Abt Christian Temu: Der Afrikaner leitet die Benediktiner Abbey in Tansania und favorisiert als neuen Papst Luis Antonio Gokim Tagle (67), den früheren Erzbischof von Manila. Foto: Kolpingsfamilie

Abt Christian Temu aus Tansania teilt der Kolpingsfamilie Salzstetten seine Einschätzung zum großen Momentum der katholischen Weltkirche mit.

Die katholische Kirche mit ihren über 1,4 Milliarden Mitgliedern wächst am Rasantesten in Afrika und Asien. Die Rufe aus diesen Potenzial-Kontinenten auf den Stuhl Petri werden lauter. Der afrikanische Abt plädiert für einen neuen Papst aus den boomenden Kontinenten.

 

Christian Temu, Abt der Benediktinerabtei Ndanda in Tansania:

Meine Überlegungen zum nächsten Papst sind: Jede Entscheidung im Leben, auch die Wahl eines neuen Papstes, sollte die weltweite Realität der Kirche berücksichtigen. Die Wirklichkeit ist: Die Kirche wächst in der entwickelnden Welt und schrumpft in der entwickelten Welt. Aus diesem Grund glaube ich, dass es besser wäre, wenn der Nachfolger von Franziskus aus jenem Teil der Welt stammt, in dem der Glaube lebendig und wachsend ist. Dieser Teil ist Afrika und Asien. Auch Südamerika sollte in Betracht gezogen werden.

Warum sollte der Papst aus der entwickelnden Welt kommen? Müssen wir nicht dem weltweiten Wachstum der Kirche in anderen Kontinenten Rechnung tragen?

Die katholische Kirche wächst am schnellsten in Afrika und Asien. In Europa und Nordamerika sind die Zahlen stabil oder rückläufig, aber in Ostafrika, Zentralafrika, Nigeria, den Philippinen und Indien boomt die Kirche. Es ist sinnvoll, dass die Führung dort ansetzt, wo die Energie und die Zukunft des Katholizismus liegen.

Das globale Gesicht der heutigen Kirche

Kann so die Vielfalt der Kirche besser abgebildet werden?

Seit langer Zeit waren die meisten Päpste Europäer. Die Wahl eines Papstes aus Afrika oder Asien würde das globale Gesicht der heutigen Kirche besser widerspiegeln und zeigen, dass der Katholizismus nicht nur ein „westlicher“ Glaube ist, sondern wirklich universell.

Was bedeutet dies für die neue Perspektive?

Viele Führungsfiguren aus Afrika und Asien bringen eine starke, lebendige moralische Autorität mit, die durch lokale Herausforderungen wie Armut, Konflikte und religiösen Pluralismus geprägt ist. Ein Papst aus diesen Regionen könnte frische Ansätze zu Themen wie soziale Gerechtigkeit, interreligiöser Dialog und Menschenrechte einbringen.

Wäre dies ein Zeichen der Versöhnung?

Die Kirche hat eine komplexe Geschichte in Bezug auf Kolonialismus und Missionsarbeit. Ein nicht-europäischer Papst könnte ein starkes Symbol für Heilung und neue Anfänge sein und zeigen, dass die Kirche ihre koloniale Vergangenheit hinter sich gelassen hat und auf echte globale Gleichberechtigung zusteuert.

Erneuerung des weltweiten Katholizismus

Sind dies junge und dynamische Kirchenkulturen?

Kirchen in Afrika und Asien haben oft jüngere, dynamischere Gemeinden im Vergleich zu den alternden Gemeinden Europas. Ein Papst aus diesen Regionen könnte eine jugendliche, energetische Erneuerung des weltweiten Katholizismus inspirieren.

Wen wünschen Sie sich als neuen Papst?

Wir bräuchten jemanden, der einfach, realistisch und nicht so sehr ein Intellektueller, sondern ein Seelsorger ist. In diesem Sinne denke ich, dass jemand gewählt werden sollte, der mehr oder weniger ähnlich wie Franziskus ist. Mein derzeitiger Favorit ist Tagle von den Philippinen. Ambongo Besungu könnte auch eine gute Wahl sein, aber ich kenne ihn persönlich nicht so gut. Ich habe Tagle getroffen und er hat auf mich einen sehr positiven Eindruck gemacht: ein einfacher und bodenständiger Mann. Er ist ein echter Pastor.

Der Abt

Christian Temu
steht seit 2021 der Missions-Benediktiner-Abtei Ndanda in Tansania vor, zu der knapp 100 Mönche gehören. Seit vielen Jahren pflegt er die Verbindungen zur Kolpingsfamilie Salzstetten, die Benediktiner-Projekte in Afrika unterstützt, neuerdings eine Kloster-Neugründung mit Krankenstation in Mecua in der Erzdiözese Nampula in Mosambik.