Fawad Mehmood ist Klimaschutzbeauftragter von Bad Liebenzell. Foto: Meinert

Seit Februar hat Bad Liebenzell einen Klimaschutzbeauftragten. Der junge Mann, der den Job innehat, schätzt unter anderem deutsche Direktheit und deutsche Pünktlichkeit.

Bad Liebenzell - Der neue Mann heißt Fawad Mehmood, er kommt aus Pakistan und hat in Lahore Chemie studiert. Dann wechselte er nach Freiburg, studierte dort Umweltwissenschaften. "Ich wollte immer schon etwas mit Umweltschutz zu tun haben", sagt der 29-Jährige heute. Seit dem 1. Februar dieses Jahres hat Mehmood nun einen Arbeitsplatz im Rathaus von Bad Liebenzell, sein offizieller Titel heißt Umweltschutzbeauftragter der Stadt. Man kann also getrost sagen, der junge Mann aus Asien hat einen weiten Weg hinter sich gebracht – und das nicht nur in Kilometern gemessen. Man könnte aber auch das, was er erreicht hat, schlichtweg eine Bilderbuchkarriere und einen echten "Migrationserfolg" nennen.

Viele Möglichkeiten, die Umwelt zu schützen

Mehmood trägt lange dunkle Haare und Vollbart, auf den ersten Blick wirkt er wie ein Student. Tatsächlich hat er seinen Masterabschluss erst im vergangenen Jahr erfolgreich hinter sich gebracht. Die Stelle in Bad Liebenzell ist sein erster Job. "Ich habe mich für diese Stelle entschieden, weil ich hier viele Möglichkeiten habe, die Umwelt zu schützen", sagt er. Zudem habe er Bad Liebenzell gleich auf den ersten Blick "voll schön" gefunden. Im Kern gehe es darum, dass Leben und Wirtschaften in der Kurstadt nachhaltiger und umweltschonender zu gestalten – eine langfristige Aufgabe also.

Was seinen Job angeht, sieht Mehmood zunächst einmal das große Ganze, den großen Zusammenhang. Das Klimaschutzgesetz des Landes Baden-Württemberg sieht vor, dass das Land bis zum Jahr 2040 klimaneutral werden soll. Zugleich werden die Kommunen verpflichtet, ihren Energieverbrauch zu erfassen und gegebenenfalls zu verringern. "Und hier kommt der Klimaschutzbeauftragte ins Spiel", so der junge Mann.

Wie weit ist der Weg zur Klimaneutralität?

Seine Hauptaufgabe sei es ein "integriertes Energie- und Klimaschutzkonzept" zu erarbeiten – und zwar ganz gezielt auf die Stadt beschränkt und auf diese zugeschnitten. Erste Etappe dabei sei es, "zunächst einmal den Ist-Zustand zu ermitteln, also etwa wie hoch ist unser Energieverbrauch in den öffentlichen Liegenschaften, wie stark ist der CO2-Ausstoß?".

Die Frage ist also, "wo liegen wir zur Zeit?" wie weit ist der Weg zur Klimaneutralität? Die zweite Etappe wäre es dann, einen Maßnahmenkatalog zu erstellen, was die Stadt alles tun könnte, um Energieverbrauch und CO2-Ausstoß zu senken sowie mehr erneuerbare Energie einzusetzen. Nicht zufällig schweift Mehmoods Blick bei dieser Aussage aus dem Fenster seines Amtszimmers. "Ich sehe auf das Rathausdach", sagt er. "Hier könnte man etwa Solarzellen aufstellen, das wäre ein Schritt." Eine weitere konkrete Maßnahme wäre etwa der verstärkte Einsatz von Wärmepumpen, sinniert der Klimaschutzbeauftragte. Allerdings: Er selbst kann derartige Schritte nicht entscheiden, dazu reichen seine Kompetenzen nicht. Seine Aufgabe seien Beratungen und Empfehlungen. "Entscheiden muss der Gemeinderat."

"Hier in Deutschland ist die Qualität des Studiums gut"

Mehmood spricht bei leichtem Akzent nahezu perfekt Deutsch, er drückt sich fachmännisch und gewählt aus. Deutsch gelernt habe er beim Goethe-Institut in Lahore. Die Frage, warum er sich für Deutschland als Studienort entschieden habe, beantwortet er so: "Hier in Deutschland ist die Qualität des Studiums gut, das Studium ist beinahe kostenlos, und in Deutschland werden junge Menschen als Fachkräfte gesucht." Ganz nebenbei gefalle ihm die Kultur, "dass es keinen Nationalismus gibt, dass die Deutschen sehr direkt sind – ja, und auch pünktlich" – beim Thema Pünktlichkeit lacht er ein wenig. Das Studium habe er sich übrigens selbst finanziert, staatliche Hilfen habe er nicht beansprucht, stattdessen habe er bei McDonald’s und in der Uniklinik gejobbt.

"Wir in Pakistan nutzen dieses Potenzial nicht"

Immer wieder weist der junge Mann auf die Unterschiede zwischen Deutschland und Pakistan in Sachen Umweltschutz hin. Etwa beim Thema Solarenergie: "In Pakistan etwa ist das Potenzial für die Nutzung der Sonnenergie um ein Vielfaches höher als in Deutschland. Die Sonne scheint hier zehn Monate im Jahr", sagt Mehmood, der bei diesem Thema zunehmend eifrik wirkt. "Aber wir in Pakistan nutzen dieses Potenzial nicht." Wenn es eine Skala für Umweltengagement gäbe, sagt Mehmood, die von eins bis zehn reiche, "dann würde Deutschland ganz oben bei neun oder zehn liegen und Pakistan ganz unten, etwa bei zwei." Mehmood sagt aber auch, dass Umweltschutz zunächst Geld koste – das gelte auch dann, wenn es sich bestimmte Maßnahmen später ökonomisch auszahlen würden.

Energiebericht muss er noch in diesem Jahr vorlegen

Dass seine Herausforderungen beträchtlich sind, dass er seine Aufgaben nicht auf die lange Bank schieben darf, weiß der Mann aus Pakistan nur zu gut. Den Energiebericht müsse er in ein paar Monaten, auf jeden Fall noch in diesem Jahr vorlegen. "Beim kompletten Klimaschutzbericht haben wir zwei Jahre Zeit." Was ihn in Bad Liebenzell besonders freue: "Ich habe seit Februar das Gefühl, dass die Bevölkerung Interesse hat". So gibt es etwa auch den "Runden Tisch nachhaltiges Bad Liebenzell".

Zwar gefalle ihm in Bad Liebenzell auch sonst alles in allem "mega", sagt er. Aber er wohne fürs erste in Pforzheim. In Pforzheim sei doch irgendwie abends etwas mehr los als in der Kurstadt – "vor allem für junge Leute".