Ein Teil des Koch-Teams vom St. Agnes (von links): Vanessa Boog (16), Carina Kuhlmann (16), Franziska Wurst-Schweiggart (16), Anna Vollmer (17), Julia Kässmann (17) und Felicia Lee (16). Foto: Max Kovalenko

Für die Schülerinnen eines Wirtschaftskurses des Stuttgarter Mädchengymnasiums St. Agnes ist Kochen mehr als nur ein Hobby: Nachdem die ersten 250 Exemplare ihrer Rezeptsammlung bereits ausverkauft sind, folgt nun eine zweite Auflage. Ein Küchenbesuch.

Stuttgart - Egal, ob in der Großkantine oder unter Freunden: Kochen ist Teamwork. Sechs Schülerinnen des Mädchengymnasiums St. Agnes wuseln an diesem Nachmittag in der Küche herum, schnippeln, rühren, kneten. Die Stimmung ist gelöst. Schinkenhörnchen und Mini-Hefezöpfe stehen auf dem Plan. Während Carina Kuhlmann Blätterteig mit Schinken füllt, verquirlt Julia Kässmann für die Glasur Eigelb mit Sahne. Schön knusprig sollen die Hörnchen werden – so wie auf dem Foto in ihrem Kochbuch „applecrumble & fridge“, das sie im Rahmen ihres Wirtschaftskurses herausgebracht haben. Übersetzt heißt das „Apfelstreuselkuchen & Kühlschrank“, der Name spielt aber auf die bei jungen Leuten beliebte US-Modemarke Abercrombie & Fitch an.

 

Es klingt wie ein Klischee: Elf 16- und 17-jährige Schülerinnen eines Mädchengymnasiums schließen sich zusammen, um ein Kochbuch zu schreiben. Doch nach Heimchen am Herd schaut keine der jungen Damen aus, die beim Küchenbesuch unserer Zeitung angerückt sind. „Wir backen alle ganz gern, aber zum Kochen sind wir erst mit dem Buch gekommen“, sagt Anna Vollmer, Vorstandsvorsitzende der gleichnamigen Schülerfirma „applecrumble & fridge“, die sich im Herbst 2012 formiert hat.

„Wir brauchten ein Projekt für unseren Wirtschaftskurs“, erzählt Vollmer. Die Schülerinnen hätten zunächst einen schmissig klingenden Namen gesucht, erst dann sei die Idee fürs Buch gekommen. Die Mädchen gründeten unter dem Dach des Junior-Projekts des Instituts der deutschen Wirtschaft ein Unternehmen in Form einer Mini- Aktiengesellschaft. 90 Anteilsscheine zu je zehn Euro wurden an der Schule, an Eltern und im Freundeskreis verkauft, um Grundkapital zu bekommen. Die Schülerinnen sammelten zudem Sponsorengelder, wählten einen Vorstand und bildeten Abteilungen für Marketing und Buchhaltung.

Grundgedanke: Schnell muss es gehen, und günstig soll es sein

62 der im Schulumfeld zusammengetragenen Rezepte schafften es in das Kochbuch, das den Benutzern helfen soll, „aus dem grauen Alltag auszubrechen und in die bunte Welt der Geschmäcker und Genüsse einzutauchen“, wie es im Vorspann heißt. Julia Kässmann erinnert sich an arbeitsame Wochen, als das Layout erstellt wurde – parallel zur Schule. „Wir haben mit dem Eifer der Übermüdung gearbeitet“, sagt Kässmann. Die elf Unternehmerinnen wurden verschworen wie eine Fußballmannschaft.

Der Grundgedanke ihres Buchs: Schnell muss es gehen, und günstig soll es sein – „damit Schülern und Studenten Lust aufs Kochen gemacht wird“, wie Anna Vollmer sagt. „Schnelle Schinkenhörnchen, die gehen immer“, ergänzt Julia Kässmann und deutet in Richtung Ofen, wo sich die Gebäckteile nach oben wölben und einen würzigen Duft verbreiten. Dennoch haben auch drei Rezepte von Sterneköchen ihren Weg ins Buch gefunden. „Wir haben 20 Köche angeschrieben, ob sie uns ein Rezept schicken“, erzählt Vanessa Boog. „Die Reaktion war aber enttäuschend.“ In den meisten Fällen gab es nämlich gar keine. Immerhin schickten Vincent Klink, Eckart Witzigmann und Harald Wohlfahrt je ein Rezept. Diese kommen erwartungsgemäß weniger simpel daher: Spanferkelkeule, Zucchiniblüten und einige andere besondere Zutaten werden benötigt.

„Die Hörnchen sind erst fertig, wenn sie goldbraun sind“

Jedes der über 60 Rezepte sei nachgekocht worden, versichern die Mädchen, die 2014 Abitur machen. „Jede bekam fünf, sechs Rezepte, die getestet und fotografiert wurden“, erklärt Franziska Wurst-Schweiggart, während sie noch schnell eine Prise Salz in den Hefeteig gibt. Neugierig schauen die Schülerinnen in den Ofen. „Die Hörnchen sind erst fertig, wenn sie goldbraun sind“, fachsimpelt Franziska Wurst-Schweiggart. Anna Vollmer und Felicia Lee kämpfen derweil mit dem Hefeteig, denn der klebt zu sehr. Eine Portion Mehl – und das Problem ist behoben. Die beiden Nachwuchsbäckerinnen formen drei Stränge, flechten sie zu Zöpfen und bestreichen den Teig mit Eigelb-Milch. Darauf kommt Hagelzucker.

Eine knappe halbe Stunde später sehen die kleinen Hefezöpfe auf dem Backblech schon ganz gut aus. „Und?“, fragt Julia Kässmann, als die Ersten probieren. „Heiß!“, ruft Anna Vollmer und lacht. Ganz durch ist das Gebäck allerdings nicht – es muss noch mal kurz in den Ofen. Derweil erzählen die Mädchen von ihrem Kochbuch. Immerhin 250 Exemplare umfasste die erste Auflage. „Die kriegen wir nie weg, haben wir gedacht“, sagt Anna Vollmer. Doch die Resonanz war so positiv, dass die zweite Auflage in Planung ist. Derzeit gibt es Gespräche mit größeren Buchhandlungen in Stuttgart. Dort könnte das Buch dann verkauft werden. Die Schülerinnen sind optimistisch, dass ihr Wachstumskurs gelingt.

Mini-Hefezöpfe nach Art der Schülerbäckerinnen

Zutaten: 500 g Mehl, 1 Würfel Trockenhefe, 60 g Zucker, 1 Päckchen Vanillezucker, eine Prise Salz, 2 Eier, 1 Eiweiß, 250 ml lauwarme Sahne. Zum Bestreichen: 1 Eigelb, 1 EL Milch und Hagelzucker

So geht’s: Gib alle Zutaten in eine große Schüssel und knete sie mit einem Knethaken zuerst auf niedriger Stufe, später dann auf höchster Stufe etwa fünf Minuten lang durch. Der Teig muss ruhen, bis er ungefähr doppelt so hoch geworden ist. Knete den Teig noch mal kräftig durch.

Teile dann den Teig in kleinere Portionen, die du wiederum in drei gleich große Stränge rollst. Das sind die Teile, aus denen nun der Zopf geformt wird. Die Zöpfe auf einem gut eingefetteten oder mit Backpapier ausgelegten Backblech verteilen.

Glänzend wird das Gebäck, wenn man es mit einer Mischung aus Eigelb und Milch bestreicht. Bestreue die Hefezöpfe mit Hagelzucker. Im Ofen bei 160°C werden sie 30 Minuten lang gebacken, bis sie genüsslich verspeist werden können.