Forum Energiedialog I: Experten verdeutlichen Bedeutung der Energiewende für kommende Generationen
Die Bürger des Kleinen Wiesentals sind am Mittwochabend in der Halle in Wieslet über die Bedeutung der Energiewende in Deutschland informiert worden. In einer von Dr. Christoph Ewen und Jakob Lenz vom „Forum Energiedialog“ moderierten Veranstaltung äußerten sich neben Gemeinderäten und Bürgermeister (siehe Artikel unten) Dr. Gerd Rosenkranz (Senior Advisor von Agora Energiewende), Landrätin Marion Dammann, Werner Wojtascheck (Landschafts- und Naturschutzinitiative Schwarzwald) und Rolf Pfeifer (Endura Kommunal) zu dem Thema.
Von Christoph Schennen
Kleines Wiesental-Wieslet. Die Eröffnungsansprache hielt Bürgermeister Gerd Schönbett, der den Investor (EWS) kritisierte. Es sei nicht Aufgabe der Gemeinde, sondern Aufgabe des Investors, den Dialog zwischen Windkraftbefürwortern und -gegnern zu führen. „Von ihm ist nichts gekommen“, so der Bürgermeister, der in seiner Rede noch einmal die Entwicklung des Windpark-Projektes von der ersten Vorstellung bis jetzt Revue passieren liess.
Nach dem Windenergieerlass Baden-Württemberg der rot-grünen Landesregierung hätten sechs bis acht Investoren bei der Gemeinde ihr Interesse für die Aufstellung von Windrädern im Kleinen Wiesental bekundet. In Zusammenarbeit mit Zell und Häg-Ehrsberg habe man dann einen Flächennutzungsplan aufgestellt, um geeignete Flächen für die Windkraft auszuweisen. „Seit zweieinhalb Jahren gewinnt nun der Diskussionsprozess über Sinn und Risiken der Windkraft im Kleinen Wiesental und umliegenden Gemeinden an Fahrt“, so der Bürgermeister. Daraufhin habe er sich entschlossen, ein „Forum Energiedialog“, ein kostenloses Angebot des Landes für Kommunen, durchzuführen.
Landratsamt ist genehmigend und prüfend tätig
Landrätin Marion Dammann sagte, die Energiewende böte ein Chance für den ländlichen Raum. Es gehe darum, den Kohlendioxid-Ausstoß im Landkreis zu reduzieren und gleichzeitig die Förderung des ländlichen Raums im Blick zu haben. Sie verwies auf das Integrierte Energie- und Klimaschutzkonzept des Landkreises und den „365 Dächer“-Wettbewerb für 14 Kommunen.
Die Auswirkungen der trockenen und heißen Sommer der letzten beiden Jahre auf Land- und Forstwirtschaft hätten gezeigt, so die Landrätin, „dass wir uns in einer Phase bewegen, wo wir handeln müssen.“
Bei der Bearbeitung des Genehmigungsantrags der EWS müsse das Landratsamt Gesetze beachten, Verfahren einhalten und Zielkonflikte gegeneinander abwägen. „Wir sind genehmigend und prüfend tätig, aber nicht gestaltend“, betonte die Landrätin.
Gerd Rosenkranz stellte fest, der Umstieg von fossilen Brennstoffen auf regenerative Energien sei eine Notwendigkeit. „Wir werden alle Veränderungen erleben, die groß sind“, prophezeite der Werkstoffwissenschaftler.
Die Energiewende brauche Zeit; 2002 habe die Bundesregierung beschlossen, dass 20 Jahre später die letzten Atomkraftwerke abgeschaltet werden; in diesem Jahr fiel dann der Beschluss, spätestens 2038 aus der Kohle auszusteigen. In Frankreich habe Präsident Emmanuel Macron die von der sozialistische Vorgängerregierung beschlossene Verringerung des Atomkraftwerksanteils am Strom bis 2025 von 75 auf 50 Prozent zu senken, um zehn Jahre verschoben. „Dann gibt es 50 Jahre alte Atomkraftwerke in Frankreich. Das ist nicht beruhigend“, so Rosenkranz. Er sagte, die „große Politik“ sei, was die Umsetzung der Klimawende angehe, viel zu ängstlich. Viel mutiger hingegen seien die Forderungen der „Fridays for Future“-Demonstranten. Die Menschen, die heute geboren würden, würden das Jahr 2100 noch erleben und würden wie die demonstrierenden Schüler vom Klimawandel anders betroffen sein als die älteren Erwachsenen.
Sanierungsrate von Häusern unter einem Prozent
Ein Teil zur Energiewende müssten auch die Hausbesitzer leisten. Die Sanierungsrate von Häusern liege in Deutschland aber unter einem Prozent. Aufgabe des Staates sei es, Anreize für die Sanierung zu schaffen.
Der Ausbau der Windenergie sei eingebrochen. Das liege unter anderem auch daran, dass die Flugsicherung Windanlagen verhindere. „Um Funkfeuer-Anlagen besteht ein Schutzradius von 15 Kilometern. Kein anderes Land hat einen so großen Radius“, so der Energieexperte. Außerdem würden unsichere Genehmigungsverfahren inklusive Klagen viele Energieunternehmen davon abhalten, neue Windkraftanlagen zu projektieren.
Die Länder alle gleichermaßen zum Windkraftausbau zu verpflichten - beispielsweise jedes Land zu verpflichten, zweieinhalb Prozent seiner Landesfläche für Windkraft zu reservieren - sei unrealistisch. „Die Dinge sind nicht so trivial“, betont Rosenkranz.
Es wäre zum Beispiel auch denkbar, dass die Länder untereinander verhandeln könnten, ob nicht ein Land mehr Windräder aufstellen könne als gesetzlich vorgeschrieben.
Weitere Informationen: Über den Dialog zwischen Werner Wojtascheck und Rolf Pfeifer berichten wir noch.