppe salziger und damit besser schmecke. Insgesamt sei der empfundene Salzgeschmack etwa 50 Prozent stärker als ohne Elektrostimulation, was eine salzarme Ernährung erleichtere. Etwas skeptisch mag manchen stimmen, dass die Erfindung mit dem Ig-Nobelpreis prämiert wurde, der für besonders skurrile Forschung vergeben wird. Dahinter verbirgt sich aber oft seriöse Wissenschaft, „die uns erst zum Lachen und dann zum Nachdenken bringt“, wie es in den Statuten heißt.
Denken wir also ein wenig nach und gehen der Frage nach, wie das elektrische Salz überhaupt funktioniert. Manche erinnern sich vielleicht noch daran, wie man früher ausprobierte, ob eine 9-Volt-Blockbatterie noch genügend Saft hatte: einfach beide Pole an die Zunge halten. Wenn es bitzelt, ist die Batterie noch okay. Dieses Prinzip machen sich auch die Entwickler des E-Bestecks zunutze. Allerdings verwenden sie eine relativ geringe Stromstärke von 0,1 bis 0,5 Milliampere. Die Wirkung kann man sich etwa so vorstellen: Wenn Strom fließt, bewegen sich negativ geladene Elektronen. Diese ziehen positiv geladene Natriumionen aus dem gelösten Kochsalz an, wodurch mehr von ihnen im Mund unterwegs sind. Das sorgt wiederum dafür, dass die Geschmacksrezeptoren etwas mehr Natrium abbekommen: Der Salzgeschmack wird verstärkt.
Vorsicht beim Restaurantbesuch
Die Forscher haben das Ziel, auch andere Geschmäcker per Elektrostimulation zu verstärken und quasi eine Art E-Glutamat zu entwickeln. Deshalb heißt es: Augen auf beim nächsten Restaurantbesuch! Hat die Gabel einen ungewöhnlich dicken Griff, in dem sich ein Akku verbergen könnte? Sieht die Suppenschale irgendwie anders aus? Oder verspricht die Speisekarte „spannende kulinarische Erlebnisse?“ All das könnte darauf hindeuten, dass hier mit KI-generierten E- Geschmacksfakes gearbeitet wird.
Auch Krankenkassen könnten Interesse an intelligentem E-Besteck haben. Übersteigt die aufgenommene Kalorienzahl den erlaubten Höchstwert, wird automatisch der Hochspannungsmodus aktiviert. Da legt jeder schnell das Besteck weg. So ließe sich endlich dem Volksleiden Übergewicht beikommen. Herr Lauterbach, übernehmen Sie!