Termiten sind geniale Baumeister. Ihre Türme ragen oft meterhoch in den Savannen Afrikas, Australiens oder Südamerikas empor. Wie die zur Familie der Schaben gehörenden Insekten ihre riesigen Nester bauen, blieb bisher ein Rätsel. Forscher haben nun das Teamwork der tierischen Architekten enthüllt.
Termiten gehören unter den Tieren zu den allerbesten Baumeistern. Denn die winzigen, staatenbildenden Schaben namens Termitoidae– die übrigens nicht mit den Ameisen verwandt sind – konstruieren beeindruckende Häuser. Dafür vermischen sie Erde mit Speichel. So entsteht ein Brei, der in der Sonne knallhart wie Beton wird. Daraus errichten sie Wohnstätten, die mehrere Meter hoch werden können. Darin leben teilweise Millionen von Termiten.
Klimagerechtes Bauen
Beim Bauen achten Termiten darauf, dass es in ihren Häusern nicht zu warm wird. Denn Termiten leben etwa in Ländern auf den Kontinenten Afrika und Australien, in denen es oft heiß wird. Einige Arten bauen ihre Hügel unten rund und mit einer Spitze oben. So entsteht eine Art Kamin, durch den die warme Luft abziehen kann.
Im Inneren der Hügel verlaufen komplizierte Labyrinthe mit Gängen und Luftschächten. Auch die sorgen dafür, dass es in den Häusern nicht zu warm oder feucht wird.
Termitennester gehören zu den komplexesten Bauten im Tierreich. Eine zentrale Rolle bei Bau spielt der Grad der Luftfeuchtigkeit in den verschiedenen Bereichen der Konstruktion. Er liefert den sechsbeinigen Baumeistern die entscheidenden Informationen, wie Biologen um Giulio Facchini von der britischen University of Roehampton in London herausgefunden haben. Ihre Studie ist Fachmagazin „elife“ erschienen.
Kleine Baumeister ganz groß
Termiten gehören zu den besten Architekten im Tierreich. Die Nester mancher Arten können über fünf Meter hoch werden und aus 50 Tonnen Erde bestehen. Doch Termitennester sehen nicht nur eindrucksvoll aus, sondern sind auch mit allerhand Hightech ausgestattet, darunter ausgeklügelten Klimaanlagen, die Frischluft bis ins Nestinnere transportieren.
Teamwork von Millionen Arbeitern
Da am Bau eines einzigen Nests mehrere Millionen Termiten-Arbeiter beteiligt sein können, stellt sich vor allem die Frage nach der Koordination dieses Teamworks. Jeder Termiten-Bauarbeiter scheint von ganz alleine zu wissen, an welche Stelle das nächste Lehmklümpchen gehört. Die Insekten orientieren sich beim Bau beispielsweise an Pheromonen ihrer Vorarbeiter oder am Aussehen der bisherigen Konstruktionen.
Versuchsarenen für Mini-Architekten
Wie frühere Studien gezeigt haben, könnte die Krümmung der Lehmstrukturen eine wichtige Rolle spielen. Um das beweisen, bauten die Forscher zunächst kleine Termiten-Arenen und errichteten darin unterschiedlich hohe Strukturen aus feuchtem Lehm.
In einem nächsten Schritt zogen dann Termiten der Art Coptotermes gestroi in die Arenen ein und Facchini und sein Team beobachteten, wie die Insekten die vorgefertigten Strukturen mit der Zeit veränderten.
Dabei zeigte sich den Forschern ein ähnliches Bild wie bereits in früheren Studien: Die Termiten platzierten neue Lehmkügelchen bevorzugt an den Stellen mit der höchsten Krümmung. Im Laufe der Zeit entstanden dadurch aus den vorgebauten Strukturen schließlich solide und komplexe Türme.
Wasserverdunstung ist entscheidendes Baukriterium
Wie die Forscher herausfanden, sind es nicht die Krümmungen an sich, die den sechsbeinigen Bauarbeitern ein Signal geben, sondern die erhöhte Wasserverdunstung, die von diesen Stellen ausgeht.
Dafür wurde im Experiment Lehm mit einer Salzlösung aus Natriumbicarbonat beträufelt. An den Stellen mit der höchsten Verdunstungsrate lagerten sich große Mengen Salzkristalle ab. Es waren auch genau jene Stellen, an denen die Termiten am fleißigsten bauten.
Architektonische Leitung basiert auf Gespür für Luftfeuchtigkeit
„Termiten reagieren sehr empfindlich auf Luftfeuchtigkeit: Im Gegensatz zu den meisten anderen Insekten haben sie ein dünnes Exoskelett und eine weiche Haut, sodass selbst eine längere Einwirkung einer Luftfeuchtigkeit von unter 70 Prozent für sie tödlich sein kann“, erklärt Seniorautor Andrea Perna von der University of Roehampton.
Indem die Termiten dieses feine Gespür für Feuchtigkeit und Verdunstung auch beim Nestbau nutzen, könnten sich selbst große Bautrupps problemlos untereinander koordinieren. Die Selbstorganisation der kleinen Architekten verläuft dabei deutlich simpler als bislang angenommen.
„Die Termiten müssen nur je nach der örtlichen Luftfeuchtigkeit Materialpellets hinzufügen. Die Pellets, die sie hinzufügen, verändern wiederum das gesamte Muster der Verdunstung und der Luftfeuchtigkeit, was andere Termiten dazu veranlasst, an einem anderen Ort zu bauen, und so weiter, bis sehr komplexe Strukturen entstehen“, fasst Andrea Perna die Ergebnisse zusammen.