Steht nach wie vor am Herd: Wilhelm Ramminger. Foto: Max Kovalenko

Wilhelm Ramminger ist vermutlich der älteste deutsche Koch, der noch immer voll aktiv ist. Am heutigen Sonntag feiert der gebürtige Stuttgarter seinen 80. Geburtstag.

Stuttgart – Günstig übernehmen, zum Florieren bringen, mit Gewinn verkaufen – Wilhelm Ramminger tat ein Leben nichts anderes. Er ist kein Finanzinvestor, sondern Koch, bis heute. In seinen Lokalen traten spätere Schlagerstars wie Peter Maffay oder Freddy Breck auf. Am heutigen Sonntag wird Ramminger 80.

Herr Ramminger, Sie sollen der älteste Koch Deutschlands sein.
Ich habe beim Gaststättenverband recherchiert, meine Tochter zusätzlich im Internet. Es gibt keinen Wirt, der in dem Alter selber kocht.

Warum steht einer mit fast 80 Jahren immer noch in der Küche.
Nicht schaffen kann ich nicht. Zu arbeiten ist für mich seit meiner Kindheit selbstverständlich.

Und noch immer das volle Pensum?
Ich stehe jeden Tag zehn Stunden am Herd. Im Monat hau ich circa 1800 Essen raus.

Zu viel wird es Ihnen nie?
Ich arbeite, weil ich gesund bleiben will. Vor ein paar Jahren bin ich mal am Herd umgekippt. Mit einem Kissen unter dem Kopf und kaltem Wasser im Gesicht bin ich nach ein paar Minuten wieder zu mir gekommen. Nach einem Schlaganfall war mal mein Fuß lahm, ich habe noch am selben Tag weitergekocht.

Das kann doch nicht sein, dass Sie wirklich nichts umwirft?
Ich mache jeden Morgen 120 Kniebeugen, laufe zwischen 10 und 20 Kilometer mit dem Hund, und montags, wenn wir Ruhetag haben, gehe ich ins Mineralbad Berg. Aber Sie haben recht, ein bissle Glück gehört auch dazu.

Das Arbeiten liegt Ihrer Familie im Blut, das Kochen auch?
Meine Mutter hatte seit Anfang 1947 im Behördenhaus an der Stuttgarter Heidehofstraße die Kantine. Sie konnte in zwei Stunden für 120 Leute Spätzle schaben.

Bei Ihrer Mutter haben Sie eine Ausbildung zum Koch gemacht?
Dort hab ich’s gelernt. Eine abgeschlossene Ausbildung habe ich nicht. Ich hätte gerne Gesang studiert, aber mein Vater wollte, dass ich was rechtes lerne und Beamter werde, aus seiner Sicht damals verständlich. Auf meine Lehre zum Verwaltungsfachmann folgte eine zweite Ausbildung zum Großhandelskaufmann.

Wie wurden Sie dann Gastronom?
In den 50er Jahren war ich erst Obst- und Gemüsehändler. Das Restaurant am Stuttgarter Fernsehturm war eines meiner Kunden, das ging über meinen Bruder Karl, der dort Kellner war. In einem Winter habe ich mal 700 Zentner Kartoffeln geliefert. Mein erstes eigenes Lokal war dann der Eldorado-Club in Feuerbach im September 1958.

„Eine Pleite habe ich nie hingelegt“

Das erste Lokal von über 20.
Ich habe 23 Lokale aufgebaut und so lange bewirtschaftet, bis sie gelaufen sind. Meine Geschwister haben sie dann übernommen, oder ich habe sie verkauft und wieder was anderes aufgebaut.

So machen es heutzutage große Investoren.
Was da passiert, ist oft an der Grenze zum Kriminellen, weil die mit fremdem Geld arbeiten. Ich habe immer auf eigenes Risiko investiert.

Nie ist etwas schiefgegangen?
Eine Pleite habe ich nie hingelegt. Am Anfang wurde es zwei-, dreimal eng. Damals übernahm mein Bruder Karl meine Schulden, damit ich weitermachen konnte. Auf meinen Bruder kann ich mich bis heute verlassen.

Bei dem, was Sie damals anpackten, war immer Musik drin?
Im Eldorado war’s der Rock’n’Roll, später in den 60ern in den Gutshöfen der Schlager.

Das erste von mehreren Gutshof-Tanzlokalen in Süddeutschland haben Sie am Stöckach im Stuttgarter Osten eröffnet. Das ehemalige Kino wurde ein richtiger Talentschuppen.
Peter Maffay, Bata Ilic, Tony Marshall, Cindy und Bert, Paola – alle waren sie bei mir. Meine Gutshöfe, auch der in Karlsruhe, waren ihr Karrieresprungbrett.

Hat es Sie bei Ihrem Faible für Gesang nicht selber mal gejuckt.
Da kommen Sie auf etwas. Meinen Gutshof in Karlsruhe habe ich 1972 verkauft, um ins Musikgeschäft einzusteigen. Wir sind auch mal beim Saarländischen Rundfunk mit Dieter Thomas Heck zusammengesessen. Letztlich wurde nichts daraus, weil mein Agent sich verkalkuliert hatte.

Dass es mit der Musik nie richtig was wurde, schmerzt Sie bis heute?
Ich erzähl Ihnen mal eine Geschichte: Mit ungefähr 20 habe ich im Chor der Domkirche St. Eberhard in Stuttgart die Soli gesungen. Bei besonderen Anlässen bekam die Kirche Geld von reichen Vätern, da habe ich keine Soli mehr gesungen. Ich war im Kinderchor des Stuttgarter Staatstheaters, mit zehn Jahren hatte ich Klavierunterricht. Später hatte ich noch meine eigene Kapelle. Es sollte wohl nicht sein mit dem Gesang.

Wie feiern Sie am Sonntag Ihren 80. Geburtstag?
Es gibt ein Fest mit über 100 Gästen, Tanz, warmem und kaltem Büfett. Ich koche für alle.