Zum 500. Geburtstag von Palestrina sang die Cappella Leonis dessen Messe für den Erzengel Gabriel. Foto: Jürgen Scharf

Dem Erzengel Gabriel und dem Jubilar Palestrina war das Herbstkonzert zum Auftakt des neuen Kirchenmusik-Jahresprogramms der katholischen Kirchengemeinde Mittleres Wiesental gewidmet.

Die Chorfreunde in Schopfheim hatten am Samstag die Wahl: Am Vormittag konnten sie in St. Michael beim Pop- und Gospelchor „Resonance of Life“ moderne geistliche Lieder hören, Spirituals und Gospels; am Abend dann in St. Bernhard ernste Gesänge, Alte Musik zum 500. Geburtstag von Giovanni Pierluigi da Palestrina, dem großen Kontrapunktiker der Gegenreformation.

 

„Herbstengel Gabriel“

Aus der Fülle der über 100 Messen, die der alte römische Meister hinterlassen hat, erklang vom Vocalensemble Cappella Leonis unter Leitung von Kantor Andreas Mölder Palestrinas „Missa Gabriel Archangelus“, eine Messkomposition über den „Herbstengel Gabriel“, wie das Programm kurz vor dem Gedenktag des Erzengels auch benannt war. Die Messvertonung mit den Sätzen Kyrie, Gloria, Credo, Sanctus und Agnus Dei bringt es mit sich, dass eine liturgische Realisierung die adäquate Aufführungsform ist.

Die Cappella Leonis, bestehend aus einem guten Dutzend ambitionierter Vokalisten, die projektbezogene Konzerte in der ganzen Kirchengemeinde Lörrach-Inzlingen veranstaltet und traditionell an Gründonnerstag und Allerseelen singt, steht folglich in einer chorisch-liturgischen Tradition.

Römische Vokalpolyphonie

Somit steht auch der liturgische Ernst bei diesem Ensemble, das sich stilistisch durch alle Epochen bewegt, aber den Schwerpunkt auf Alte Musik legt, im Vordergrund. Dem Vokalensemble wird ein ausgewogen-differenzierter Chorklang bescheinigt, so sagt es das Programmheft.

Das konnte man auch hören. Palestrina pflegte einen Stil mit strenger wortbestimmter Schlichtheit, das macht seine römische Vokalpolyphonie aus. Und die Cappella Leonis pflegt diese Klarheit des liturgischen Stils. Das begann schon eingangs bei einem Gregorianischen Choral, einem Introitus zum Fest der Erzengel, den vier Sänger des Ensembles an verschiedenen Stellen im Kirchenraum anstimmten, im Mittelgang und im Altarraum, und wo der Fokus ganz auf schlichter Einstimmigkeit und Textauslegung lag.

Die Sängerinnen kamen dann zur Motette „Gabriel archangelus apparuit“, ein Responsorium zum Hochfest Johannes des Täufers, des noch früheren Renaissance-Meisters Philippe Verdelot hinzu.

Reinheit der Intonation

Um den Altar herum gruppiert präsentierte sich der von Andreas Mölder angeleitete Chor klanglich homogen. Man konnte den Duktus der einzelnen Stimmen gut verfolgen, wobei man immer auch sagen muss, dass diese Musik eine weit vergangene musikalische Welt repräsentiert, in die man sich erst einfinden und einfühlen muss.

Kirche als Klangraum

dabei half die hinreichende ungetrübte Reinheit der Intonation. Nach dem Eröffnungsgesang und der Gabriel-Motette kam es dann im Hauptwerk des Abends zu einer raumfüllenden Vielstimmigkeit.

Die Motive der einzelnen Abschnitte in Palestrinas Gabriel-Messe konnten sich in Vier- bis Sechsstimmigkeit transparent durchleuchtet im Klangraum Kirche entfalten.

Das eingangs von Andreas Mölder an der Orgel gespielte Instrumentalstück, ein Ricerar, rundete die Begegnung mit dieser „Ikone der Kontrapunktik“ ab. Auch wenn es nicht immer leicht war, aufmerksam dem Stimmengeflecht in den strengen Sätzen zu folgen, so war die Alte-Musik-Stunde, dieses Geburtstagskonzert für den Altmeister Palestrina, ein lebendig gewordenes musikalisches Museum