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Bürgerbegehren wird auf Weg gebracht. 350 Unterstützer sind nötig.

Königsfeld - Die Diskussion um die Ansiedlung eines Discounters und eines Drogeriemarktes in Königsfeld geht weiter. Nun startete ein Bürgerbegehren, im Rahmen dessen Unterschriften gegen die Pläne gesammelt werden. Hat es Erfolg, könnte es zum Bürgerentscheid kommen.

Das Coronavirus legt Deutschland lahm. Doch selbst in Zeiten des Stillstandes bleibt Königsfeld mobil – zumindest beim Thema Aldi und Rossmann. Nachdem sich der Gemeinderat bereits in seiner Sitzung am 19. Februar für die Ansiedlung des Discounters und des Drogisten ausgesprochen hatte, haben drei Königsfelder – Aglaia Eck, Hans-Beat Motel und Andreas Dogor – ein Bürgerbegehren initiiert. Ziel ist es, den Bau in letzter Sekunde zu verhindern.

Auf Nachfrage unserer Zeitung erklärt Dogor, man habe diesen Schritt, den er als "stärkste bürgerliche Waffe" bezeichnet, eingeleitet, da "alles andere" nichts genützt habe. So seien etwa Wortmeldungen im Zuge der Bürgerfragestunde diverser Gremien nicht kommentiert worden, eine Diskussion, wie man sie sich gewünscht hätte, wäre ausgeblieben. "Wenn man uns anderweitig kein Gehör verschafft, wählen wir das Bürgerbegehren."

Was genau dahinter steckt, ist im Beteiligungsportal des Landes Baden-Württemberg nachzulesen. Demnach gelten bestimmte Voraussetzungen für die Zulassung. Der für Königsfeld wohl wichtigste Aspekt ist in diesem Zusammenhang die Unterstützung aus der Bürgerschaft. Sieben Prozent aller wahlberechtigten Königsfelder müssen sich mit ihrer Unterschrift für das Bürgerbegehren aussprechen, damit es dem Gemeinderat vorgelegt werden kann. Sollte der Antrag zulässig sein, leitet das Gremium einen Bürgerentscheid ein. Dann dürfen alle wahlberechtigten Königsfelder über den Bau von Aldi und Rossmann abstimmen.

Ziel: 350 Unterschriften

Laut Dogor ist die Sammlung der benötigten Unterschriften bereits am Dienstag angelaufen – trotz der Corona-Krise. Das liege daran, dass man die gesetzlichen Fristen einhalten müsse, wonach das Begehren drei Monate nach der Entscheidung des Gemeinderats auf den Weg gebracht werden müsse.

"Wir haben jetzt noch zwei Monate Zeit zum Sammeln", erklärt er. 350 Unterschriften seien das Ziel. Aufgrund der aktuellen Situation beschränke man sich auf Telefon, E-Mail und Messenger-Dienste, um Unterstützer zu gewinnen. Zwar erschwere Corona die Umsetzung, Dogor ist aber dennoch optimistisch. "Etliche Unterschriften" seien bereits da – wenngleich genaue Zahlen noch fehlen.

Die Initiative habe sich indes nicht nur das Ziel vorgenommen, 350 gültige Signaturen zu erhalten, sondern auch ein Zeichen der anderen Art zu setzen. Demnach kämen nicht nur wahlberechtigte Königsfelder, sondern auch Unterstützter aus dem Umland oder unter 16-Jährige, die sich gegen das Projekt aussprechen, gern auf die Liste. Diese Stimmen zählen allerdings nicht offiziell.

"Es geht um den Symbolcharakter. Wir wollen zeigen, wie groß der Widerstand ist", betont Dogor. "Wir sammeln nicht Unterschriften auf Teufel komm raus, sondern von Leuten, die sich mit uns solidarisieren." Viele Villinger etwa kämen nach Königsfeld, um die Ruhe zu genießen. "Da sagen viele, es sei eine Katastrophe, was geplant wird", betont er.

Da alle Unterschriften unter dem Begehren einzeln vom Rathaus auf ihre Gültigkeit geprüft werden müssen, zeigt sich Bürgermeister Fritz Link am Mittwoch ob dieser Neuigkeit überrascht. Er höre zum ersten Mal davon, dass auch ungültige Stimmen bewusst aufgenommen werden: "Wenn man das so machen würde, ist der Verwaltungsaufwand ein Vielfaches höher." Dies würde nicht dem bisher angekündigten Ziel der Fairness und Transparenz entsprechen.

Respektvolle Gespräche

Tatsächlich zeigen sich die Projektgegner in ihrer Ankündigung ungewöhnlich mild gegenüber der Verwaltung. "Die Gespräche und Kontakte mit Herrn Bürgermeister Link und Herrn Krebs sind auf einer durchweg sachlichen, von Respekt geprägten, konstruktiv-kooperativen Ebene geführt worden, der Dialog war klar im Vordergrund", heißt es hierzu. "Für die weitere Zusammenarbeit wurde weiterhin Transparenz vereinbart."

Im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten nennt Link das Bürgerbegehren eine "legitime Möglichkeit der Partizipation". Man halte sich an Recht und Gesetz, müsse aber auch feststellen, dass die Möglichkeit, bis zum Einleitungsbeschluss ein Bürgerbegehren anzustreben, die Entscheidungen im Bauleitplanverfahren erschwere. "Wir haben Meinungsfreiheit in einer Demokratie, aber Entscheidungsprozesse werden erheblich verzögert", sagt er.

Ansichten differieren

Man könne schon "die Frage stellen, ob man in so komplexen Verfahren ein Bürgerverfahren zulässt", doch der Gesetzgeber habe das so entschieden. "Wir haben einen wirklich intensiven Meinungsbildungsprozess hinter uns, immerhin sind wir schon anderthalb Jahre mit der Frage beschäftigt, und wir haben uns die Entscheidungsfindung in den Gremien, vom Ortsteilausschuss beginnend bis zu den Fachausschüssen und dem Gemeinderat, nicht einfach gemacht", meint er. Das Ergebnis sei eindeutig ausgefallen.

Blickt man auf die Aussagen des Rathauses und der Initiatorengruppe, scheint sich derweil nicht nur die Ansicht über das Projekt an sich, sondern auch der Schritt nach Einreichung des Begehrens zu unterscheiden. Für Dogor und seine Mitstreiter gäbe es laut eigener Aussage drei Möglichkeiten, wenn es zugelassen wird: Erstens könne der Gemeinderat seinen Beschluss zurückziehen, zweitens einen Bürgerentscheid innerhalb der nächsten vier Monate terminieren oder drittens einen Kompromiss mit den Gegnern finden.

Für Bürgermeister Fritz Link ist derweil bei Zulassung der Bürgerentscheid der einzig richtige Weg. "Wir stellen uns gern dem Votum der Bürger. Ich bin persönlich überzeugt, nachdem was wir an Stimmungen wahrnehmen – auch wenn das immer subjektiv, nicht repräsentativ ist –, dass es zugunsten der Ansiedlung ausgeht."