Voller Spannung warten die Bürger in der Herrenzimmerner Halle auf die Verkündung des Ergebnisses. Foto: Cools

Die Gemeinde Bösingen hat einen neuen Bürgermeister: Bei der Wahl am Sonntag erhielt Kandidat Peter Schuster mit 975 Stimmen (52,1 Prozent) die Mehrheit. Der Weg dahin war allerdings spannender als jeder Krimi.

Bösingen - Gerade einmal 85 Stimmen trennten den Bösinger Kandidaten Felix Hezel am Sonntag vom ersehnten Bürgermeisterposten. Dass das Ergebnis knapp ausfallen würde, hatte sich in den vergangenen Tagen schon abgezeichnet. Beide Kandidaten hatten sich gut präsentiert und deutlich gemacht, wie ernst es ihnen mit der Kandidatur ist.

An Spannung kaum zu überbieten

Der zweite Wahlgang entpuppte sich als echter Krimi: Vor der Auszählung der Briefwahl lag Schuster mit 623 Stimmen gerade einmal 29 Stimmen vor Hezel. Gespannt warteten die zahlreich erschienen Wähler in der Herrenzimmerner Halle auf die letzte Auszählung. Würde Schuster seinen Vorsprung ausbauen können? Oder würde Felix Hezel ihn auf den letzten Metern überholen?

Nach einer besonders hohen Beteiligung von 72,2 Prozent im ersten Wahlgang am 16. Oktober, waren es diesmal, bei der zweiten Runde übrigens etwas weniger Bürger, die ihre Stimme abgegeben hatten. So lag die Wahlbeteiligung bei 68,3 Prozent.

In erster Linie war den Bösingern und Herrenzimmernern wohl wichtig gewesen, mit einem neuen Gesicht im Rathaus frischen Wind in die Gemeinde zu bringen, nachdem die Unzufriedenheit mit dem Amtsinhaber immer wieder laut geworden war und sich schließlich im für ihn schlechten Ergebnis des ersten Wahlgangs manifestiert hatte.

Eine zentrale Frage war nun, wem sich die Wähler, die Johannes Blepp im ersten Wahlgang unterstützt hatten, zuwenden würden.

Uneinigkeit der Ortsteile wird deutlich

Im ersten Wahlgang hatte Schuster mit 45,1 Prozent der Stimmen vor Hezel (31,1 Prozent) gelegen und die meisten Stimmen in Herrenzimmern erhalten, jedoch die wenigsten in Bösingen. Hezel hatte in seinem Heimatort Bösingen die meisten Stimmen erhalten, in Herrenzimmern hingegen nur 20 Prozent.

Dass sich die Ortsteile Bösingen und Herrenzimmern in vielen Dingen uneinig sind, zeigte sich auch bei diesem Wahlgang wieder deutlich. Der Unterschied hätte kaum größer sein können: Während sich Herrenzimmern mit 75,2 Prozent der Stimmen klar zu Schuster bekannte, stellten sich im Bezirk Bösingen 69,5 Prozent hinter Felix Hezel. Bei den Briefwählern fiel die Entscheidung knapp für Schuster, der mit viel Applaus beglückwünscht wurde.

Ein sichtlich geknickter Felix Hezel gratulierte dem Gewinner aufrichtig und gab zu, die vergangenen Tage über nicht mehr ganz so optimistisch gewesen zu sein. "Es war klar, dass es schwierig wird, 14 Prozent aufzuholen", sagte er. Dennoch habe er sein Ergebnis im Vergleich zum ersten Wahlgang verbessern können, was ihn freue.

Warum die Wahl seiner Ansicht nach so ausgegangen sei? "Vielleicht eine Retourkutsche für das Ergebnis von vor acht Jahren" sagt er mit Blick auf die geringe Unterstützung aus Herrenzimmern. Diese Vermutung sei zumindest von einigen Seiten zu ihm gedrungen.

Wie geht es für die Kandidaten weiter?

Hinter ihm liege ein anstrengender, aber fairer Wahlkampf. Wie es nun weitergeht? "Morgen klingelt der Wecker um 5 Uhr." Dann werde er als Klassenlehrer in der Schule sein. Die Kommunalpolitik werde er weiter interessiert verfolgen, so Hezel. Ob er sich irgendwann noch einmal engagieren will? "Sag niemals nie", meint er.

Wahlsieger Peter Schuster, der die Wahl mit der Verlängerung eines Pokalfinales verglich, betonte seinen großen Respekt gegenüber Felix Hezel. Er habe damit gerechnet, dass das Ergebnis knapp ausfallen werde. Schuster dankte seinen Wählern für das Geschenk ihres Vertrauens. Er hoffe, im Laufe der Zeit auch das Vertrauen jener gewinnen zu können, die ihn jetzt nicht gewählt hätten.

Er freue sich darauf, die anstehenden Aufgaben auf den Weg zu bringen – mit dem Rathaus-Team, dem Gemeinderat und der Beteiligung der Bürger im Interesse der Gesamtgemeinde.

Wichtig sei ihm eine solide Übergabe der Geschäfte im Jobcenter des Landkreises Freudenstadt, dessen Geschäftsführer Schuster aktuell noch ist. Darauf folge dann der Austausch mit dem Rathaus-Team und dem Gemeinderat. Auch Kontakte zu den Nachbargemeinden will Schuster früh knüpfen.

Anschließend werde er sich einen Überblick über die Rahmenbedingungen, unter anderem zur Budgetsituation, den Ergebnissen der Haushaltsstrukturkommission und anstehenden Projekten verschaffen und sich einarbeiten.

Am 10. Januar 2023 beginnt Schusters Amtszeit, wie Bürgermeisterstellvertreterin Bernadette Stritt bekanntgab. Am Abend vorher werde man in einer Gemeinderatssitzung die formelle Einsetzung vornehmen. Eine offizielle Amtseinsetzung soll im Rahmen des Neujahrsempfangs am 14. Januar in der Herrenzimmerner Halle stattfinden.

Der Abend klang mit Ständchen der Musikkapelle Lyra Herrenzimmern und Glückwünschen für den Wahlsieger aus, der meinte, er werde "auf angemessene Weise mit gebührenden Respekt" feiern.