Die Zeit der Villingendorfer Kläranlage nähert sich dem Ende. Wohin mit dem Abwasser der mehr als 3300 Einwohner? Der Anschluss an Rottweil will nun geplant sein.
Druschba, Freundschaft (wie die Erdöl-Pipeline aus den 60er-Jahren in der Sowjetunion), heißt sie zwar nicht, die Trasse, die gebaut werden soll, um Villingendorf an die Kläranlage Rottweil anzuschließen, aber imposant dürfte das Projekt allemal werden.
Im Zuge der geplanten Einleitung des Villingendorfer Abwassers in das Kanalnetz der Stadt Rottweil ist die Errichtung eines Pumpwerks erforderlich. Ebenso müssen weitere Umbauarbeiten an der Kläranlage erfolgen.
Ingenieur Bernd Kernl (Gfrörer Ingenieure, Empfingen, ehemals Büro Weisser und Kernl, Villingendorf) informiert den Villingendorfer Gemeinderat über das Vorhaben. Angestrebt wird, die Bauerlaubnis Ende Juni zu erhalten. Dann sollen die Arbeiten im November ausgeschrieben werden. Baubeginn könnte im März 2024 sein und das Finale im Dezember 2024.
Länge: vier Kilometer
Vier Kilometer werde die Trasse lang sein. Das Außenrohr sei ein 250er, das Innenrohr ein 200er (200 Millimeter Durchmesser). Die Fließgeschwindigkeit soll maximal 35 Liter pro Sekunde betragen; derzeit verarbeite die Kläranlage maximal 29 Liter pro Sekunde.
Das Rohr werde einen speziellen Schutzmantel haben. Dies vor allem generell und speziell mit Blick auf das Wasserschutzgebiet und die unterschiedlichen Schutzzonen. Eine kontinuierliche Schwachstrom-Leckage-Überwachung sei vorgesehen. Absprache mit den Behörden selbstverständlich. Und auch mit den Eigentümern der Grundstücke, die die „Pipeline“ tangiert – in der Regel unterirdisch, doch es gibt auch oberirdische Abschnitte.
Infos für Betroffene
Am 30. März ist eine Info-Veranstaltung für Betroffene vorgesehen. Es geht jedoch nicht um Grunderwerb, sondern um Dienstbarkeit. Wie Gerhard Biebl auf Nachfrage erfährt, müsste umgeplant werden, falls ein Eigentümer nicht mitmachen wolle.
Die Trasse verläuft – grob formuliert – von der Kläranlage Richtung Landesstraße 424, unterquere diese beim Viehdurchlass, acht Meter gehe es unter der Autobahn 81 hindurch, sie unterquere den Wassergraben, tangiere den L 424-Parkplatz Richtung Villingendorf, wechsle die Straßenseite und nähere sich dann beim Waldweg Richtung Rottweil der Fußgängerbrücke, schließlich erfolge eine weitere Spülbohrung bei der B 27, damit sie die Schrebergärten ansteuern und auf den vorhandenen Kanal treffen könne. Etwa 50 Prozent der gesamten Trasse verläuft auf Rottweiler Gemarkung.
Einmal pro Jahr
Bernd Kernl empfiehlt, einmal im Jahr die Leitung „durchzumolchen“. Damit das Rohr nicht verstopfe. Bei einer Fließgeschwindigkeit von weniger als 0,5 Meter pro Sekunde drohe die Gefahr der Ablagerung.
In der Kläranlage in Villingendorf soll die Pumpstation entstehen und dann die Kläranlage still gelegt werden. Ein Projekt ebenfalls für 2024. Bernd Kernl regt die Verfüllung der drei Becken an, die dann nicht mehr benötigt werden. Aus Gründen der Sicherheit auf jeden Fall. Das Areal dürfte weder ein Schwimmbad (launiger Einwurf aus der Ratsrunde), noch ein Bauplatz werden.
Kosten und Zuschuss
Zum Stand der Kosten nennt Kämmerin Daniela Duttlinger folgende Zahlen: 2,515 Millionen Euro Einkauf Kanalnetz Rottweil – dieses Jahr im Haushaltsplan vermerkt –, Gesamtkosten des Projekts 7,11 Millionen Euro – hierbei seien bis zu 80 Prozent bezuschussbar – plus 242 000 Euro, die nicht zuschussfähig seien. All dies werde dann im 2024er-Haushaltsplan entsprechend eingestellt.
Einstimmig nickt der Gemeinderat den vorgestellten Trassenverlauf ab. Ebenfalls einstimmig wird mit „Gfrörer Ingenieure“ ein Ingenieurvertrag abgeschlossen (114 719 Euro). Dies auf Basis des Angebots von „Weisser und Kernl“ vom Herbst 2022.