Ein kurzfristig zum Friedenskonzert umfunktioniertes Sinfoniekonzert bot das Kammerorchester Balingen in der Stadthalle. Zugunsten der Hilfe für die Ukraine hatten sowohl der Solist Dirk Benkwitz als auch der Programmautor Christian Bartle auf ihr Honorar verzichtet.

Balingen - Das Programmblatt war von Ukraine-Flaggen dominiert, deren Farben blau und gelb sich auch in den Blumensträußen für den Solist und den Orchesterchef Dietrich Schöller-Manno wiederfanden. Die ursprünglich angekündigte D-Dur-Sinfonie von Ignaz Pleyel wurde durch dessen c-moll-Sinfonie ersetzt.

Das Beste aus dem Werk-Auszug

Aus dem Programmheft erfuhren die Zuhörer, dass Pleyel seine Werke selbst verlegte, um deren unkontrollierte Verbreitung zu verhindern. Er gestaltete die Kompositionen so, dass man einzelne Instrumente leicht austauschen kann.

Dass eine solche Arbeitsweise zu Lasten der kompositorischen Brillanz geht, war der Komposition stellenweise anzuhören. Hinzu kam der Umstand, dass das Kammerorchester nicht die komplette Sinfonie mit allen vier Sätzen musizierte, sondern sich – geschuldet der coronabedingt eingeschränkten Probenmöglichkeiten – auf die Sätze 1 (Allegro assai) und 3 (Menuett Poco allegretto und Trio) beschränkte. Unter dem mit vielen Gesten zur Dynamik durchzogenen Dirigat Schöller-Mannos gelang es den Musikerinnen und Musikern jedoch, das Beste aus dem Werk-Auszug herauszuholen.

Weber-Konzert ist ein Lieblingswerk des Solisten

Von deutlich höherer kompositorischer Qualität zeigte sich das Klarinettenkonzert in f-moll von Carl Maria von Weber, eines der Lieblingswerke von Dirk Benkwitz, den das Balinger Publikum als Leiter der Jugendmusikschule und Bigband-Dirigenten kennt. Benkwitz zeigte sich als virtuoser Klarinettist, der seinem Instrument sowohl in der hohen als auch in der tiefen Tonlage eine große Klangfülle entlockte und die atemberaubende Fingerfertigkeit bei den oftmals rasanten Läufen mit reiner Intonation verband.

Webers Klarinettenkonzert entstand als Auftragskomposition und war dem Ersten Klarinettisten der Münchner Hofkapelle gewidmet. Klanglich reizvoll erschienen die Passagen im langsameren Mittelsatz, bei denen die Streicher pausieren und das Soloinstrument nur von den Bläsern des Orchesters begleitet wird. Dietrich Schöller Manno steuerte das Orchester souverän durch zurückhaltende und kraftvolle Passagen und verlieh dem Zusammenspiel von Solist und Ensemble eine hohe Perfektion.

Unbekannte, französische Komponistin als Höhepunkt

Nach der Konzertpause folgte mit der viersätzigen c-moll-Sinfonie von Louise Farrenc der kompositorische Höhepunkt des Konzertabends. Die hierzulande weitgehend unbekannte, französische Pianistin und Komponistin lehrte als erste Frau ab 1842 Klavierspiel am Pariser Konservatorium. Sie setzte durch, das gleiche Honorar wie ihre männlichen Kollegen zu erhalten. Als Komponistin war Farenc ihrer Zeit sehr erfolgreich, jedoch geriet ihr Werk nach ihrem Tod schnell in Vergessenheit.

Die Notenausgabe der c-moll-Sinfonie erschien erst 1996, nachdem die Handschrift der Partitur über 150 Jahre unbeachtet in der französischen Nationalbibliothek geschlummert hatte. Die vier Sätze Andante sostenuto/Allegro, Adagio cantabile, Minuetto moderato und Allegro assai zeugten vom immensen kompositorischen Einfallsreichtum der Komponistin und wurden vom Orchester mit großer Spielfreude vorgetragen.

Besonders die zahlreichen Solopassagen für das Hornregister und die Klarinetten wurden von den Musikerinnen souverän gemeistert.

Die Besucher in der Stadhalle erlebten ein vielseitiges Konzert, und sicherlich hatte jeder Verständnis dafür, dass Solist und Orchester den Wünschen nach einer Zugabe nicht nachkamen.