Christian Keller in bester Laune im Donaueschinger Öschberghof. Seit 1. April ist er neuer Sport-Vorstand bei den "Geißböcken". Foto: Roland Sigwart

Öschberghof, Donaueschingen. Donnerstag, 14 Uhr: Der neue Sportvorstand des 1. FC Köln, Christian Keller, nimmt sich Zeit für ein Gespräch. Für ihn ist dieses Trainingslager auch ein besonderes: die Rückkehr in seine Heimat.

Herr Keller, Ihr Elternhaus steht in Gutmadingen, also nur ein paar Kilometer vom Öschberghof entfernt. Wie oft konnten Sie denn trotz des engen Terminplans in dieser Woche mal bei Ihren Eltern vorbeischauen?

(lacht). Ich komme gerade vom Mittagessen daheim. Das hatte ich meiner Mama versprochen. Nach meiner Anreise am Wochenende habe ich bis Montag auch daheim übernachtet, und in meinem Arbeitszimmer an den vertraglichen Modalitäten des Transfers von Sargis Adamyan aus Hoffenheim gearbeitet. Generell schaue ich, dass ich alle sechs bis acht Wochen meine Eltern, meinen Bruder und meine Freunde besuche.

Warum ist der Öschberghof für ein Trainingslager so optimal?

Die Rahmenbedingungen sind top. Das Personal ist unfassbar freundlich. Die Wege zum Trainingsplatz sind kurz. Dass die Jungs dorthin mit dem E-Bike fahren, ist fast schon verwerflich (lacht). Ich mache jedenfalls meinen Motor immer aus.

Warum nun der 1. FC Köln?

Im vergangenen Jahr habe ich meine Zeit in Regensburg bewusst beendet, weil ich der Auffassung war, meine Aufgabe dort erledigt zu haben. Danach habe ich mir in Ruhe Gedanken gemacht, wie es für mich weitergeht. Ob ich in der Bundesliga oder in der Regionalliga arbeite, spielt für mich keine Rolle. Es geht allein um die inhaltliche Herausforderung. Monetäre Aspekte treiben mich nicht an. Bei der Aufgabe in Köln ist die inhaltliche Herausforderung aus verschiedenen Gründen gegeben. Wirtschaftlich ist der 1. FC Köln – bedingt durch Corona – aktuell ein Sanierungsfall. Der zweite Grund: Der 1. FC Köln ist ein großer Klub mit einer großen Historie. Die ganze Stadt und die ganze Region leben diesen Klub. Aber gefühlt dreht sich der FC seit 30 Jahren im Kreis und wird seiner Größe und Strahlkraft nur selten gerecht. Das reißt auch eine Saison wie die vergangene nicht heraus. Was auch sehr wichtig für mich war: Bei den Rekrutierungsgesprächen mit den FC-Gremien hatte ich den Eindruck, dass bei allen der Wille zur Veränderung und zu einem nachhaltigen Management vorhanden ist.

Sie haben sich zwischen Regensburg und Köln eine fünfmonatige Auszeit genommen.

Ich war achteinhalb Jahre in Regensburg. Es war eine fantastische Zeit. Identifikation ist für mich sehr wichtig, deshalb kann ich nicht bei einem Klub aufhören und dann gleich beim nächsten anfangen. Ich habe in dieser Zeit auch kaum Fußball geschaut.

Wohin führt der Weg des 1. FC Köln nach Ihren Vorstellungen langfristig?

Wie schon gesagt, ist der FC seiner Größe und Strahlkraft lange nicht gerecht geworden. Als viertgrößte Stadt Deutschlands und mit diesem unglaublichen Fan-Potenzial muss es unser Ziel sein, in den kommenden Jahren die Voraussetzungen zu schaffen, um mit hoher Wahrscheinlichkeit in jeder Bundesliga-Saison unter die ersten zehn zu kommen. Diese Entwicklung wird aber Zeit benötigen. In der nächsten Saison wird es deshalb in erster Linie darum gehen, möglichst schnell die 40 Punkte zu erreichen. Leistung und Entwicklung müssen auf diesem Weg die zentralen Bewertungsparameter sein. Denn wenn Leistung und Entwicklung konstant stimmen, werden langfristig auch die gewünschten Ergebnisse wahrscheinlicher.

Noch einmal ein Blick zurück zu Ihrem bisherigen Werdegang. War es immer Ihr Wunsch, diesen Weg so zu gehen, wie Sie ihn gegangen sind?

Ich hatte und habe keinen Karriereplan. Egal, wo oder was ich arbeite, ich muss einfach Freude an meiner Aufgabe haben. Ich war ja auch schon Hochschul-Professor, auch das hat mir Spaß gemacht. Natürlich ist Fußball cool und meine Leidenschaft. Ich liebe dieses Spiel. Es ist deshalb ein großes Privileg für mich, in diesem Bereich arbeiten zu dürfen. Aber ich definiere mich nicht darüber.

Zur Person

Christian Keller (43) wuchs in Gutmadingen auf. In der Jugend spielte er beim FC Pfohren und beim TuS Bräunlingen. Aufgrund einer schweren Knieverletzung musste der damals 18-jährige Mittelfeldspieler kurz vor einem Wechsel in die Oberliga seine aktive Karriere beenden.

Trainer war er beim Gutmadinger Nachwuchs und auch dort im Herrenbereich – ebenso beim Landesligisten SC Tuttlingen.

Christian Keller studierte an der ESB Business School der Hochschule Reutlingen Außenwirtschaft. Seine Diplomarbeit schrieb er über das Thema "Going Public Fußball – Analyse und Leitfaden zum Börsengang von Fußballunternehmen". Anschließend studierte er an der gleichen Hochschule "International Business Development". 2008 promovierte der 43-Jährige an der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen. Sein Dissertationsthema lautete: "Steuerung von Fußballunternehmen – Finanziellen und sportlichen Erfolg langfristig gestalten". Von 2010 bis 2013 lehrte der Gutmadinger Sportmanagement an der SRH Hochschule Heidelberg. Bereits während seiner Zeit beim SC 04 Tuttlingen entwickelte er ein Sportkonzept für die Nachwuchsausbildung. Ab Dezember 2009 arbeitete Keller für sechs Monate beim SSV Jahn Regensburg als Mitarbeiter einer Beratungsfirma, die ein Sanierungskonzept für den Klub erarbeitete. Nach dem Abstieg des SSV Jahn aus der 2. Bundesliga wurde Christian Keller dort im Juni 2013 Geschäftsführer sowie Sportlicher Leiter. Nach dem zwischenzeitlichen Sturz in die Regionalliga schaffte es der Jahn unter Kellers Verantwortung, in der 2. Bundesliga eine feste Größe zu werden. Ende Oktober 2021 verließ er Regensburg und wurde nach einer fünfmonatigen Auszeit Geschäftsführer beim 1. FC Köln.