Lieber sanieren als abreißen: Friedrich Rau kann sich den Kindergarten im Gebäude Schwabstraße 20 in Onstmettingen gut vorstellen. Foto: Stadt Albstadt

Zu einer Grundsatzdiskussion hat Architekt und Grünen-Stadtrat Friedrich Rau die Debatte über die Bebauungsplanänderung „Schwabstraße 20 (Kita)“ gemacht. Die Frage: Abreißen und CO2-trächtig neu bauen – oder anfangen, alte Gebäude zu bewahren?

„55 Prozent des deutschen Abfalls sind Bau- und Abbruch-Abfälle. 40 Prozent aller Treibhausgase in Deutschland werden bei Errichtung und Nutzung von Gebäuden verursacht. Deutschland hat seine Ressourcen für das ganze Jahr 2023 bereits am 4. Mai aufgebraucht!“ Friedrich Rau wurde deutlich – und auch ein bisschen lauter als sonst –, als er in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats die Bebauungsplanänderung „Schwabstraße 20 (Kita)“ kommentierte.

An alle im Amt für Bauen und Service, im Stadtplanungsamt und an der Verwaltungsspitze appellierte der Stadtrat von Bündnis ’90/Die Grünen, im Brotberuf Architekt: „Gehen Sie bitte anders um mit unseren Bestandsbauten. Nebenbei: Denken Sie auch an die Abrisskosten!“

„Wo Gleise gelegt werden, fährt irgendwann ein Zug“

Rau rechnete vor, warum das brach liegende Industriegebäude nicht einer Kita weichen, sondern saniert und zu einer solchen umfunktioniert werden sollte: „Der Flächenbedarf für die geplanten acht oder neun Gruppen beträgt 2250 Quadratmeter – dafür sind die Flächen im Erd- und Obergeschoss nach meiner Einschätzung geeignet.“

Mit dem Beschluss des Gemeinderats solle das Grundstück als Fläche für Gemeinbedarf umgewidmet werden, weshalb dann nur Einrichtungen errichtet werden dürften, die der Allgemeinheit dienten, etwa Kitas, Schulen, Kirchen, soziale und kulturelle Gebäude. „Das Grundstück ist aber für mehr als nur eine Kindertagesstätte nutzbar“, so Rau. „In den oberen Etagen des viergeschossigen Bestandsgebäudes und im Dachgeschoss kann auch gewohnt werden.“

Zwar gehe es nur um einen Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan, fuhr Rau fort. „Aber wo Gleise gelegt werden, fährt irgendwann auch ein Zug.“ Als Beispiel nannte er den Aufstellungsbeschluss zur Nutzung des Grundstückes durch die Volksbank – der zu den „beiden fragwürdigen Baukörpern“ geführt habe, die laut Bebauungsplan zulässig seien. Gemeint sind die beiden Wohn- und Geschäftstürme am Europaplatz in Ebingen.

„Sofort – und nicht erst beim nächsten Vorhaben“

„Wir müssen uns fragen lassen, wie wir mit unserem Gebäudebestand grundsätzlich umgehen wollen, und zwar sofort – nicht erst beim nächsten Vorhaben“, meine Rau. „Zu viel wurde bereits vernichtet“, und zwar in zweierlei Hinsicht sagte er mit Blick auf die „Bewahrung des baulichen Erbes und der Stadtgeschichte, fernab von gefühlsduseliger Liebe zu historischen Bauten“, und im Hinblick auf die „Verschwendung unserer Ressourcen“, die endlich gestoppt werden müsse, „wenn wir die Probleme der aktuellen Klimaveränderung und die Zukunft unserer Kinder ernst nehmen wollen“. Schon 1972 im Bericht „Die Grenzen des Wachstums“ habe der „Club of Rome“ darauf hingewiesen, „dass unsere Lebensbedingungen nur durch einen ökologischen Umgang mit unseren Ressourcen zu sichern sind“.

Frohme rät: Erst mal anschauen

Das saß. Oberbürgermeister Klaus Konzelmann kommentierte die Brandrede mit den Worten: „Wir möchten, dass der Zug fährt – der richtige!“ Martin Frohme (SPD) schlug vor, das Gebäude mal anzuschauen, und Ortsvorsteher Jürgen Kurz wies auf den dringenden Bedarf an Kindergartenplätzen hin. Baubürgermeister Udo Hollauer erklärte, Wohnen sei in den Obergeschossen nicht möglich, und Matthias Strähler mahnte: „An Sanierungen haben wir uns schon mächtig die Finger verbrannt – das darf sich nicht wiederholen.“

Der Beschluss, die Gemeinfläche auszuweisen, sei keine Vorfestlegung, sagte Jürgen Kiefer (Grüne). So geschah es dann: bei einer Enthaltung waren die restlichen dafür.