Feste Preise gibt es hier keine: Wie Frauen Lieblingsteile vom Samt-Sneaker bis zum Ledermantel an eine neue Besitzerin bringen.
Pünktlich zum Start zeigt sich am Samstag die Sonne und taucht den Innenhof der früheren Seidenstoffweberei in herbstliches Licht. Frauen fahren weit, um bei dem seit vielen Jahren etablierten Markt-Event auf dem Kesselhaus-Areal in Weil am Rhein dabeizusein.
Die Verkäuferin:
Um kurz nach elf Uhr am Morgen hat Selina Braun (28) aus Wehr im Landkreis Waldshut ihren Stand im Innenhof des Kesselhaus-Areals aufgebaut. Zusammen mit ihrer Schwester Vanessa (24) ist sie heute zum ersten Mal beim Frauenkleidermarkt in Weil.
Als sich die beiden angemeldet haben, gab es nur noch Stände draußen, was sich des guten Wetters wegen nun eher als Vorteil erweist.
Eine Latzhose, Edelsneaker im Samt-Look, eine lange Weste aus hellblauem Plüsch: Die Sachen, die Braun auf ihrem Tisch und an dem Kleiderständer feilbietet, sind sorgsam ausgewählt.
„Was bei Mutti aus dem Schrank kommt“
Darunter sind ältere Sachen aus den frühen 2000ern, „das, was bei Mutti aus dem Schrank kommt, und jetzt wieder angesagt ist“.
Hinzu kommen „geliebte Teile“, aber auch solche, die sie sich zwar mit Überzeugung gekauft aber dennoch nur wenig getragen hat. Solche Kleider verschenkt sie gern an Freunde – „damit ich sie dann an ihnen sehen kann“, lacht sie.
Es geht ihr nicht so sehr ums Geld, sondern darum, wieder Platz im Schrank zu haben und ihre Sachen in guten Händen zu wissen. Feste Preise gibt es bei ihr nicht – wie viel etwas kostet, ist Verhandlungssache.
Die Käuferin:
Doris Reiß (63) kennt den Weiler Frauenkleidermarkt seit Jahrzehnten. Sie kommt immer mal wieder, so auch heute.
„Und es ist immer gleich gut!“, schwärmt sie.
„Eigentlich braucht man ja nichts“, sagt sie mit Überzeugung.
„Man findet etwas, oder es findet einen“
Dennoch: Manchmal finde man was, oder etwas finde einen. Einen Ring aus Echtstein beispielsweise.
Die „Multikulti“-Atmosphäre, und dass Frauen ganz verschiedenen Alters hier zusammenkommen, ist in ihren Augen das Besondere an diesem Markt. „Das macht die Sache spannend.“
Stets trifft sie Freunde, auch solche, die sie länger nicht gesehen hat, berichtet Steinenerin, die bei der Weiler Stadtverwaltung arbeitet.
Und auch heute sei sie schon fündig geworden, sagt sie und zeigt auf eine olivgrüne Cordjacke, die sie bereits angezogen hat.
Die Gemeinderätin:
Für Nilufar Hamidi (57), SPD-Stadträtin in Weil am Rhein, ist der Kleidermarkt im Kesselhaus – für sie ein Lieblingsort – ein fester Termin.
Besonders interessieren sie Accessoires. Hin und wieder kauft sie aber auch etwas zum Anziehen – was dann später meistens ihre Töchter tragen.
Es geht ihr aber auch darum, den Markt als gute Sache zu unterstützen.
Mit einer Freundin hat sie sich zum Kaffee verabredet, für den bei dieser Ausgabe der Weiler Waldkindergarten verantwortlich ist.
Die Organisatorinnen:
Zufrieden lassen Antje Lauber (61) und Elisa Tanneberg-Passlick (39) den Blick über das Kesselhaus-Areal schweifen, auf dem sich eine Stunde nach der Eröffnung viele Frauen und auch ein paar Männer tummeln.
„Das Publikum wandelt sich“, sagen sie. Jung und alt seien gleichermaßen vertreten.
Dass auch Jugendliche durch die Marktstände schlendern, freut die beiden Frauen besonders. „Die wollen wir begeistern“, erklärt Lauber.
Zwei Mal pro Jahr, einmal im Frühjahr und einmal im Herbst, findet der Frauenkleidermarkt des Kulturvereins Kesselhaus statt.
Wertigkeit schlägt sich in höheren Preisen nieder
Er sei nicht wie jeder Flohmarkt, betonen die beiden Frauen. Die Sachen, die hier verkauft würden, seien hochwertig.
Das schlage sich mitunter auch in höheren Preisen nieder, welche für einzelne Teile verlangt würden.
Nicht alle seien bereit, da mitzugehen, sagt Lauber. „Von den Käuferinnen wird das unterschiedlich goutiert.“
Geregnet habe es beim Frauenkleidermarkt fast nie, sagt Lauber, die den Markt vom Beginn vor rund 25 Jahren an mit organisiert. Sie kümmert sich um Aussteller, Verkäufer und Standplätze, Tanneberg-Passlick um die Werbung.
Nachfrage nach Ständen ist stets hoch
Die Nachfrage nach Ständen sei hoch, jedes Jahr müssen sie Interessentinnen abweisen.
Schon Kult ist das Plakat in Schwarz-Weiß, mit dem alljährlich für den Frauenkleidermarkt geworben wird. Antje Lauber und eine Freundin, die früher bei der Marktorganisation half, sind darauf selbst zu sehen.