Auch für die Fusion der Klinikgesellschaften votiert die Mehrheit der Calwer Kreisräte. Foto: Ralf Klormann

Der Zusammenschluss der Klinikgesellschaften wurde zwar mehrheitlich vom Kreistag beschlossen. Doch nicht jeder hält den Vertrag für gelungen. Insbesondere was Kündigungsrecht und Verlustübernahme angeht, gibt es Vorbehalte.

Als der Kreistag am Montag den Punkt „Medizinkonzept“ abschloss, um als Nächstes über die Fusion der Klinikgesellschaften Calw und Böblingen zu sprechen, bahnte sich eine Wiederholung an.

 

Wie bereits beim vorgenannten Thema beantragte die AfD-Fraktion erneut, nicht darüber abzustimmen, sondern das Thema von der Tagesordnung zu nehmen. Fraktionschef Günther Schöttle erklärte, Fusionen würden in der Regel nicht selten dazu dienen, unliebsame Mitbewerber vom Markt zu kriegen oder gutes Personal zu versetzen.

Doch auch unabhängig davon würden die Probleme der Kliniken durch eine Fusion ja nicht verschwinden. Der Kreis Calw müsse diese zudem selbst lösen. Und es sei möglich, dass der Kreis darüber hinaus durch die Fusion von Böblingen übervorteilt werde – beispielsweise mit Blick auf die möglicherweise hohen Betriebskosten, die beim Flugfeldklinikum entstehen könnten.

Insgesamt liege auch hier nicht genügend Information vor, um entscheiden zu können. Der Antrag erhielt elf Stimmen und wurde erneut abgelehnt.

Die Fusion Landrat Helmut Riegger erklärte im Folgenden die Eckpunkte der Fusion. Diese bringe verschiedene Vorteile, etwa kürzere Entscheidungswege, durch die schneller auf Herausforderungen reagiert werden könne. Somit verbessere sich die Wettbewerbsfähigkeit. Und das „Wir-Gefühl“ trete deutlicher hervor. „Unterschätzen Sie das bitte nicht“, unterstrich Riegger.

Nicht zuletzt ermöglicht erst die Fusion das Medizinkonzept. Denn Erstere bietet dem Kreis Böblingen die nötige Sicherheit, um die eigenen Schritte für Letzteres einzuleiten. Etwa die Verlegung einer Abteilung – der Geburtshilfe in Herrenberg – über die Kreisgrenzen hinweg nach Nagold. Die Herrenberger Klinik verliert durch das Konzept seinen Status als klassisches Krankenhaus.

Auch die Bedingungen der Fusion seien so ausgehandelt, dass die Rechte und Interessen des Landkreises Calw „gut gewahrt“ blieben, sagt Riegger.

Immobilien bleiben in der Hand der Landkreise

So bleiben beispielsweise die Immobilien in den Händen der Landkreise – was nicht zuletzt bedeutet, dass Böblingen für etwaige Investitions-Explosionen am Flugfeldklinikum selbst geradestehen müsste.

Darüber hinaus gebe es einen ausgeprägten Minderheitenschutz, durch den der Kreis Calw bei wesentlichen Entscheidungen – wie der Verlegung einer Fachabteilung oder der Schließung einer Klinik – zustimmen muss.

„Es ist nicht einfach gewesen“, so der Landrat. Am Ende seien aber „umfangreiche Sicherheitssysteme“ umgesetzt worden.

Die Fraktionen Jürgen Großmann (CDU) erklärte, „wir wollen und wir müssen enger zusammenarbeiten“. Und er widersprach der Behauptung, Böblingen sei unfair mit Calw umgegangen. Es gebe zwar natürlich unterschiedliche Interessen, die seien aber gewahrt worden.

Volker Schuler (Freie Wähler) meinte, dass kein Vertrag alternativlos sei. Es wäre auch möglich gewesen, einen anderen Partner zu suchen oder einen Eigenbetrieb zu führen. Einen besseren Partner gebe es jedoch nicht, und ein Eigenbetrieb biete mehr Risiken als Chancen.

Ursula Utters (SPD) bekräftigte, dass der Klinikverbund aktuell schwerfällig bei Entscheidungen sei. Sie zeigte sich überzeugt, die Fusion werde zu einer Stärkung führen.

Grießhaber: Lassen uns nicht über den Tisch ziehen

Erich Grießhaber (Grüne) wies indes „Horrorszenarien“ zurück. An der Befürchtung, der Kreis Calw müsse die Verluste des Flugfeldklinikums tragen, seien die Verhandlungen beinahe gescheitert. „Uns vorzuwerfen, wir würden uns von den Böblingern über den Tisch ziehen lassen, entspricht einfach nicht der Wahrheit“, sagte er.

Albrecht Joos und Peter Schuon (beide FDP) hielten das Kündigungsrecht für nicht ausreichend. Dieses sieht vor, dass nur aus „wichtigen Gründen“ gekündigt werden darf – oder einmalig innerhalb des ersten Halbjahres 2038 ohne Grund. Dadurch sahen die Räte die Hände der Gremien der Zukunft gebunden.

Die Kritiker Eberhard Bantel (Freie Wähler) betrachtete den bisherigen Vertrag als ausreichend – und kritisierte verschiedene Punkte der Fusion. Neben der Hürden für eine Kündigung bemängelte er unter anderem auch die Verlust-Regelung. Denn ab 2030 soll es eine Quote geben, nach der die Verluste aufgeteilt werden – egal wo sie entstehen. Dies soll 2035 nochmals überprüft werden. Bantel sprach sich für Nachverhandlungen aus.

Auch Martin Handel (Freie Wähler) zeigte sich mit einigen Punkten unzufrieden, etwa ebenfalls mit den Kündigungsmöglichkeiten. Und dass der Kreis künftig nicht mehr allein über die medizinischen Angebote vor Ort entscheiden dürfe, was bis jetzt noch möglich sei.

Beschluss fällt klar aus

Bernhard Plappert (CDU) meinte, er kenne einen Chefarzt, der Calw mal als gallisches Dorf bezeichnet habe, das sich mit allen im Krieg befinde. Allerdings habe man keinen Zaubertrank und müsse daher auf Kooperation statt Konkurrenz setzen – gerade auch angesichts starker Nachbarn.

Dass das Recht zur ordentlichen Kündigung erst so weit in der Zukunft liege, sei Absicht gewesen, um diese nicht als „Damoklesschwert“ oder potenzielle Drohung im Raum zu wissen, während sich alles noch im Aufbau befinde.

Johannes Schwarz (Grüne) sah das Kündigungsrecht sogar als „wichtigen Hebel“, um zu gegebener Zeit vielleicht neu zu verhandeln, wenn nötig. Bis 2038 habe sich gezeigt, was funktioniere und was nicht.

Die Entscheidung Ähnlich wie bei der Medizinkonzeption, fiel der Beschluss klar aus. Bei elf Gegenstimmen und einer Enthaltung stimmte der Kreistag für die Fusion.