Nach Schweden mit dem ÖPNV: Magdalena Karnassnigg nimmt lange Reisen auf sich. Foto: privat

Flugreisen und Luxushotels mögen bequem sein, gut fürs Klima sind sie jedoch nicht. Magdalena Karnassnigg versucht es besser zu machen. Sie gibt Tipps, wie Urlaub mit gutem Gewissen funktioniert.

Tagelang unterwegs im Bus, Zug oder auf der Fähre, zigmal umsteigen, Urlaubstage verplempern, während ihre Freunde gemütlich im Flieger sitzen. Solche Unannehmlichkeiten nimmt Magdalena Karnassnigg immer wieder auf sich. Sie ist eine Frau, die man als „radikal“ bezeichnen könnte. Radikal fürs Klima. Die 30-Jährige klebt sich aber nirgendwo fest.

Die gebürtige Österreicherin, aufgewachsen in der Steiermark, hat Physik sowie Nachhaltige Entwicklung studiert. Inzwischen berät Magdalena Karnassnigg beim Fraunhofer-Institut in Sankt Augustin (bei Bonn) Firmen zu Nachhaltigkeit und berechnet CO2-Bilanzen. Privat beschäftigt sie sich seit vielen Jahren damit, wie man möglichst nachhaltig Urlaub machen kann. Dadurch hat sie viele Tipps für andere – ohne dass man dabei so radikal sein muss wie sie selbst.

Transport: Flugreisen vermeiden

Die meisten Emissionen im Urlaub entstehen bei der Anreise. Darum ist ein längerer Urlaub fürs Klima meist besser als viele Kurztrips. Beim Transportmittel schneiden Flugreisen am schlechtesten ab. Magdalena Karnassnigg hat deshalb für einen Wanderurlaub in Schweden vier Züge hintereinander sowie einen Bus genommen und war drei Tage hin, drei Tage zurück unterwegs. Als ihre Freunde auf die griechische Insel Mykonos flogen, reiste sie mit Zug und Fähre an.

Solche Reisen eignen sich freilich nicht für jeden, zumal diese Bus-, Bahn- und Fährentrips oft drei- bis vierfach so teuer sind wie ein Flugticket, räumt Magdalena Karnassnigg ein. Und auch Zeit sei etwas wert. Aber es könne helfen, die An- und Abreise als Teil des Urlaubs betrachten: „Wenn man in Etappen reist und den Urlaub nicht erst dann beginnen lässt, wenn man am Endziel angekommen ist, kann das sehr erholsam sein.“ Also unterwegs neue Gegenden erkunden oder Freunde auf halber Strecke besuchen.

Interrail ist nicht nur was für junge Leute

Für Bahnreisen empfiehlt Karnassnigg Interrail. Mit dem „Global Pass“ kann man beispielsweise an vier Tagen innerhalb eines Monats jeden Zug innerhalb von 33 europäische Ländern nehmen. Das kostet 258 Euro für Erwachsene ab 28 Jahren, Jüngere zahlen 194 Euro. Interrail funktioniert auch für einzelne Länder. Wer etwa innerhalb Italiens an drei Tagen in einem Monat in den Zug steigt, bezahlt 133 Euro, unter 27 Jahren 116 Euro. Teils sind bei Interrail auch Fähren mit inbegriffen oder Vergünstigungen dafür.

Die Deutsche Bahn verweist für Buchungen außerhalb Deutschlands auf die Seite international-bahn.de, eine Alternative ist die Buchungsplattform thetrainline.com. Wer lieber nachts Zug fährt, findet Verbindungen auf nightjet.com. Gute Tipps rund um Nachtzüge sind auf nachtzug-urlaub.de und bei back-on-track.eu gebündelt. Erfahrungsberichte von einem, der Tausende Kilometer in Fernzügen gereist ist, gibt es auf pinguin-ecotrips.de.

Den geringsten CO2-Ausstoß verursacht in der Regel eine Reise mit einem Fernbus. Innerhalb Europas gehören Flixbus sowie Eurolines zu den großen Anbietern. Übrigens: In vielen Fernbussen kann man für wenig Geld auch Sperrgepäck wie Fahrräder oder Surfbretter mitnehmen.

Urlaubsziel: nahe Alternativen suchen

Von jedem Urlaub hat man eine gewisse Erwartung, etwa ein Naturschauspiel sehen, eine Stadt entdecken, im Meer baden. Manchmal muss man dafür nicht so weit reisen. Karibikartige Strände findet man beispielsweise auch auf Sardinien. Beeindruckende Wasserfälle gibt es nicht nur bei den Niagara- und den Iguazú-Wasserfällen in Nord- und Südamerika, sondern auch beim Rheinfall in Schaffhausen (Schweiz). Felsformationen finden sich im US-Bundesstaat Arizona, aber auch im Pfälzer Wald oder in der Sächsischen Schweiz.

Unterkunft: lieber weniger Platz

Mit der Anzahl der Sterne einer Unterkunft nimmt in der Regel auch der CO2-Fußabdruck zu. Buchungsplattformen wie Booking.com weisen bereits auf nachhaltige Angebote hin. Die „Explorer-Hotels“, von denen es zehn in Bayern und in Österreich gibt, sind durchweg Passivenergiehäuser. Auch Urlaub auf dem Campingplatz oder im Hostel ist meist nachhaltig, weil man wenig Platz benötigt und sich sanitäre Anlagen und die Küche teilt. Einige Unterkünfte, in denen auf Umweltschutz Wert gelegt wird, findet man etwa auf den Websites bookitgreen.com oder fairunterwegs.org.

Verhalten: wandern statt Freizeitpark

Generell ist es nachhaltiger, auch auf Reisen die regionale Wirtschaft zu unterstützen. „Und statt energieintensiver Abenteuer wie in den Freizeitpark zu gehen, lieber wandern oder zu Fuß durch die Stadt spazieren“, rät Karnassnigg. Beinahe selbstverständlich: nicht mehr Müll zurücklassen als da war, bevor man an einen Ort gekommen ist.

Wer sich im Urlaub vegetarisch oder vegan ernähren will, für den könnte die App HappyCow eine Hilfe sein. Manchmal reicht es aber auch, sich bei Google Maps die Rezensionen von Lokalen durchzulesen.

Kompensation: genau hinschauen

Experten sind sich einig: Eine freiwillige Kompensationszahlung für eine CO2-intensive Reise sollte immer die letzte Option sein. Und man sollte genau hinschauen, wohin man da sein Geld überweist: Zuletzt war etwa der Verra-Standard in Kritik geraten. Das Umweltbundesamt sieht jedoch im Gold-Standard „eine wichtige Orientierung“. Gängige Plattformen für Kompensationen sind Atmosfair oder MyClimate. Eine weitere Option ist es, das verursachte CO2 seiner Reise selbst berechnen zu lassen (zum Beispiel auf ecotransit.org) und dann diesen Beitrag an eine Organisation zu spenden, die einem bekannt ist und die ihren Fokus auf soziale oder ökologische Projekte legt.

Bewusstsein: spätere Folgen bedenken

Magdalena Karnassnigg betont, dass man Menschen nicht das Recht absprechen dürfe, zu entdecken. Doch das Problem beim Klimaschutz sei, dass die Effekte der jeweiligen Aktionen zeitversetzt kämen: Wenn man zum Beispiel einen Kurztrip in die Türkei buche, so könne man ein kurzfristiges Bedürfnis nach Sonne und Meer stillen, die langfristigen Folgen sehe man aber noch nicht – also die Erderwärmung durch den Treibhausgasausstoß und dessen Folgen wie Dürre, Meeresspiegelanstieg und Extremwetter.