Ob 2G oder 3G – die Einlassbeschränkungen für Weihnachtsgottesdienste sorgen vielerorts für Zündstoff. Das Land und die Kirchen überlassen den Gemeinden das Vorgehen weitgehend selbst. In Oberndorf herrscht unter den Gemeinden aber größtenteils Einigkeit.
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Oberndorf - Man habe im Vorfeld lange intern diskutiert, berichtet Pfarrer Martin Schwer von der Katholischen Seelsorgeeinheit Raum Oberndorf. Doch am Ende habe man sich entschlossen, die Gottesdienste allen Menschen anzubieten. "Wir wollen niemanden ausschließen", sagt er. Ein Gremium, bestehend aus den Vorsitzenden der acht Gemeinden und dem Pastoralteam, hat für die Weihnachtsgottesdienste eine einheitliche Linie festgelegt – und sich gegen strengere Einlassbeschränkungen entschieden.
Es gilt ein Hygienekonzept, das Abstandsregeln und eine Maskenpflicht vorschreibt. Besucher sollen sich zudem bis zum 22. Dezember anmelden, da die Plätze begrenzt sind. Zudem wird jeweils ein Gottesdienst an Heiligabend (Oberndorf) und am zweiten Weihnachtstag (Epfendorf) im Internet per Stream übertragen. In Altoberndorf wird es hingegen keine Weihnachtsgottesdienste geben, da die Kirche zu klein sei.
Gottesdienste im Freien
Eine mögliche 3G-Regelung stand zwar zur Diskussion, wurde angesichts der dadurch erforderlichen Kontrollen aber abgelehnt. "Die Einlasskontrollen werden von Ehrenamtlichen übernommen", erklärt Schwer. Die zusätzliche Überprüfung der 3G-Nachweise erfordere mehr Personal. Aber auch zwischenmenschliche Aspekte spielten bei dieser Entscheidung eine Rolle: "Dem Nachbarn ins Gesicht zu sagen, dass er nicht rein darf und wieder gehen muss – das könnten viele wohl nur schwer übers Herz bringen." Man lege den Besuchern allerdings nahe, sich dennoch testen zu lassen, auch wenn dies beim Einlass nicht kontrolliert wird.
Die evangelischen Gemeinden Aistaig und Boll-Bochingen feiern ebenfalls Weihnachtsgottesdienste ohne 3G-Regelung. In Aistaig finden die Gottesdienste unter freiem Himmel vor dem Gemeindehaus statt. "Wir hatten uns für das Freiluft-Konzept entschieden, weil es uns die größte Planungssicherheit gab", sagt Pfarrer Jeschua Hipp. Wegen des kalten Wetters dauern die Gottesdienste jeweils nur eine halbe Stunde. Eine Anmeldung im Voraus ist nicht nötig, es gebe genug Platz für Besucher bei großem Andrang.
Gottesdienste abgesagt
Die evangelische Kirchengemeinde Boll-Bochingen bittet Besucher vorab um eine Anmeldung zu den Gottesdiensten. Abgesehen von einem Familiengottesdienst am 24. Dezember, der laut Hipp draußen auf dem Rathausplatz geplant ist, finden die Gottesdienste in der Kirche in Boll statt. Die Evangelische Kirchengemeinde Oberndorf hat hingegen bereits seit dem 13. Dezember alle Gottesdienste abgesagt und wird auch keine Weihnachtsgottesdienste anbieten. Die Gemeinde verweist in einer Mitteilung auf Präsenzgottesdienste und Online-Angebote von Nachbargemeinden. Ebenso lädt die "Offene Stadtkirche" an Heiligabend, zwischen 15 und 19 Uhr ein, die weihnachtlich geschmückte Kirche zu besuchen für eine stille Andacht, um Musik zu hören oder eine Kerze zu entzünden. "Die Gemeinden gehen mit der Situation unterschiedlich um. Das hängt auch mit den jeweiligen Gegebenheiten vor Ort zusammen", erklärt Hipp.
Stream als Alternative
Die freie evangelische Gemeinde Oberndorf wird einen Gottesdienst an Heiligabend feiern. Auch hier gilt keine 3G-Regelung, allerdings sollen sich Besucher vorab anmelden. Der Gottesdienst wird zusätzlich im Internet per Stream übertragen. "Unser Wunsch war es, im Rahmen der Möglichkeiten so vielen Leuten wie möglich einen Gottesdienst anzubieten", erklärt Gemeindereferent Bernhard Kast. Mit dem Hygienekonzept sei man bisher "gut gefahren".
Während der Pandemie sind einige Freikirchen durch Corona-Verstöße in die Schlagzeilen geraten. "Der Begriff ›Freikirche‹ umfasst ein breites Spektrum an Gemeinden", sagt Kast. "Leider hat sich nicht jede Gemeinde an die Corona-Regeln gehalten. Mir tut es dann als Freikirchler weh, wenn unsere Gemeinde mit diesen in einen Topf geworfen wird." In seiner Gemeinde werde auf die Einhaltung der Corona-Regeln streng geachtet.
Unter Kirchgängern herrscht Verunsicherung
Dass die Einlassbeschränkungen den Gemeinden weitgehend selbst überlassen wurden, sorgte vielerorts für Verunsicherung. Das beobachtet auch Pfarrer Martin Schwer. Zwar könnten die Gemeinden dadurch flexibel auf die jeweilige Corona-Lage vor Ort reagieren, eine klare einheitliche Linie hätte er in diesen unsicheren Zeiten besser gefunden. Jeschua Hipp meint zu dieser Vorgehensweise: "Die Kunst es allen recht zu machen, beherrscht niemand. In solch einer Situation ist es schwierig, alle Wünsche zu bedienen".
Der Wunsch, wieder Weihnachtsgottesdienste zu feiern, ist allerdings bei allen Beteiligten groß. Dass das dieses Jahr in den meisten Gemeinden wieder möglich sein wird, weiß Schwer zu schätzen. "Es ist ein Privileg, dass wir dieses Jahr Weihnachtsgottesdienste feiern können. Mit diesem Privileg müssen wir gewissenhaft umgehen."