Das „Königlich Bayerische Amtsgericht“ – die Mutter aller Gerichtsshows Foto: Verleih

Das „Königlich Bayerische Amtsgericht“ ist alles und sein Gegenteil: nicht nur die Mutter aller Gerichtsshows und damit ein früher Vorbote telegener Modernität, sondern auch das behagliche Gegenmodell zur Globalisierung.

Serien gibt es fast so lange wie das Fernsehen selbst. Manche begleiten den Zuschauer sein halbes Leben, andere überdauern sogar Generationen. Wir stellen Produktionen vor, die in Erinnerung bleiben.

Stuttgart - Schon damals, anno 1969, war es Nostalgie pur. Heute funktioniert es immer noch – als Nostalgie der Nostalgie. Das „Königlich Bayerische Amtsgericht“ ist alles und sein Gegenteil: nicht nur die Mutter aller Gerichtsshows und damit ein früher Vorbote telegener Modernität, sondern auch das behagliche Gegenmodell zur Globalisierung. Fortschritt und Rückschritt in einem Format. Großartig.

Als die erste Staffel des „KBA“ ausgestrahlt wurde, da war einiges ins Rutschen gekommen in der Republik. Willy Brandt wollte mehr Demokratie wagen und mehr Reformen auch. Und die ungezogenen Studenten fingen an mit dem nervigen „Hinterfragen“. Alles wurde unübersichtlich. Wie heute, wo eine Krise in China halb Europa verwüsten und ein wild gewordener Spekulant Staaten in den Ruin treiben kann.

Das „KBA“ wirkt da wie eine Beruhigungspille im TV. Eine Kurztrip in eine Zeit, in der man Zeit hatte, in der alles noch statisch war, unbeweglich und berechenbar. Oder um es mit Gustl Bayrhammer zu sagen, der mit unvergleichlicher Bassstimme den legendären Vorspann spricht: „Das Bier war noch dunkel, die Mensch’n war’n typisch, die Burschen schneidig, die Dirndl sittsam und die Honoratioren a bisserl vornehm und a bisserl leger.“ Ach, man hätte schon allein diesem Lobpreis der Behaglichkeit ewig zuhören können, in dem Gefühl, dass wenigstens, damals, das heißt 1912, alles geregelt war. „Es war halt vieles in Ordnung damals.“

Dafür sorgte schon die ironisch-strenge Prozessführung von Amtsrichter August Stierhammer, gespielt von Hans Baur, der später als Sprecher der Hörspiele von Otfried Preußler die Kinderzimmer eroberte.

Es ging hoch her, aber es ging um nicht viel. Der kleine Hader kleiner Leute, geschlichtet von denen, die dazu Berufen sind, den Großkopferten eben. Vom Ökonomie-Rat, Guts- und Brauereibesitzer Joseph Fäustl vor allem, der sich – ganz nach Gutdünken – ins Gericht verfügt, um den weiß-blauen Kuddelmuddel aufzuklären. Und dann Urteil, Versöhnung, Stammtisch.

Die Beschwörung der guten alten Zeit vor „anno 14“, die es nie gab, stammt aus der Feder von Peter Lohmeyer, in dem selbst die Sehnsucht nach der Monarchie gewaltig rumorte. So sehr, dass er den Bund bayerischer Patrioten gründete und Sätze sagte wie: „Die Heimat seufzt nach einem schönen König.“ Aufgrund praktischer Schwierigkeiten gab er sich ab 1995 mit „Ersatzkönig Edmund Stoiber“ zufrieden. Der Bayer an sich ist kein Prinzipienreiter, wie wir seit Horst Seehofer wissen. Wie ja auch das „KBA“ stets mit Blasmusik und Frohsinn ausklang. Und mit Worten wärmenden Trostes: „Das Leben geht weiter, ob Freispruch oder Zuchthaus – und auf die Guillotin’ hat unser alter Herr Rat eh niemanden g’schickt.“

Lust auf weitere unvergessene TV-Serien? Hier geht's zur Übersicht.