In wenigen Tagen schließt Babsy Rockrohr ihren Manufakturenladen „B-Leben“, den sie mit Fördergelder der Stadt Horb in der Altheimer Straße vor zwei Jahren eröffnet hat. Doch ihr Konzept von Kunsthandwerk, Laden und Kultur hat Akzente gesetzt.
Die Idee, alte Möbel aufzuhübschen und ihnen so ein zweites Leben, also ein „B-Leben“, zu schenken und damit auch noch Geld zu verdienen, ging offensichtlich nicht auf. „Es kamen einfach zu wenig Kunden“, gab sie etwas unwirsch auf eine diesbezügliche Nachfrage Auskunft.
Am Freitagabend konnte sie sich jedoch nicht über zu wenig Kundschaft beschweren. Der kleine Laden war proppenvoll mit Menschen, die zwar nichts kauften, die sich jedoch ein Konzert der Liedermacher Aljoscha Konter und seiner Kollegin Karin Rabhansl nicht entgehen lassen wollten.
Kleiner Laden, großes Herz
Vielleicht kamen auch einige der Besucher um „Servus, mach’s gut“ zu sagen, doch die meisten sicher wegen der Musik. Zumal die auch noch für umme (also umsonst) war. Lediglich um eine Spende in den herumgereichten Hut wurde gebeten, da die Künstler auch nicht nur von Luft, Liebe und guten Vibes leben können.
Doch egal welche Beweggründe die Besucher, es mögen geschätzt um die 40 Personen gewesen sein, in den kleinen Laden lockten, sie erlebten einen dieser seltenen Abende, an denen es handgemachte, ehrliche, und handwerklich gut gemachte Musik zu hören gab.
Zwei originelle Typen
Mit der Niederbayerin Karin Rabhansl, die die Welt erobern wollte und es bis nach Nürnberg schaffte, und dem Schwaben Aljoscha Konter standen zwei Künstler auf der imaginären Bühne, die die Kunst beherrschen, mit ihrer Musik die Herzen der Menschen zu öffnen, indem sie ihnen aus dem ganz normalen Leben erzählen.
Beide lernten sich 2019 beim Stuttgarter Liedermacher-Contest „Troubadour“ kennen und setzen aktuell ihr Vorhaben um, sich gegenseitig die schönsten Eventlocations ihrer Heimatländer zu zeigen. Dabei interessierten sie weder der Weißwurst-Äquator noch irgendwelche sprachliche Verständigungsprobleme im jeweiligen Gastland.
Tiefstes Niederbayrisch
Gut, ein gepflegtes Stuttgarter Honoratioren-Schwäbisch kommt dem Hochdeutschen schon nahe, doch allertiefstes Niederbayrisch, da muss man schon genau zuhören, damit man den Sinn der Texte so halbwegs versteht.
Doch genau in den Texten, in den kleinen Zwischentönen, ist der Charme und die Botschaft versteckt, die die Songs von Liedermachern so besonders machen.
Beide verpacken in ihren Liedern Witz, Intelligenz und Humor zu Storys, die jeder schon mal erlebt hat – halt nur nicht auf dieses besondere Weise.
Liebemacher-Pop
Liebemacher-Pop nennt Aljoscha Konter seinen Stil, den er sich in vielen Jahren erarbeitet hat. Doch wer dabei an Sex denkt, der ist falsch gewickelt. Augenzwinkernd rechnet der Schwabe in seinem Song „Wir Männer haben’s nicht immer leicht“ mit seinen Artgenossen ab. „Männer haben selten Niveau. Sie sind peinlich, stinkig und laut und sexistisch sowieso – ich meine alle – außer mir“ reimte er fröhlich vor sich hin.
Das begeisterte Publikum erfuhr auch, dass ihm ein neuer Song fehlt und dass er mal einen Horber kannte, der hieß Jim und war auf der Suche nach dem Sinn. Was Konter ablieferte, das war herzerfrischend frech, blitzgescheit und sowohl von der Instrumentenbeherrschung als auch von der gesanglichen Leistung her viel mehr als nur solide.
Witzig, direkt, melancholisch
Und weshalb er mit seiner Kollegin Karin Rabhansl durch die Gegend tourt, wurde auch sehr schnell deutlich. Solo, ohne ihre Band, ist die heute 38-Jährige weit weg vom Punk und treibendem Rock, dafür ganz in der Welt der Liedermacherei. Ihre Songs erzählen Geschichten, die sie erlebt hat. Mit ihrem schönen Sopran, dem sie in manchen Melodiepassagen ein leichtes Tremolo mitgibt, holt sie ihre Zuhörer direkt mit den ersten Tönen ab. Sie kann witzig sein, derb, direkt, aber auch melancholisch.
Lustig die Zusammenfassung einer Reise zum Liedermacherworkshop nach Irland, wo sie von einer zufälligen Bekannten bis zum Abwinken zugelabert wurde. „Der Song daraus heißt: ,You be Nerd’ und auf niederbayrisch ,Holt’s Maul’“, erklärte sie. Mit dem Lied „Baby lauf“ riet sie einer Freundin, sich aus den Fängen einer Ehe zu befreien in die sie vielleicht leichtsinnigerweise hineingeraten war, weil sie auf das Balzverhalten eines niederbayerischen Mannes hereingefallen war, der sie fragte: „Mogst schmusn, mia
wad’s wurscht und außerdem hab i an Durscht“. Die überwiegend weibliche Zuhörerschaft war begeistert. Und sollte irgendwer noch allerkleinste Zweifel an der herausragenden Stimme der Künstlerin gehabt haben, allerspätestens nach der Cover-Version „Drinkin‘“ von Holly Williams waren die wie weggeblasen.
Karin Rabhansl sang diesen Song schöner, als es die Original-Interpretin je konnte.
Beide Künstler schenkten dem „B-Laden“ einen Gig, der wie ein kleiner Diamant strahlte. Obwohl Aljoscha Konter schon bei der Eröffnung des Ladens aufgetreten, war es kein Abgesang auf etwas, was halt nicht funktionierte, das aber einen Versuch wert war, sondern ein Geschenk an alle Freunde handgemachter Musik. Pur, ehrlich, ohne doppelten Boden und sowas von live. Super.