In Villingen-Schwenningen muss gespart werden. Dies bedeutet höhere Ausgaben für die Bürger. Foto: Eich

Sparkurs in Villingen-Schwenningen bedeutet zusätzliche Belastung für Eltern, Betriebe und alle Bürger.

Das Gesamtpaket zur Konsolidierung des städtischen Haushalts bis 2024 ist geschnürt: Mehrheitlich hat der Gemeinderat dem Sparkurs zugestimmt, wenn auch viele mit "Bauchschmerzen". Kommt doch auf die Bürger eine Erhöhung der Hebesätze für Grund- und Gewerbesteuer ab 2021, zudem ein vom Einkommen der Eltern abhängiger Anstieg der Kindergartengebühren zu.

Villingen-Schwenningen - Es gilt, bis 2024 ein Defizit von 17 Millionen Euro im Haushalt auszugleichen. Schon seit Monaten hatte die Strukturkommission von Gemeinderat und Stadtverwaltung hinter den Kulissen um mögliche Einsparungen im Etat gerungen. Dicke Brocken sind beispielsweise die Abstriche beim Winterdienst oder die Vorgabe, beim Personal der Stadtverwaltung in den kommenden Jahren 66 Stellen zu streichen. Auf der anderen Seite stehen aber auch saftige Mehreinnahmen durch die Anhebung der Grundsteuer um insgesamt 30 Punkte in den nächsten drei Jahre, ebenso der Gewerbesteuer. Und eben der Erhöhung der Kindergartengebühren.

Modell je nach Einkommen gestaffelt

Gerade diese zusätzliche Belastung für Gewerbetreibende, Familien sowie für Haus- und Wohnungsbesitzer waren die Knackpunkte in den Beratungen in den vergangenen Wochen. Nach einem Treffen der Fraktionsvorsitzenden mit der Stadtverwaltung zeichnete sich der Kompromiss ab, das geschnürte Sparpaket mit zwei Änderungen zu beschließen: zum einen, die Kindergartengebühren nicht pauschal zu erhöhen, sondern ein nach dem Einkommen gestaffeltes Modell einzuführen, zum anderen im Gegenzug den Hebesatz der Grundsteuer schon zum Januar 2021 um zehn Prozentpunkte zu erhöhen, um ein Zeichen zu setzen, dass die Stadt nicht nur Eltern, sondern auch andere Einwohner zur Kasse bittet.

Manche Fraktion hatte im Vorfeld durchblicken lassen, dem Haushaltsplan 2021 mit dieser Variante nicht zuzustimmen. Sowohl Familien als auch der Gewerbeverband Oberzentrum (GVO) mit dem Präsidenten Joachim Müller an der Spitze hatten dem Griff in den Geldbeutel von Eltern und Betrieben angeprangert. Und mit Sparschweinen samt Plakaten hatten Mütter und Väter ihren Protest im Eingang der Neuen Tonhalle in Szene gesetzt. Einige Vertreter verfolgten so mit Spannung die Diskussion in der Sitzung des Gemeinderats.

Zusätzliche Belastung bereitet keine Freude

Dass alle Fraktionen ihre Probleme hatten, diesen Kurs einzuschlagen, zog sich wie ein roter Faden durch die Haushaltsreden. Der CDU-Fraktion bereite die zusätzliche Belastung für Eltern, Betriebe und alle Bürger keine Freude, betonte der Vorsitzende Klaus Martin. "Unseren Fraktionsmitgliedern ist es nur möglich zuzustimmen, weil wir bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Nur so können wir die Handlungsfähigkeit für die nächsten Jahre sicherstellen."

Die Anhebung der Kindergartengebühren sei zwar keine gute Politik für Familien und Frauen, die arbeiten wollten oder müssten, erklärte der Grünen-Fraktionssprecher Joachim von Mirbach. Eigentlich müsste die Gesellschaft diese Kosten als Ganzes tragen. Da aber die finanzielle Wirklichkeit anders aussehe, müssten die Eltern einen gewissen Anteil der Kosten für die Betreuung mitfinanzieren. Deshalb stimme die Mehrheit der Fraktion dem Paket zu, gerade, da ein einfaches Modell der einkommensabhängigen Kindergartengebühren anvisiert sei. Und da sich über die weiteren Gebühren- und Steuererhöhungen das strukturelle Einnahmeproblem teilweise lösen lasse.

Kritik übte Andreas Flöß, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, an Kollegen anderer Parteien, von der in der Strukturkommission erzielten Linie abzuweichen. Die Vorschläge sei ausgewogen gewesen und hätten alle Einwohner berücksichtigt. Und immerhin investiere die Stadt kontinuierlich in die Qualität der Kindergärten, so dass ein angemessener Beitrag der Eltern angebracht sei. Flöß forderte zudem die Stadt auf, verstärkt nach Sparpotential zu suchen. "Der Bürger will sehen, dass die Verwaltung strafft und effektiver wird und nicht die Einsparungen über Leistungsabbau und Steuererhöhungen erreicht."

Klares Nein von SPD

Ein klares Nein gegen die Erhöhung der Gebühren kam von der SPD-Fraktion. Für Familien mit geringem Einkommen sei die Höhe der Beiträge von besonderer Bedeutung bei der Entscheidung für oder gegen eine institutionelle Betreuung, argumentierte der stellvertretende Vorsitzende Nicola Schurr. Für armutsgefährdete Eltern könne sich die Situation noch weiter verschlechtern, selbst mit einem gestaffelten Konzept. Und er sieht die Gefahr, dass bei der Diskussion über die Erhöhung der Gebühren zum neuen Kindergartenjahr das ursprüngliche Kostenmodell doch durch die Hintertür wieder hereinkommt.

Ebenso deutlich erteilte die FDP dem Konsolidierungspaket eine Absage. Der Vorsitzende Frank Bonath nahm gerade die Erhöhung der Gewerbesteuer ins Visier. Dies schmälere den Gewinn der Unternehmen, die diesen wiederum nicht investieren könnten. So säge die Stadt an der Zukunftsfähigkeit des einzelnen Unternehmens. "Nebenbei ist der Gewerbesteuerhebesatz immer noch ein bedeutendes Entscheidungskriterium, an welchem Ort sich ein Unternehmen ansiedelt", führte er als weiteres Argument ins Feld.

Die AfD sieht ebenfalls die Gefahr, mit der Anhebung der Gewerbesteuer den Ast abzusägen, auf dem die Stadt sitzt, erklärte Olaf Barth. Eine Erhöhung von Steuern sei willkürlich, weil sie Löcher im Haushalt stopfe, ohne wie eine Gebühr mit einer Gegenleistung verbunden zu sein. So stimme die Fraktion gegen das Gesamtpaket, auch wenn sie die anderen Sparposten für sinnvoll halte.

Noch vor der Sommerpause solle ein Vorschlag für ein mögliches Modell der Kindergartengebühren je nach Einkommen der Familie vorliegen, dann im Jugendhilfeausschuss und im Gemeinderat zur Diskussion stehen, steckte Oberbürgermeister Jürgen Roth den Zeitplan ab. Und er setzte sich gegen den immer wieder in den Reden angeklungenen Vorwurf zur Wehr, die Stadtverwaltung ihrerseits spare zu wenig. Die Zusage stehe, im Rahmen des Konsolidierungsprozesses 66 Stellen abzubauen.

Ohne weitere Diskussion machte der Gemeinderat schließlich mit 22 Ja- bei 17 Neinstimmen den Weg frei für die umfassenden Einschnitte und Gebührenerhöhungen. Während sich die CDU wohl geschlossen dafür, SPD, FDP und AfD ebenso einheitlich dagegen aussprachen, gab es bei Grünen und Freien Wählern einige, die den gefundenen Kompormiss doch noch ablehnten.