Hurrikan „Florence“ über dem US-Bundesstaat Florida, aufgenommen von der Weltraumstation ISS am 18. September 2018. Foto: Imago/Zoonar

Trifft nun alle zwei Wochen ein Hurrikan auf die USA? Das wohl nicht. Aber starke Wirbelstürme sind dort tatsächlich häufiger geworden. Ihre Auswirkungen können bis Deutschland zu spüren sein.

Die Menschen im US-Bundesstaat Florida hatten kaum Zeit, um aufzuräumen und aufzuatmen. Nur zwei Wochen lagen zwischen den Hurrikans „Helene“ und „Milton“. Klar ist: Der Klimawandel macht solche heftigen Wirbelstürme häufiger.

 

Was hat das Klima mit Hurrikanen zu tun?

Durch den Klimawandel steigen nicht nur die Lufttemperaturen, sondern auch die des Wassers in den Ozeanen. Als sich „Helene“ bildete, lagen sie im Golf von Mexiko etwa zwei Grad Celsius höher als vor Beginn der Industrialisierung. Durch die Wärme bekommen die Wirbelstürme mehr Energie und werden gefährlicher.

Das Ergebnis: Nicht zwingend mehr Hurrikans , aber stärkere. „Eine zwei Grad höhere Wassertemperatur führt bei einem Hurrikan zu einer Windgeschwindigkeit, die um 80 Kilometer pro Stunde höher liegt“, sagt Meteorologe Karsten Schwanke.

Dieses Aufnahme des GOES-16 GeoColor-Satelliten zeigt den Hurrikan „Helene“ im Golf von Mexiko, der sich am 26. September 2024 auf Florida zubewegt. Foto: National Oceanic and Atmospheric/Uncredited/dpa

Werden Hurrikane immer stärker?

Forscher haben sogar schon vorgeschlagen, die Hurrikan-Skala zu erweitern, weil es mittlerweile Stürme gibt, die weit über den Windgeschwindigkeiten anderer Stärke-5-Stürme liegen, also der bisher höchsten Kategorie. Sie erreichen mehr als 300 Kilometer pro Stunde.

In den vergangenen Jahren hätten mehrere tropische Wirbelstürme eine Windstärke von über 86 Metern pro Sekunde gehabt, schreiben Forcher in den „Proceedings“ der US-nationalen Akademie der Wissenschaften („PNAS“). Das entspricht über 309,6 Kilometern pro Stunde.

Eine Analyse von Daten aus den Jahren 1980 bis 2021 ergab nach Angaben der Autoren, dass fünf Stürme in die neue hypothetische Kategorie 6 eingestuft worden wären. Alle diese Stürme seien in den letzten neun Jahren der Datenreihe aufgetreten, schreiben Michael Wehner vom Lawrence Berkeley National Laboratory in Berkeley und James Kossin von der University of Wisconsin–Madison.

Eine Brücke entlang der Interstate 26 ist nach dem Hurrikan „Helene“ zerstört. Foto: AP/Jeff Roberson/dpa

Gibt es weitere Effekte durch den Klimawandel?

Ein Grund für die Steigerung sei der Klimawandel und der damit einhergehende Anstieg der Meerestemperaturen. Dieser liefere zusätzliche Wärmeenergie für die Hurrikans, die somit stärker werden könnten.

Wärmere Luft kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen. Das bedeutet, dass Hurrikans heute oft mehr Regen und somit Überschwemmungen bringen also früher. Damit erhöht sich ihre Zerstörungskraft noch einmal.

Die höhere Feuchtigkeit hat noch einen weiteren Effekt: Einer Studie zufolge schwächen sich die Hurrikans dadurch über Land deutlich langsamer ab als früher. Während sie in den 1960er Jahren nach einem Tag an Land noch 50 Prozent ihrer Intensität aufwiesen, sind es mittlerweile 75 Prozent.

Aufnahme des Hurrikans „Milton“ über dem Golf von Mexiko von der Internationalen Raumstation ISS aus. Foto: ZUMA Press Wire/Nasa/dpa

Was haben fossile Brennstoffe mit Hurrikanen zu tun?

Die Regenfälle und Winde des Sturms „Helene“, der Ende September über den Südosten der USA hinwegfegte, sind nach Erkenntnissen von Wissenschaftlern durch den Klimawandel um zehn Prozent heftiger ausgefallen. Dies geht aus einer am Mittwoch veröffentlichten Schnellanalyse der Forschungsinitiative World Weather Attribution (WWA) hervor.

Die WWA-Analyse kommt zu dem Ergebnis, dass die fossilen Brennstoffe als Hauptverantwortliche für den globalen Klimawandel die Wahrscheinlichkeit von Stürmen wie „Helene“ in der Region um das Zweieinhalbfache erhöht haben. Rechnerisch bedeute dies, dass mit solchen Stürmen statt alle 130 Jahre nun alle 53 Jahre zu rechnen sei, heißt es weiter.

Rutherford Grafschaft: Trümmer und viel Holz treiben in dem von Hurrikan Helene verursachten Hochwasser in Rutherford County, North Carolina. Foto: AP/Tariq Bokhari/dpa

Inwiefern hängt das schnelle Aufeinanderfolgen von „Helene“ und „Milton“ mit dem Klima zusammen?

„Das ist Zufall“, erläutert der Klimaforscher Mojib Latif vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. Einzelne Wetterphänomene wie Hurrikans könne man nie genau vorhersagen. Aber die Wahrscheinlichkeit für solche Stürme sei generell höher geworden. „Die heftigen Hurrikans ab Kategorie 2 haben deutlich zugenommen.“

Warum wird Deutschland nicht von Hurrikanen getroffen?

Weil es sich dabei um tropische Wirbelstürme handelt. Sie brauchen also warmes Ozeanwasser, nämlich nach Angaben des Deutschen Wetterdiensts (DWD) 26 Grad Celsius bis zu einer Tiefe von rund 50 Metern. Der Atlantik vor Europa ist schlicht zu kühl für die Entstehung.

Allerdings können die Ausläufer der Wirbelstürme schon bis nach Europa ziehen – so wie jüngst „Kirk“, der am Mittwoch (9. Oktober) als Herbsttief in Deutschland ankam und Starkregen gebracht hat. Solche Starkregen-Ereignisse würden in Europa häufiger, wenn sich der Nordatlantik erwärmt, betont der Chef der Klimabeobachtung bei der Weltwetterorganisation (WMO), Omar Baddou.

Die Feuerwehr beseitigt am 10. Oktober 2024 in Bamberg einen umgestürzten Baum, der auf ein Auto gestürzt ist. Foto: NEWS5/Ferdinand Merzbach/dpa

Wo überall auf der Welt entstehen Hurrikane?

Im Atlantik sowie im Nordost-Pazifik. Allerdings bilden sich solche tropischen Wirbelstürme, die mindestens Orkanstärke erreichen, auch anderswo. Dort heißen sie dann nur anders: Taifun im Nordwest-Pazifik sowie Zyklon in Indischen Ozean und Südwest-Pazifik.

Nach Angaben der US-Weltraumbehörde Nasa gab es die meisten Wirbelstürme seit 1985 im Pazifik. Dort sind die warmen Wasserflächen am größten. Interessanterweise gibt es direkt am Äquator keine Wirbelstürme, weil auch die Erdrotation bei ihrer Bildung eine Rolle spielt. Laut dem DWD kann sich ein Wirbelsturm erst einem Abstand von fünf bis acht Grad vom Äquator bilden. Dann fangen die Gewitterwolken an, sich zu drehen.

Nachtansicht von Hurrikan „Milton“: Der Moment, in dem das Auge in Siesta Key als Hurrikan der Kategorie 3 mit Windgeschwindigkeiten von 193 km/h an Land geht, gezeigt auf dem GOES-East-Satelliten um 00:31 GMT, 9. Oktober 2024 in Sarasota, Florida. Foto: Cira/Noaa/Noaa/Planet Pix/ZUMA Press Wire/dpa

Kann man Hurrikane stoppen?

Ein ausgewachsener Hurrikan setzt alle 20 Minuten so viel Wärmeenergie frei wie eine Atombombe mit der Sprengkraft von zehn Megatonnen TNT. Das sei mehr als die gesamte Energie, die die Menschheit zu einem bestimmten Zeitpunkt verbrauche, erklärt der Leiter der Tropenanalyse im US-Hurrikanzentrum, Chris Landsea.

Der Klimawandel sorgt dafür, das Hurrikans noch mehr Zerstörungskraft tanken können. Er erwärmt die Ozeane und Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Hurrikans über wärmerem Wasser mehr Energie aufnehmen und in der aufgewärmten Atmosphäre mehr Wasser als Regen fallen kann.

„Die Energiemenge, die ein Hurrikan erzeugt, ist Wahnsinn“, unterstreicht der Hurrikanforscher Phil Klotzbach von der Colorado State University. „Es ist der Gipfel menschlicher Arroganz, wenn man glaubt, die Macht zu haben, diese Energie zu lenken.“