Wer kaputt ist, darf sich auf dem Anhänger ausruhen. Foto: Setzer

Wenn Kleinkinder die Sprache für sich entdecken, geht’s ab. Zu Hause wird ohne Punkt und Komma gelabert. Zeit, sich als Eltern auch mal selbst zuzuhören, meint unser Kolumnist. Schadet nicht.

Stuttgart - Die Kraft der Worte und Wörter, da ist längst nicht alles gesagt. Bei uns zu Hause wird mittlerweile pausenlos gelabert. Der Zweijährige entdeckt Wörter, die zu Gegenständen oder Sachverhalten gehören und ruft sie dann ausdauernd durch die Wohnung.

Werfen!

„Mannomannomann“, sagt er, schüttelt ungläubig den Kopf und rollt mit den Augen. Keine Ahnung, wem er das abgeguckt hat. Manchmal erfindet er auch eigene Wörter. Manchmal zählen wir bis „sülf“ – das ist die Zahl irgendwo zwischen „swei“, „dei“ und „digge Pabba“.

Elterliche Ratschläge wie „Nein, nicht werfen. Du sollst das doch essen!“ ignoriert er derweil gekonnt weg. Oder er merkt sich nur: „werfen!“. Dann verteilt der Junge liebevoll zubereitete Speisen auf dafür nicht vorgesehene Flächen in unserer Behausung - oder auf der Hündin.

Kinder und Ironie – klappt nicht

Der Lebenskreislauf mittlerweile: kochen, essen, Kind reinigen, Wohnung renovieren und dann noch den Hund duschen. Das muss man natürlich mit Humor nehmen. Ironie aber lieber nicht. Die funktioniert bei Kindern nur bedingt.

Ich: „Hui, da ist ja noch was auf deinem Teller. Willst du das nicht auch noch auf den Boden werfen!“

Kind: *pflatsch*

Ich: „Ach, super! Wisch deine Hände doch an meiner Hose ab!“

Kind: *wisch*

Frau: „Oh, Mann!“

Kind: „Manomannomann!“

Kaputt!

Das Wort „kaputt“ nutzt der Junge dagegen mit Bedacht. Er hat mitbekommen, dass das nicht gut ist, wenn etwas kaputt ist. Manchmal kann man das „reparieren“, manchmal isses aber auch einfach kaputt. Den vom Tisch gefallenen Bagger haben wir repariert, das Müllauto ebenfalls, beim Glas jedoch kam jede Hilfe zu spät. „Kaputt“, sagt der Kleine und ist traurig, weil das ja nicht seine Absicht war. Kaputtmachen.

Sprache und ihre Wirkung

Und dann kommt der Moment, in dem man sich hinsetzt und gedankenverloren sagt: „Boh, ich bin kaputt!“ Das Kind guckt, überlegt, dann versteinert sich seine Miene. „Pabba kaputt!“, sagt er und schaut viel zu ernst für sein Alter.

„Nein, nein, nein“, versuche ich ihn zu beruhigen. „Ich bin nicht kaputt. Nur erschöpft. Müde.“

Kind: „Ah, müde!“. Er nickt wissend, zeigt auf mich und macht dann grinsend Schnarchgeräusche, „Pabba müde. Laut“.

Ich: „Mannomannomann“ Lesen sie mehr aus der „Kindskopf“-Kolumne

Michael Setzer ist seit über zwei Jahren Vater. Früher haben Eltern ihre Kinder vor Leuten wie ihm gewarnt. Niemand hat ihn vor Kindern gewarnt. Er schreibt die „Kindskopf“-Kolumne in der Stuttgarter Zeitung.