Bevor der nächste Bauabschnitt der Sanierung genehmigt wird, müssen Ideen für die künftige Nutzung des Klosters her. Foto: Wolf-Ulrich Schnurr

Ortschaftsrat, Kirchengemeinde und Architekten haben darüber diskutiert, wie es in dem ehemaligen Dominikanerinnen-Kloster Binsdorf weitergehen könnte. Vereine und Grundschule sollen in die Überlegungen einbezogen werden.

Nicht nur wegen der kulturhistorischen Bedeutung des Klosters zog das Thema einige Zuhörer auch aus anderen Orten ins Rathaus: Die katholische Kirchengemeinde und die Vereine wollen wissen, wann und wie es beispielsweise für das „Markusheim“ weitergeht. Bis zum Beginn der Sanierung im Sommer 2021 war dieses ein wichtiger Treffpunkt und Veranstaltungsort der kleinen Stadt.

 

Regina Günzel, die gewählte Vorsitzende des katholischen Kirchengemeinderats, sieht in dem Projekt eine Chance, die Entwicklung für ganz Binsdorf voranzubringen. Mit der Restaurierung solle mehr Leben in den Ort gebracht werden und das Kloster als Teil Binsdorfs wahrgenommen – „nicht nur als Fremdkörper, in den man viel Geld steckt“.

Doch das Vorhaben kommt derzeit mit gedrosseltem Tempo voran: Bislang ging es vor allem um die statische Sicherung des Gebäudes und die Wiederherstellung kleiner Bereiche im Erdgeschoss.

Der Markussaal muss zentraler Punkt der Überlegungen sein

Noch nicht genehmigt hat das Diözesan-Bauamt hingegen die Instandsetzung des Markussaals. Dies, vermuten die mit der Sanierung betrauten Architekten Isabel David und Timo Raible, könnte beschleunigt werden, wenn für das Obergeschoss eine Nutzung gefunden würde, die auch den Saal im Erdgeschoss belebt.

David unterstrich, die Gemeinde müsse das Potenzial des Gebäudes für das Gemeinwesen erkennen: „Sie müssen Ihr Herzstück, den Ortskern, wieder in den Blick nehmen.“ Ob Hochzeitsfeiern, Taufen, Schulmensa oder Seniorenmittagessen: Für den Konventssaal gehe es erstmal nur um eine Interessenbekundung.

Alfons Bürk, Architekt und Städteplaner aus Rottweil, verglich die Situation mit Geislingen. In Binsdorf gebe es eine ähnliche Situation wie einst mit dem ehemaligen Wasserschloss, in dem viele Vereine untergebracht waren. Nachdem die meisten ins Bürgerhaus „Harmonie“ gewechselt sind, könnte man sich über eine Nutzung des Schlosses Gedanken machen.

Bankgebäude, Kloster und Schule hängen zusammen

„Die Gesellschaft braucht Platz“, erwartet der Städteplaner für kommende Jahre: Die Gesellschaft müsse begleitet werden, von den Kinderschuhen bis zum hohen Alter. Dafür brauche man Räume.

Der ehemalige Provinzialsaal Foto: Wolf-Ulrich Schnurr

In Binsdorf benötige beispielsweise die Stadtkapelle größere Räume, führte Bürkle aus. Im ehemaligen Bankgebäude – „das ist ein Juwel“ – habe man „eine geniale Hülle“.

Doch in diesem sind derzeit – wie einst im Geislinger Schloss – Vereine untergebracht. Um die ehemalige Raiffeisenbank umzubauen, müssten sie für eine gewisse Zeit anderswo unterkommen.

Für Kooperation ist Fördergeld in Aussicht

„Das Binsdorfer Kloster sollten wir für die Zukunft der Gesellschaft versuchen zu nutzen“, sagte der Städteplaner. Er hält eine „Kombinutzung“ durch einen Investor – beispielsweise die Biogärtnerei B2 - und die Gemeinschaft für möglich.

Auch eine kombinierte geschäftliche und öffentliche Nutzung wäre denkbar. Foto: Wolf-Ulrich Schnurr

Die beste Kombination sei die Kooperation von weltlicher und Kirchengemeinde. Genau dafür gebe es in absehbarer Zeit Fördergeld.

Jetzt sei es an der Zeit, mit den Vereinen und der Schule zu sprechen, sagte Bürk. Daraus entstehe eine Willensbekundung, „der nächste Schritt, um weiter bauen zu können“, erwartet er. Und er schlug Ortstermine mit den Vorständen vor, damit diese sich einen besseren Eindruck von den Räumen machen können.

„Rottenburg will nicht ins Leere planen“

„Rottenburg“ wolle nicht ins Leere planen. Die eigentliche Finanzierung der Sanierung sieht Bürkle jedoch als „bis hinten raus“ gesichert an.

Raible hielt fest, das Kloster sei nicht nur ein Erbe der Diözese, sondern von ganz Binsdorf: „Das ist das Herz Ihres Orts.“

Das ehemalig Kloster war einst Zentrum des Orts und sollte es aus Sicht der Planer auch wieder werden. Foto: Wol-Ulrich Schnurr

Er warnte vor „Donut-Gemeinden mit verwaistem Innenort und Neubaugebieten an der Peripherie. Das Kloster könne den Ortskern vitalisieren und eine attraktive Wohnumgebung schaffen. Davon profitiere dann auch der Wert der privaten Immobilien.

Günzel beendete den detailreichen Austausch mit einer persönlichen Stellungnahme: Ein großes Anliegen sei ihr, das Miteinander im Ort zu stärken. „Das Kloster soll für alle offen sein.“

Was sagen die Ortschaftsräte?

Jonathan Pauli
kritisierte, auch sechs Jahre nach Beginn der Planungen liege noch immer kein Nutzungskonzept vor. Regina Günzel entgegnete, für das Obergeschoss habe die Kirchengemeinde vielversprechende Anfragen erhalten. „Vier, fünf Projekte – doch diese Pläne haben sich leider alle zerschlagen“, bedauerte sie.

Hans-Jürgen Weger
hielt fest: „Die Nutzung es Klosters steht und fällt mit dem Markusheim.“ Dieses biete Platz für 60 Leute und mache das Gebäude für Projekte erst interessant. „Rottenburg schießt sich ins Knie und muss über seinen Schatten springen“, sagte Weger. Für Ideen wie gemeinsame Mittagessen und ähnliches brauche man den großen Raum. Isabel David sagte, die Diözese könne man insofern verstehen, dass ein gewisses Grundinteresse bestehen müsse, um weitere Investitionen zu rechtfertigen. Es gehe weiter, unterstrich Timo Raible und warnte: „Die Alternative wäre, dass es gar keine Nutzung gibt und das Gebäude verfällt.“

Andreas Bonaus
ordnete ein: Der Geislinger Gemeinderat hatte eine Ortsbegehung, auch im alten Raiffeisengebäude und der Schule, „wo die Platznot drückt“. Für die Kernzeitbetreuung bräuchte letztere einen größeren Raum. Dafür käme das Kloster in Frage. Die örtlichen Vereine bemängelten: „Wir haben in Binsdorf nirgendwo eine Möglichkeit wie in Geislingen die ,Harmonie’.“

Alla Bauer
fragte, ob es ein Nutzungskonzept der kleinen Räume im Obergeschoss gebe? Für diese böte sich vielleicht betreutes Wohnen an. Da gebe es eine Lücke in Binsdorf. Laut David geht es aber „eher um das große Ganze, inklusive des Barockgartens, nicht um einzelne Räume“. Betreutes Wohnen schloss sie aus: „Wir kriegen das nationale Denkmal im Obergeschoss und im Garten nicht barrierefrei.“

Johnathan Pauli
findet, falls die Bio-Firma B2 als Investor aufspringe, wäre das eine interessante Alternative zum Raiba-Gebäude, in das man viel investieren müsse. Fürs Kloster bräuchte man aber eine dritte Partei, denn die finanziellen Mittel seien endlich: „Ein weiteres Millionenloch wie die ,Harmonie’ kann sich die Stadt nicht leisten.“

Andreas Bonaus
betonte: „Die Stadt Geislingen muss für das Kloster gar nichts bezahlen.“ Er hätte gerne ein Gebäude, das für Binsdorf die nächsten 50 Jahre zur Verfügung steht. Es gehe allerdings um den Mietpreis: Es sei nicht möglich, dass ein Verein 1000 Euro monatlich bezahle. Dann funktioniere das Konzept nicht. Er hat diese Idee: Im Obergeschoss könne jeder Verein einen kleinen Raum erhalten, beispielsweise zur Lagerung von Instrumenten. Den großen Saal sollten alle gemeinsam nutzen. „Dann bekämen wir die Raiba leer.“ Das Problem: Für die Lagerung von Ausstattung der verschiedenen Vereine brauche man einzelne Räume. Ohne Förderung werde das nicht funktionieren.

Stefan Bitzer
widersprach: Als bloßen Lagerraum fände er das Kloster zu schade.