Die Stadt sucht neue Flächen für Windkraft. Foto: Hopp

Das wird das Konfliktthema der nächsten Jahre: Wie bekommt Horb den Klimaschutz hin? Mit einem Grundsatzbeschluss will das Rathaus jetzt einen neuen Flächen-Suchlauf starten. Damit sollen Windräder und Photovoltaik möglichst ohne Proteste und Widerstand entstehen.

Horb - Nach dem Windkraft-Aus im Großen Hau in Rexingen muss jetzt ein Neustart im Klimaschutz her. OB Peter Rosenberger: "Ich wünsche mir, dass Verwaltung und Gemeinderat im Schulterschluss einen Grundsatzbeschluss fassen. Inhalt: Die gesamte Fläche der Stadt soll auf geeignete Flächen für Windkraft und Photovoltaik untersucht werden. Dabei sollen Flächen identifiziert werden, die weniger konfliktträchtig sind!"

Konkret: Das Rathaus will im neuen Suchlauf nach diesem Grundsatzbeschluss die Flächen rauspicken, die groß genug sind und andererseits auch keine hochwertigen landwirtschaftlichen Böden sind. Beispielsweise auch Öko-Ausgleichsflächen.

Denn eins ist klar: Rathaus und Gemeinderat haben ihre 2011 selbstgesteckten Ziele auf dem Weg zur "klimaneutralen Kommune" verfehlt. Stadtwerke-Chef Eckard Huber rechnet vor: "2009 hatten wir einen Ausstoß von 222 600 Tonnen CO2 jährlich. Eigentlich sollten wir im Jahr 2020 bei einem Ausstoß von 144 000 Tonnen sein – doch wir liegen um 55 000 Tonnen jährlich drüber."

Ziel verfehlt

Eigentlich sollte die Windkraft im Großen Hau auf dem Weg ein großes Stück helfen, doch nach heftigem Bürgerwiderstand untersagte auch das Land nach einer Petition den geplanten Windpark wegen Fehlern im Flächennutzungsplan.

Jetzt sagt Stadtwerke-Chef Eckhard Huber: "Das neue Klimaschutzgesetz gibt jetzt das Ziel klimaneutrale Kommune für Horb bis zum Jahr 2045 vor. Das können wir schaffen, wenn wir sofort loslegen. Aber ohne den Ausbau von Photovoltaik und Windkraft schaffen wir das nicht!"

Warum nicht? Huber hat mal ausgerechnet, was die Maßnahmen bis zum Jahr 2018 an CO2-Einsparungen gebracht haben. Nahwärmenetze, Sanierung städtischer Gebäude, Wasserkraft, LED-Beleuchtung. Kam auf 35000 Tonnen CO2-Einsparung im Jahr zwischen 2011 und 2018.

Sparpotenzial bei Strom

Das meiste an CO2 ist noch beim Strom rauszuholen. Hier lag der Gesamtverbrauch in Horb im Jahr 2009 bei gut 139 000 Megawattstunden. Nutzt man alle Freiflächen (50 Hektar hat der Gemeinderat im Jahr 2018 beschlossen) und Dächer, bekommt man 100 000 Megawattstunden CO2-neutral zusammen. Bei Windkraft sind 72 000 Megawattstunden an Potenzial drin. Dies entspräche 14 Windrädern der neuesten Generation, die laut Huber inzwischen in Gegenden wie unserer 5000 Megawattstunden installierte Leistung jährlich bringen könnten. Rosenberger: "Im Großen Hau kamen wir damals nach den vertiefenden Gutachten auf fünf mögliche Windräder."

Was bringt die Solardach-Initiative der Stadtwerke, die neue Juwi-Photovoltaikanlage bei Ahldorf und die neuen Nahwärmenetze?

Huber: Bei der Solardachinitiative und den Photovoltaik-Anlagen wie auf der Erddeponie und im Solarpark Reute haben wir bisher 44 Prozent des Strompotenzials von 47 000 Megawattstunden erreicht. Die Juwi-Anlage wird an installierter Leistung 13 Megawattstunden bringen."

Rein rechnerisch bringt die Solarpower so 39000 Megawattstunden. Das Potenzial der Photovoltaik liegt bei 99000 Megawattstunden.

Rosenberger: "Wir werden deshalb jetzt eine neue Marketing-Offensive starten." Huber: "Inzwischen haben wir so gute Speicherangebote, dass wir im Rahmen unserer Solardachinitiative bei größeren Anlagen das gleich mit bieten können. Damit können die Kunden dann auch über Nacht ihre E-Autos laden."

Nahwärme

Huber zum Thema Nahwärme: "Wir werden weitere Gebiete prüfen." OB Rosenberger: "Da kommen aber nur bestimmt Quartiere in Frage. In Neubaugebieten, wo die Häuser ohnehin schon kaum noch geheizt werden müssen, macht Nahwärme unserer Meinung nach keinen Sinn."

Kann die Kommune alleine die Energiewende schaffen? Definitiv nicht. Im aktuellen Windatlas gibt es zwei Top-Gebiete für Windkraftanlagen: Die Wald-Hochebenen wie der Priorberg und das Gebiet gegenüber Richtung Betra. OB Rosenberger: "Diese Gebiete sind großflächig in Privatbesitz. Ein Eigentümer könnte dort sofort Windkraft installieren lassen und benötigt lediglich eine Baugenehmigung." Zweiter Top-Standort: Die Anhöhe am ehemaligen Truppenübungsplatz und Talheim. Doch diese Flächen sind auch großteils in privater Hand. Stadtwerke-Chef Huber: "In städtischem Besitz haben wir keine durchgehenden Flächen, die die Installation von drei Windrädern aufgrund der Abstandregelungen erlauben würde."

Neuer Suchlauf

Definitiv. Weil der "Filter" so eingestellt wird, dass die Landwirte die guten Böden, ertragreichen Böden behalten können. Möglichst kein Wald in Mitleidenschaft gezogen wird. Und durch eine geschickte Kombi zwischen privaten Eigentümern und der Kommune möglicherweise Flächen für erneuerbare Energien rauskommen, die Investoren Mut machen könnten. OB Rosenberger: "Ich denke, wir sollten auch Bürgerbeteiligungen an den Anlagen bieten. Wenn das Windrad vor der Haustür auch noch Rendite abwirft, könnte das ein Argument gegen die Widerstände sein."