Die Slogans sollen laut der Bürgerinitiative auch nach dem Entscheid gelten. Foto: Klossek-Lais

Gegner möchten viele Menschen überzeugen. Entscheid am 18. Oktober. Gerüchte zu Einflussnahme der Gemeinde.

Königsfeld - Der entscheidende Tag rückt immer näher: Am 18. Oktober stimmt Königsfeld über die Ansiedlung von Aldi und Rossmann ab. Die Gegner des Projekts machen nun mobil und setzen mit einer Banner-Aktion ein Zeichen.

Als Hans-Beat Motel vor die rund 50 Menschen tritt, die sich am Mittwochabend in der Jahnstraße versammelt haben, geht bereits langsam die Sonne unter. Die letzten Lichtstrahlen des Tages fallen auf ein großes Plakat, das die Bürgerinitiative auf dem Stück Wiese aufgestellt hat, auf dem Aldi und Rossmann eine Filiale bauen möchten. "Ja zu Königsfeld" steht dort in großen weißen Buchstaben.

Von jungen Müttern bis hin zu Senioren

Motel zeigt die Jahnstraße entlang, an deren Häuser bunte Banner angebracht sind. "Die sind wirklich sehr gelungen", sagt er. "Und wir wissen ja, wie wir abstimmen." Es folgt Applaus aus der Menge, die an diesem Tag eines beweist: Die Projektgegner kommen aus den verschiedensten Altersschichten. "Von zwei bis 92 haben wir alles dabei", betont Motel und blickt in die Runde.

Kommunikationskultur wird bemängelt

Sie alle sind an diesem Tag zusammengekommen, um ein Zeichen zu setzen, wie Nicole Schwenk von der Bürgerinitiative betont. Sie war maßgeblich an der Gestaltung der Mittel beteiligt, mit denen die Gegner nun mobil machen wollen – darunter eine Website, die dazu aufruft, am 18. Oktober mit "Ja" zu stimmen.

Denn ein Ja beim Bürgerentscheid ist gleichzeitig ein Nein zu Aldi und Rossmann. Dass man das Plakat auf der grünen Wiese auch etwas fehlinterpretieren könnte – das gesteht Schwenk ein. "Die Fragestellung ist schwierig", sagt sie. Doch schließlich könne man sich auf der Website genauer informieren.

Warum man das Projekt ablehnt, wird an diesem Abend nochmals ausführlich dargestellt: Die Initiative spricht sich gegen den Massenkonsum und billige Lebensmittel aus, plädiert für mehr Nachhaltigkeit. Entsprechend fallen die Banner aus. "Think global, act local", zu Deutsch "denke global, handle lokal", oder "Ja zu Fortschritt durch Klimaschutz und Nachhaltigkeit" ist darauf zu lesen. "Das alles sind Sprüche, die auch nach dem 18. Oktober gelten", macht Schwenk klar.

Die Initiative wolle durch die Aktion mit den Menschen ins Gespräch kommen. Viele Bewohner in den Ortsteilen Königsfelds wissen laut ihr beispielsweise gar nicht, dass im Kernort diese Debatte geführt wird.

"Es geht uns ums Zuhören", sagt sie. Einen fairen Austausch hätte es aus ihrer Sicht nicht gegeben – sonst wäre es erst gar nicht so weit gekommen. "Die Kommunikationskultur ist nicht zufriedenstellend." Ihr persönliches Fazit: "Es geht mir nicht darum, jemandem zu verbieten, im Aldi einzukaufen – aber bitte nicht in Königsfeld."

Vor allem jene, die der neue Standort direkt betrifft, sind an diesem Mittwochabend anwesend: die Bewohner der Jahnstraße. Für sie alle ist die Wiese zwischen ihrer Straße und der L 177 ebenso wenig der richtige Standort wie die bereits im Jahr 2019 verworfene Alternative südlich der Grundschule.

Ein Zeichen der Solidarität

"Wenn ich nicht den richtigen Standort habe, dann muss ich die Konsequenzen ziehen, dass der Bau nicht möglich ist", sagt beispielsweise Anwohnerin Aglaia Eck. Einen Discounter vor der Tür, "das wünsche ich niemandem", wird sie deutlich. Und manch einer wisse ja nicht einmal, wo die Jahnstraße überhaupt sei. "Es ist ein Zeichen der Solidarität", sagt sie über das Kommen all jener, die anderswo wohnen. "Das ist ein gutes Gefühl."

Nach knapp einer Stunde löst sich die Veranstaltung auf. Was bleibt, sind die Banner an den Wänden – und ein Versprechen der Gegner. Sie wollen bis zum 18. Oktober mobil machen. "Und dann wird es Konsequenzen geben", sagt Schwenk über die Zeit nach der Wahl. "In die eine oder andere Richtung."

Gerüchte zu Einflussnahme der Gemeinde werden laut

Königsfeld - Im Zuge der Protestaktion gegen die Ansiedlung von Aldi und Rossmann hat die Bürgerinitiative auch einen sechsseitigen Flyer vorgestellt, den man in Königsfeld verteilen möchte.

Link verweist auf Neutralität

Der ursprüngliche Plan sei gewesen, diesen über das Amtsblatt der Gemeinde unter die Leute zu bringen, wie Hans-Beat Motel bei seiner Ansprache erzählt. Laut Nicole Schwenk, die den Flyer entworfen hat, hatte der zuständige Verlag bereits grünes Licht erteilt. Dann sei eine Aufforderung der Gemeinde erfolgt, das Beilegen der Flyer zu unterlassen. "Wir haben ja selbst Füße, jetzt verteilen wir’s eben", so Schwenk.

Die Gespräche am Rande der Zusammenkunft zeigen: Unter den Aldi-Gegnern entsteht aufgrund dieser Erklärung der Eindruck, die Gemeinde würde Einfluss auf den Bürgerentscheid nehmen, indem sie die das Beilegen der Flyer verbietet.

Auf Nachfrage unserer Zeitung weist Bürgermeister Fritz Link diese Vorwürfe vehement von sich.

"Das Amtsblatt gehört nicht zur allgemeinen Medienlandschaft", stellt Link klar. In erster Linie gehe es im redaktionellen Teil um amtliche und offizielle Mitteilungen. "Daneben besteht Raum für Vereine oder Verbände zur Pflege des Gemeindelebens." Wer was wie und in welchem Umfang veröffentlichen darf, regelt ein Redaktionsstatut, das laut Link vom Gemeinderat verabschiedet wurde.

Es habe lediglich die Anfrage eines Bürgers gegeben, "ob er eine persönliche Anzeige schalten dürfe, im Amtsblatt der Gemeinde, in der er kommunalpolitisch Stellung nimmt und dazu aufruft, beim Bürgerbegehren mit ›Ja‹ zu stimmen". Link verweist auf die Neutralität der Gemeinde, die gewahrt werden müsse. "Im Redaktionellen ist diese Anzeige per se nicht zulässig", stellt er klar.

Redaktionsstatut gibt dem Bürgermeister recht

Ein Blick in besagtes Dokument zeigt derweil, dass dieser Thematik ein ganzer Absatz gewidmet ist. Unter anderem regelt Paragraf acht: "Es ist unzulässig, das Amtsblatt zur Verfolgung persönlicher Interessen oder für politische Zwecke zu benutzen." Eine Ausnahme bilde lediglich die Rubrik "aus den Fraktionen", in der politische Statements allerdings – das regelt ein weiterer Paragraf – drei Monate vor Wahlen nicht erlaubt sind.

"Für den Anzeigenanteil ist der Nussbaum Verlag verantwortlich", betont Link weiter. Auch dieser unterliege dem Neutralitätsgebot. "Sonst würde es ja das Statut konterkarieren", so der Bürgermeister. Der Verlag habe sich aber nicht an ihn gewandt, unterstreicht er.

Derweil werden derzeit die Informationsbroschüren an die rund 5000 Wahlberechtigten verschickt, wie Link erklärt. Dort kämen sowohl Gegner als auch Befürworter zur Sprache – in gleichem Umfang.