Wolfgang Biegel aus Nagold engagiert sich sehr für die Umwelt. Für unsere Serie "Klima Konkret" haben wir mit ihm zum Thema "Verkehr und Mobilität" gesprochen. Foto: Marius Lang

Der Deutsche und sein Auto, das gehört zusammen, meine viele. Dass es auch anders und insbesondere umweltfreundlicher geht, darf jedoch in Zeiten des Klimawandels nicht vergessen werden. Für unsere Serie "Klima Konkret" haben wir zum Thema "Verkehr und Mobilität" mit Wolfgang Biegel gesprochen.

Nagold - Er macht einen etwas zynischen Eindruck. "Ich will nicht zu pessimistisch sein," meint Wolfgang Biegel während unseres Gesprächs. Wir sitzen bei ihm zuhause auf seinem Balkon. Als Experte für Mobilität und Verkehr will er sich nicht bezeichnen, lieber als "interessierter Privatmann." Für Biegel liegt auf der Hand, dass es nicht so weitergehen kann wie bisher.

Dass Biegel sich für die Umwelt engagiert, liegt nahe. Er ist Parteimitglied der Grünen, Mitglied des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Gruppe Nagold for Future. Sich zu beteiligen ist wichtig, meint Biegel, aber bei weitem nicht genug. Wieder liegt der Pessimismus in seinem Gesicht.

Oft nahm er das Fahrrad

Bis 2019 war Wolfgang Biegel Personalrat des Landkreises Calw. Die letzten Jahre seiner Anstellung fuhr er immer öfter mit dem Fahrrad zur Arbeit, von Nagold nach Calw. Noch immer nutzt der Rentner regelmäßig das Fahrrad, als sportliche Betätigung und in der Freizeit. Ein E-Bike besitzt er nicht. "Der Sport ist mir wichtiger." meint Biegel.

In der Zeit, in der Wolfgang Biegel mit dem Rad zu Arbeit gefahren ist, hat er genau dokumentiert, wie viel CO er ungefähr gespart hat. Dabei orientierte er sich an den Messwerten des Nagolder Stadtradelns. Innerhalb der zehn Jahre, in denen Biegel mehr und mehr auf das Auto verzichtete, seien demnach von ihm allein etwa zwei Tonnen des Treibhausgases eingespart worden.

Er motiviert auch Kollegen

Nachdem er damit angefangen hatte, motivierte er die Kollegen mitzumachen. Bald schon beteiligten sich viele seiner Kollegen an der deutschlandweiten Aktion "Mit dem Rad zur Arbeit." Biegel machte daraus später "Ohne Auto zur Arbeit," um auch Leute, die mit den öffentlichen Verkehrsmitteln oder zu Fuß anreisen, miteinzubeziehen. In Wolfgang Biegels letzten Arbeitsjahr 2019 hätten er und seine Kollegen auf dem Arbeitsweg mehr als 23 000 Kilometer zurückgelegt und weit über vier Tonnen CO eingespart. Dabei zeigt sich ein gewisser Stolz in Biegels Gesicht.

Von einem Potenzial des 9-Euro-Tickets als Motivation, öfter den ÖPNV zu nutzen, will Biegel nichts wissen. Das Ticket sei "purer Aktionismus." Eine finanzierbare Dauerlösung sei die einzige Möglichkeit, den ÖPNV nachhaltig attraktiver zu machen.

Das Elektro-Auto steht bereit

Vor seinem Haus steht ein Elektro-Auto. "Das ist leider gerade etwas kaputt und wir können es nur zuhause laden." berichtet er mit einem leichten Lachen. Ohne die richtige Infrastruktur sei so ein Elektroauto allerdings keine Lösung: Als Biegel und seine Frau sich ihr Elektroauto zugelegt hatten, gab es demnach in Nagold nur vier öffentliche Ladestationen.

"Ohne eigene Ladestation kann man sich das Elektroauto eigentlich sparen und dafür braucht man meistens ein Haus oder eine eigene Wohnung. Und die ist nicht zu finanzieren." Wolfgang Biegel würde gerne in eine zentraler gelegene, altengerechte Wohnung ziehen, doch Wohnraum in Nagold könne er sich bei den aktuellen Preisen nicht leisten.

Biegel: "Die Mentalität muss sich endlich ändern."

Für die Zukunft sieht Biegel wenig rosiges. Die Mentalität müsse sich endlich ändern. "Wir verwalten bis heute das Wirtschaftswunder", bemängelt Wolfgang Biegel und meint damit unsere die deutsche Fixierung auf die Automobilbranche. Dass viele sich wider besseren Wissens dagegen sträuben, ihr Verhalten zu verändern, bezeichnet Biegel als eine Sandkasten-Mentalität.

"Diesem Sankt-Florians-Denken kann ich nichts abgewinnen." Für Biegel liegt auf der Hand, dass wir alle unser Verhalten – insbesondere in der Mobilität – hinterfragen müssen, so wie er es getan hat, damit spätere Generationen nicht vor katastrophalen Problemen stehen. Dazu gehöre es auch, gewählte Vertreter zur Verantwortung zu ziehen – damit könne jeder direkt anfangen.

Informationen:

Zur Person:

Wolfgang Biegel lebt seit 1997 wieder in Nagold. Zuvor war er als Entwicklungshelfer in Tansania tätig. Studiert hat er in Frankfurt, dort hat er auch seine Frau kennengelernt. Bis 2019 war er als Personalrat beim Landkreis Calw tätig. Als Mitglied von Nagold for Future, dem BUND und den Grünen engagiert er sich aktiv für eine nachhaltigere Zukunft. Wolfgang Biegel ist pensioniert, verheiratet, hat drei Kinder und vier Enkelkinder und lebt mit seiner Frau in Nagold.

Zur Serie „Klima konkret“:

Der Klimawandel geht alle an, aber Möglichkeiten dagegen vorzugehen, sind oft abstrakt. In unserer neuen Serie "Klima konkret" wird es um Möglichkeiten gehen, wie jeder für sich seinen Teil zum Klimaschutz beitragen kann. Dazu stellen wir Personen und ihren ganz persönlichen Weg vor, dem Klimawandel zu begegnen.