Bürgermeister Fritz Link (von links) begrüßt zur Podiumsdiskussion im Rahmen der Albert-Schweitzer-Tage Harald Schützeichel, Volker Gerdesmeier, Karin Nagel, Modibo Keita, Roland Wolf und Prinz Asfa-Wossen Asserate. Foto: Hübner Foto: Schwarzwälder Bote

Podiumsdiskussion: Rechtsunsicherheit und Korruption halten Investoren zurück / Ein "Chancenkontinent"

Eine Podiumsdiskussion zu Themen wie Entwicklungshilfe oder Flüchtlingen fand im Rahmen der Albert-Schweitzer-Tage statt.

Königsfeld. Geleitet von Karin Nagel, Leiterin der Evangelischen Erwachsenenhilfe, Bezirk Villingen, diskutierten Prinz Asfa-Wossen Asserate, Volker Gerdesmeier von der Referatsleitung Afrika von caritas international, Modibo Keita, entwicklungspolitischer Experte aus Mali, Harald Schützeichel, Berater für Energie und Wirtschaft in Afrika und Roland Wolf vom Trägerverein des Hospitals in Lambarene.

Nagel fragte nach für Afrika typischen Anekdoten. Was er für gut hielt, sei nicht immer gut, so Schützeichel. Gerdesmeier war beeindruckt von fröhlichen, mutigen Menschen im Südsudan und beschrieb "Durst nach Wissen". Keita sprach über eine humorvolle Begebenheit beim Besuch eines Ministerpräsidenten. Sprache sei ein wichtiges Mittel der Zusammenarbeit. Laut Wolf gibt es allein in Gabun 44, nur wenige Länder hätten eine Nationalsprache. Er beschrieb große Solidarität unter Patienten in Lambarene. Asserate beschrieb das unterschiedliche Zeitempfinden Europas und Afrikas.

Nagel fragte, warum europäische Mittelständler kaum in Afrika investieren. Argumente seien Rechtsunsicherheit und Korruption, so Schützeichel. Aber das gelte auch für China. Es liege am Bild von Afrika. Es sei leichter, Spendengelder zu sammeln als Investoren zu finden. Auch hätten Afrikaner nie, wie Chinesen, Rohstoffe gegen Know-How getauscht. Das Land sei nur Absatzmarkt. Asserate riet zu Steuererleichterungen für Unternehmer. Von Entwicklungshilfe gehe nur ein Drittel an die richtigen Stellen. Man dürfe nicht pauschal von Afrika reden, so Keita. In Südafrika seien viele Unternehmen. Neokoloniale Verträge benachteiligten aber Länder.

Wo sei die Souveränität Afrikas, wenn der malische Finanzminister vor Entscheidungen Paris kontaktieren müsse, 50 Jahre nach der Unabhängigkeit des Landes, fragte Asserate.

Es könne nicht in unserem Sinne sein, wenn Agrarsubventionen hier Bauern unterstützten, deren Exporte afrikanische Märkte kaputt machten, so Nagel. Schützeichel schlug Importzölle vor. Eine Aufgabe sei, den Menschen zu helfen sich selbst zu organisieren, so Gerdesmeier. Ein Problem ist laut Wolf, dass Gabun jahrzehntelang Landwirtschaft zugunsten von Ölexport vernachlässigt habe. Zölle seien nicht einfach umsetzbar, da die EU viele Druckmittel habe, so Keita.

Europa könne von Afrika lernen, dass Wachstum ein Limit habe, so Schützeichel. Entwicklung müsse auf beiden Seiten stattfinden, ergänzte Keita. Allerdings könne man einen Staat nicht entwickeln, wenn der nicht wolle, so Wolf. Zwar müsse sich jedes Land seiner Tradition gemäß entwickeln, es brauche aber eine universelle Werteskala, so Keita.

Einig war man sich, dass mehr Gewicht auf die Förderung der Zivilgesellschaft liegen müsse. Ohne eine gute Regierung könne man aber nicht weitermachen, so Asserate. Man könne der größte Gauner sein, aber solange man an der Macht sei, kämen Europäer auf Knien gekrochen. Bei menschenverachtenden Gewaltherrschern dürfe man sich nicht wundern, wenn die Migration noch zunehmen. "Die eigentliche Migration liegt noch vor uns", mutmaßte Wolf.

Egozentrischer Blick

Zum Schluss kritisierte ein Besucher den zu "egozentrischen Blick Europas", das für eigene Interessen alles opfere. Trotzdem sei Afrika ein Chancenkontinent, so Asserate. Afrika sei viel komplexer, als in den Medien dargestellt, so Wolf. Es gebe große Chancen der Entwicklung, meinte Keita. Man könne viel voneinander lernen, ergänzte Gerdesmeier. Jeder müsse für sich herausfinden was er tun könne, so Schützeichel.