Über die Ansiedlung von Aldi und Rossmann wird kontrovers diskutiert. Foto: Hübner

Kontroverse Diskussionen. Zehn Gemeinderäte stimmen für Weiterverfolgung der Ansiedlung.

Königsfeld - Hoch her ging es im Gemeinderat bei der Diskussion um eine Aldi- und Rossmann-Ansiedlung. Das Gremium entschied sich schließlich mehrheitlich für das Projekt.

Zunächst waren die Gäste an der Reihe. Laut Berthold Müller wurde die Meinung der Ortsteile bisher zu wenig berücksichtigt. Die Ansiedlung tue der Idylle Königsfelds keinen Abbruch. Wegen der Ablehnung des ersten Standorts seien Anwohner der Jahnstraße nun die Dummen. Es könnten 30 bis 40 Arbeitsplätze entstehen. Irritiert hätten ihn lautstarke Angriffe gegen Bürgermeister Fritz Link.

Für eine 17-jährige Einwohnerin überwogen negative Punkte der Ansiedlung. Königsfeld sei naturschön, Aldi passe nicht in die Landschaft. Allgemeinmedizinerin Barbara Hoss mahnte, dass die Belieferung 20 Meter vom nächsten Wohnhaus geschehen könnte und befürchtete gesundheitsschädigende Lärmbelästigung: "Aldi ist ein Angriff auf die Gesundheit der Anwohner." Link fragte sie, ob er diese "für dumm verkaufen" wolle, angesichts der Äußerung, "die Verkehrslärmabschottung soll durch die Bebauung für Anwohner verbessert werden".

Frank Kramer sah den Charakter des Orts durch Aldi beschädigt. Alexandra Durli erinnerte, dass Neukauf auch beliefert wird. Hans-Beat Motel mahnte das "christliche Modell" der Gründung Königsfelds an und bat dringend darum, sich um den Leerstand am Zinzendorfplatz zu kümmern.

"Discounter gibt es in jedem Ort"

Der Kirche liege das Wohl der Bürger am Herzen, so Pfarrer Christoph Huss. Er sei aber überzeugt, dass sie nicht auf dem Stuhl des Gemeinderats sitzen solle. Er wünschte sich eine "reelle Chance für den CAP-Markt, sich zu präsentieren".

Stephanie Richter mahnte zum "gelungenen Dialog ein Minimum an Wertschätzung" an und warf Link unfaires Verhalten vor. "Discounter gibt es in jedem Ort, Wohlfühleinkaufen nur an wenigen."

Alles, was Discounter bieten, gäbe es schon in Königsfeld, so Harald Königsberger. Ulrich Sommer berichtete von einem Testkauf, bei dem sich bei 45 Edeka-Produkten ein Preisunterschied von 15 bis 20 Prozent zu Aldi zeigte.

Gerhard Dingler prophezeite mit der Ansiedlung "ein weiteres Sterben im Kernort" von Einzelhändlern. Sie gehe zuerst in den Discounter, so Andrea Leithold, die Geldnöte junger Familien zu bedenken gab. Ähnlich sah das eine weitere Dame. Edeka habe jahrelang Monopolsicherung betrieben, so Oliver Schmid. Nach Meinung von Axel Maier wäre Aldi für Ältere nur schwer erreichbar.

Ortsbaumeister Jürg Scheithauer ging auf den zur Ansiedlung nötigen Gebietstausch mit der Brüdergemeine ein. Die Abschattung gegen Lärm werde durch einen Sachverständigen untersucht, so Link. Parkplätze solle man nicht weiter nach Norden ziehen. Mangels Gewerbegebiet sei eine Ansiedlung dort unmöglich und kontraproduktiv, da dann die fußläufige Verbindung fehle.

Der Marktanteil der Discounter liege bei 46 Prozent, so Stefan Holl, Geschäftsführer der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung. Durch geringeren Kaufkraftverlust und weitere Kunden gehe man von positiver Beeinflussung der Ortsmitte aus und Umsatzverlusten Edekas von bis zu zehn Prozent. Wenn man jeden zweiten Einkäufer in Königsfeld halte, könne das jährlich 2,7 Millionen Autokilometer sparen. Zum CAP-Markt sagte Holl: "Ich würde nichts drauf geben, weil Edeka vieles besser anbietet." Der Treff-Markt sei schon die vergangenen Jahre nicht mehr gewinnbringend gewesen.

Sicherstellung der Grundversorgung

"Niemand will ein Prestigeobjekt bauen", so Link. Es gehe um Sicherstellung der Grundversorgung und Bevölkerungsgruppen, die gezwungen seien, günstig einzukaufen. Beate Meier wünschte sich, anwesende Edeka-Vertreter hören zu können. Die hätten nicht angeregt, ihr Konzept im Gemeinderat vorzustellen, so Link. Trotz mehrfacher Anfragen seit September 2019 liege kein Konzept für den Treff-Standort vor. Es gebe nur die vage Aussage, bis Ende 2020 eines entwickeln zu können. Man begrüße eine Ansiedlung im Kernort, werde aber weitere Alternativen untersuchen. "Die Gemeinde wird sich nicht noch mal auf die Monopolisierung des Edekas einlassen." Für Unruhe sorgte Links Beschuldigung "gezielter Desinformation" und dass die Verwaltung in Misskredit gebracht werde. Er behalte sich rechtliche Schritte vor.

Jens Hagen zweifelte, ob man mit "kleinem Portemonnaie" die Friedrichstraße rettet und mahnte, dass potenzielle Kunden dort keinen Parkplatz fänden. "Ich halte Edeka nicht für einen Heilsbringer", so Hagen. Es gebe dort aber 40 bis 43 Arbeitsplätze, bei Aldi in der Regel 15 bis 18.

"Die Zukunft ist nicht billig, billig, billig", so Franziska Hornscheidt. Mehr Zeit zur Entscheidung wünschte sich Birgit Helms. "Edeka ist kein Monopolist sondern Konkurrent zur Friedrichstraße", meinte Marielle Dannert. Tante-Emma-Läden seien wegen Discountern ausgestorben.

"Absolut gegen die Absicherung eines Monopols" war Stefan Giesel.

Laut Ortsvorsteher Heinz Kammerer könnten sich Ältere in Weiler den Aldi "sehr gut vorstellen", da sie nicht gern in große Städte fahren.

Am 25. März Bürgerversammlung

"Der ökologische Fußabdruck entscheidet sich nicht bei Aldi", so Hans Mack, der eher auf Flug- und Schiffsreisen und vor allem den Wohnraum als entscheidend verwies. Frank Schwarzwälder brachte eine Lärmschutzwand zur Jahnstraße ins Gespräch. Laut Ortsvorsteherin Sabine Schuh sind "mindestens 90 Prozent" in Neuhausen für die Ansiedlung.

"Edeka hat als erstes auf der grünen Wiese gebaut und den Einzelhandel im Stich gelassen", sei auch kein Freund der Landwirtschaft, so Matthias Weißer.

Bernd Möller erinnerte an die Prophezeiung des "Untergangs Königsfelds" zu Zeiten der Ansiedlung Edekas zwischen den Schulen. Der Gemeinderat sei verpflichtet, die Daseinsfürsorge sicher zu stellen.

Zehn Gemeinderäte stimmten für die Weiterverfolgung der Ansiedlung. Dagegen stimmten Dannert, Hagen, Helms, Hornscheidt und Meier. Link kündigte für den 25. März um 18.30 Uhr eine Bürgerversammlung an. In das Verfahren einsteigen wolle man am 13. Mai.