Junge Ärztinnen halten am 20. Mai 2010 in Stuttgart ein Plakat mit der Aufschrift "Halbtags-Job Arzt Acht bis Acht" in den Händen. Foto: dpa

Jetzt wird es ernst. Die Ärzte im städtischen Klinikum wollen ihren Arbeitskampf verschärfen.

Stuttgart - Jetzt wird es ernst. In der dritten Woche des unbefristeten Streiks wollen die Ärzte im städtischen Klinikum ihren Arbeitskampf verschärfen. In der ersten Woche hatte es nur zurückhaltende Streikaktionen gegeben, in der Woche nach Pfingsten waren die Arbeitsniederlegungen sogar ausgesetzt worden.

Dr.Udo Schuss ist Oberarzt am Katharinenhospital und Streikleiter in Stuttgart im Arbeitskampf der Ärzteorganisation Marburger Bund gegen das Klinikum. "In dieser Funktion bezieht man nur Prügel", sagt der Arzt. Denn Prügel bekommt er gerade genug - und das gleich von zwei Seiten. Zum einen ist die Ärztegewerkschaft Marburger Bund schlecht auf Schuss zu sprechen. Hat er sich doch dafür starkgemacht, anders als in anderen kommunalen Krankenhäusern den Streik am Klinikum Stuttgart in der Woche nach Pfingsten auszusetzen.

Alle städtischen Krankenhäuser betroffen

Nach der Ankündigung, in der kommenden Woche den Arbeitskampf am Klinikum zu verschärfen, steht er in der Kritik der Geschäftsführung und einiger Chefärzte. "Ich bin ein älteres Semester und halte jetzt den Kopf hin", gibt sich Schuss stoisch und gibt für die kommenden Woche die Parole aus: "Wir schlagen jetzt eine härtere Gangart ein."

Betroffen sein werden alle vier städtischen Krankenhäuser, also Katharinenhospital, Bürgerhospital, Olgahospital und Krankenhaus Bad Cannstatt. Zwischen dem Klinikum und dem Marburger Bund wurde eine Notvereinbarung geschlossen. Damit wird sichergestellt, dass Notfälle behandelt werden. Außerdem werden wichtige Behandlungen wie Dialysen, Chemotherapien und Bestrahlungen gemacht. "Es wird aber zu Einschränkungen bei Aufnahmen, Untersuchungen und Behandlungen kommen", teilte das Klinikum mit.

"Beträchtlicher wirtschaftlicher Schaden"

Anders als in der ersten Streikwoche, als durch die Notvereinbarung der Einsatz von 40 Prozent der Mediziner im Klinikum Stuttgart sichergestellt war, werden in der kommenden Woche nur 30 Prozent der Ärzte ihren Dienst versehen.

Nach Einschätzung von Udo Schuss ist die Kampfbereitschaft seiner Kollegen inzwischen gewachsen. "Vor allem die Assistenzärzte sind wild entschlossen", sagt der Streikführer. "Hier sind eher die Oberärzte die Weicheier." Doch die Hauptbremser des Streiks sind in der Medizinerhierarchie anderswo angesiedelt. Es sind die Chefärzte. "Einige von ihnen erklären einfach ihre gesamten Operationspatienten zu Notfällen", weiß Schuss. "Da sehe ich Konflikte entstehen."

"Beträchtlicher wirtschaftlicher Schaden"

Die Leitung des Klinikums nennt vor dem Hintergrund der schwierigen finanziellen Lage der kommunalen Krankenhäuser "eine unbefristete Fortsetzung des Streiks in diesem Umfang völlig überzogen". Er verschlechtere die Situation des Klinikums, seiner Beschäftigten und der Patienten nachhaltig. "Es ist von einem beträchtlichen wirtschaftlichen Schaden für das Klinikum Stuttgart in Höhe von mehreren Millionen Euro auszugehen."

Am Montag gibt es von 10 bis 13 Uhr vor dem Katharinenhospital eine Streikveranstaltung. Kuchen wird für den symbolischen Preis von 1,28 Euro verkauft, das entspricht dem Zuschlag für eine Stunde Nachtarbeit eines Arztes. Außerdem können sich Patienten von Medizinern aller Fachrichtungen beraten lassen. Am Mittwoch gibt es eine vergleichbare Veranstaltung vor dem Krankenhaus Bad Cannstatt.